MissbrauchsaufarbeitungNRW-Parteien kritisieren Kölner Kardinal Woelki

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Thomas Kutschaty steht am Rednerpult des Landtages

SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Kutschaty

„Die Kirche schafft es trotz aller bisher ergriffenen Maßnahmen nicht allein“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty.

Der nordrhein-westfälische Landtag zeigt sich offen dafür, sich künftig stärker in die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche einzuschalten. Ein dementsprechender Antrag der SPD-Fraktion wurde beim Plenum am Donnerstag einstimmig an den Hauptausschuss überwiesen. „Nach all den Jahren des Zuschauens muss allen Beobachtern klar geworden sein: Die Kirche schafft es trotz aller bisher ergriffenen Maßnahmen nicht allein. Ihre Selbstheilungskräfte sind nicht stark genug“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty. Jetzt sei die Politik gefordert, ihren Teil zur Aufarbeitung der Missbrauchstaten beizutragen.

Im Ausschuss wird nun über die Einrichtung einer unabhängigen Aufarbeitungskommission nach Vorbild des Bundes diskutiert. Im Antrag fordert die SPD zudem die Einführung einer Wahrheitskommission zur Missbrauchsaufarbeitung sowie eine Ergänzung im Strafgesetzbuch, sodass der sexuelle Missbrauchs im Seelsorgeverhältnis besonders geahndet wird.

„Die Verantwortlichen in den Kirchen haben es nicht geschafft, die Missbrauchsfälle in ihren Reihen so aufzuklären, wie es aus Sicht der Opfer und der Öffentlichkeit angemessen gewesen wäre“, sagt Kutschaty. „Es ist daher an der Zeit, dass die demokratisch gewählten Repräsentanten der Menschen in Nordrhein-Westfalen die Initiative ergreifen und die Interessen der Opfer vertreten.“ Besonders die Vorgänge im Erzbistum Köln hätten die Kirchen in eine tiefe Vertrauenskrise gestürzt. „Das Erzbistum Köln hat zwar 1,5 Millionen Euro für die Opfer des Missbrauchs aufgebracht, aber fast das Doppelte für Anwälte, Rechtsgutachten und Kommunikationsberater ausgegeben“, kritisiert Kutschaty. Wenn die Kirchen es nicht schaffen würden, den Missbrauch und seine Vertuschung aufzuarbeiten, müsse dies die Aufgabe von Politik und Gesellschaft sein.

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Paul: „Verantwortungsträger dürfen nicht wegschauen“

Landesfamilienministerin Josefine Paul zeigt sich offen für große Teile des SPD-Antrags. Gespräche auf Bundesebene über eine Strafrechtsverschärfung befürwortet die Grünen-Politikerin beispielsweise. Auch sie schaue mit einer Fassungslosigkeit zum Erzbistum Köln, so Paul. „Gerade Verantwortungsträger dürfen nicht wegschauen und sie dürfen schon gar nicht leugnen oder verschleiern“. Sie erinnert daran, dass Kinder jedoch nicht nur in Kirchen, sondern häufig in Familien und anderen gesellschaftlichen Bereichen sexuellen Missbrauch erfahren. „Oft ist der schwerste Weg für Kinder der nach Hause“, sagt Paul und verweist auf Maßnahmen, die das Land bereits ergriffen habe, darunter das im Mai in Kraft getretene Kinderschutzgesetz NRW.

Wie die anderen Redner kritisiert auch Daniel Hagemeier (CDU) das Verhalten von Kardinal Woelki bezüglich der Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche. Der Antrag der SPD lasse jedoch Differenziertheit vermissen, so Hagemeier, da er simuliere, dass sexueller Missbrauch von Kindern vor allem ein Problem der katholischen Kirchen sei und dem „gesamtgesellschaftlichen Problem nicht gerecht wird“. Trotzdem stimmte auch die CDU einer Überweisung des Antrags in den Hauptsausschuss zu. Dies tat auch die FDP-Fraktion, wenn auch sie rechtliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung sieht, welche Taten künftig unter Missbrauch im Seelsorgeverhältnis fallen könnten. Das Aufklärungsinteresse überwiege jedoch, so die FDP.

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