Bis zur Jahresmitte haben 74 Pflegeträger in NRW pleite gemacht. Dabei ist der Bedarf riesig. Was die SPD im Landtag nun fordert.
Pflegegipfel NRW-SPDZahl der Insolvenzen bei Pflegeträgern jetzt schon dreimal so hoch wie 2022

Die Pflege von Kranken und Senioren leidet auch in NRW unter Personal- und Geldmangel.
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Um die Insolvenzwelle in nordrhein-westfälischen Pflegeeinrichtungen zu stoppen, fordert die SPD im Landtag ein „umfassendes Investitionsprogramm“ seitens der Landesregierung. In der ersten Jahreshälfte 2023 haben laut Thorsten Klute (SPD) 73 Pflegeeinrichtungen in NRW Insolvenz angemeldet. Das sind seiner Auskunft nach dreimal so viele wie im Jahr 2022 insgesamt.
„Die Lage in der Trägerlandschaft ist dramatisch“, sagte Klute. Um die steigenden Energie- und Betriebskosten in den sozial- und gesundheitsbezogenen Einrichtungen abzufedern, fordert die SPD einen landeseigenen Schutzschirm in Höhe von 200 Millionen Euro. Zusätzlich brauche es für die Tagespflege einen eigenen Rettungsschirm in Höhe von 80 Millionen Euro.
Die SPD in NRW hatte die Landesregierung zu einem Pflegegipfel aufgerufen, sich aber mit Hinweis auf die Zuständigkeit des Bundes bei Karl-Josef Laumann (CDU) eine Absage eingehandelt. Bei einer nun parteiintern organisierten Veranstaltung, habe man auch den Blick in andere Bundesländer gerichtet.
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Eine Hilfe, die Angehörigen den Weg zum Geld weist
So halte man das in Rheinland-Pfalz erprobte Modell der Gemeindeschwester Plus für gut auf NRW übertragbar. Dabei handelt es sich um ein aufsuchendes Angebot, das pflegenden Angehörigen hilft, sie aber vor allem auch finanziell berät. „Die Erfahrung ist: Es gibt viel Geld, das zur Entlastung beantragt werden könnte. Das bleibt aber ungenutzt, weil die Angehörigen oft ihre Ansprüche gar nicht kennen.“
12 Milliarden Euro für Tagespflege oder Entlastungsangebote werden so bundesweit nach Auskunft des Sozialverbands VdK im Jahr nicht abgerufen. Auch für die Pflegekassen sei die Investition in solche Mitarbeiterinnen attraktiv, schließlich trügen sie dazu bei, dass Pflegebedürftige länger zu Hause wohnen könnten, was wiederum Geld für teure Heimplätze spare.
Auch um die jungen, angehenden Arbeitskräfte in der Pflege muss das Land sich nach Meinung der SPD mehr kümmern. „Weil gerade viele kleine Altenpflegeausbilder auf dem Land zugemacht haben, sind die Wege zur nächsten Schule beispielsweise gerade in Ostwestfalen oder Siegen sehr weit. Das schreckt viele Bewerber ab“, sagt Lisa Kapteinat (SPD). „Wir bekommen die Rückmeldung, dass vielen Schülerinnen und Schülern die psychosoziale Betreuung während ihrer belastenden Ausbildung fehlt.“
Die Zahl der Pflegeschülerinnen- und Pflegeschüler ging laut SPD im vergangenen Jahr in NRW um neun Prozent zurück und damit um zwei Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt. Auch ein Pflege-Comeback-Programm regt die SPD an. Mit gezielter Ansprache und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen könnten laut SPD bis zu 80.000 Menschen in NRW in den Beruf zurückgeholt werden.