Scholz-BesuchAngehörige deutscher Hamas-Geiseln fordern Deutschland zu schnellem Handeln auf

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Angehörige von Israelis, die während des Hamas-Angriffs entführt wurden auf einer Pressekonferenz nach dem Treffen mit Bundeskanzler Scholz in der deutschen Botschaft in Tel Aviv.

Angehörige von Israelis, die während des Hamas-Angriffs entführt wurden, fordern nach einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz schnelle Hilfe.

Bei seinem Besuch in Tel Aviv hat Bundeskanzler Olaf Scholz Angehörige deutscher Hamas-Geiseln getroffen. Diese machten ihre Erwartungen an Deutschland klar.

Nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben Angehörige deutscher Hamas-Geiseln die deutsche Regierung zu schnellem Handeln aufgefordert. „Wir wollen nicht, dass Deutschland in den Konflikt hinein gerät, aber der politische Druck muss jetzt erhöht werden“, sagte der deutschstämmige Chanaan Cohen am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Tel Aviv. Alle Angehörigen hofften darauf, ihre Lieben so schnell wie möglich wiederzusehen.

Zuvor hatten die Angehörigen der Entführten rund 40 Minuten mit Scholz und dem deutschen Botschafter in Israel, Steffen Seibert, gesprochen. „Wir haben höchste Erwartungen an den deutschen Bundeskanzler und ich glaube, das hat er auch verstanden“, sagte Gili Romann, dessen Schwester von der radikalislamischen Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurde. Scholz sei „der Mann der Stunde“, die Angehörigen glaubten an ihn und seine Fähigkeiten.

Angehörige in Tel Aviv: Erwartungen an Treffen mit ägyptischem Staatschef groß 

„Wir hoffen, dass Bundeskanzler Scholz wirklich einen Unterschied machen und die Geiseln befreien kann“, betonte Ricarda Louk. Ihre 22-jährige Tochter Shani Louk war beim Angriff der Hamas auf ein Rave-Festival verschleppt worden. Nach den letzten Informationen, die sie habe, liege ihre Tochter mit Kopfverletzungen in einem Krankenhaus in Gaza, sagte Louk.

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Der 85-jährige Cohen, der seit dem Angriff der Hamas seine krebskranke 79-jährige Schwester Margalit Moses und deren Ehemann Gadi Moses vermisst, brachte auch seine Erwartungen an das Treffen zwischen Scholz und dem ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi am Mittwoch in Kairo zum Ausdruck. „Wir wissen, was Ägypten für einen Einfluss auf die Hamas hat. Deshalb verlieren wir unsere Hoffnung nicht“, sagte Cohen, der Deutsch sprach.

Kurz vor der Zusammenkunft mit dem Bundeskanzler hatten zahlreiche Freunde und Angehörige der deutschen Hamas-Geiseln vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv demonstriert. „Gib ihnen Hoffnung“ und „Nur Scholz kann Shani retten“ war auf Schildern zu lesen, die sie bei sich trugen, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Zudem zeigten sie Fotos der Entführten. Wegen eines Raketenalarms mussten sich die Demonstrierenden kurzzeitig in einem Schutzkeller begeben.

Scholz war am Dienstag als erster Regierungschef seit Beginn des Krieges mit der radikalislamischen Hamas zu einem Solidaritätsbesuch nach Israel gereist. Nach einem Treffen mit Regierungschef Benjamin Netanjahu betonte er Deutschlands Solidarität mit Israel und warnte ausländische Akteure davor, sich in den Konflikt einzumischen. Gleichzeitig verwies er auch auf die Not der Zivilbevölkerung im Gazastreifen.

200 Menschen entführt: Hamas veröffentlicht Video von Geisel

Israelischen Angaben zufolge hat die radikalislamische Hamas bei ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober knapp 200 Menschen entführt, darunter auch zahlreiche Ausländer. Das Auswärtige Amt spricht von insgesamt acht Fällen, wobei ein Fall auch mehrere Familienmitglieder umfassen kann. Die Betroffenen haben meist die doppelte Staatsbürgerschaft.

Der militärische Arm der Hamas nannte am Montag die Zahl von insgesamt „200 bis 250“ Geiseln. Die radikalislamische Palästinenserorganisation veröffentlichte zudem erstmals ein Video einer aus Israel verschleppten Geisel, die darin um ihre Freilassung bittet.

In Israel wurden seit Beginn des Angriffs nach israelischen Angaben mehr als 1400 Menschen getötet. Bei den israelischen Gegenangriffen auf den Gazastreifen wurden nach Angaben der dortigen Behörden etwa 3000 Menschen getötet. (AFP)

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