Berlin – Hunderttausende Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine sind bereits in Deutschland eingetroffen. Die Kommunen fordern vom Bund mehr Steuerung. Auch die Frage, wer die Kosten für die Aufnahme der Geflüchteten trägt, dürfte beim Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände am Freitagnachmittag eine Rolle spielen. Ein Überblick:
Wie viele Geflüchtete sind bereits in Deutschland?
Das weiß derzeit niemand genau. Über vier Millionen Menschen sind nach UN-Angaben bereits aus der Ukraine geflohen. Mit gut 2,3 Millionen befinden sich die meisten im Ukraine-Nachbarland Polen. In Deutschland wurden laut Bundesinnenministerium wurden bisher rund 290.000 erfasst. Die Zahl ist allerdings nicht vollständig, weil es für Geflüchtete aus der Ukraine keine Pflicht gibt, sich registrieren zu lassen.
Weshalb müssen sich die Geflüchteten nicht registrieren lassen?
Ukrainerinnen und Ukrainer können sich 90 Tage lang ohne Visum in Deutschland aufhalten, ohne sich registrieren zu lassen. Viele sind vorerst bei Verwandten und Freunden untergekommen. Erst wenn die Menschen arbeiten wollen oder finanzielle Unterstützung beantragen, müssen sie sich bei der Ausländerbehörde der Stadt oder des Landkreises anmelden.
Könnten Geflüchtete nicht an der Grenze registriert werden?
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat es abgelehnt, feste Grenzkontrollen wegen der Geflüchteten zum Hauptankunftsland Polen einzurichten. „Wir reden vor allem von Kindern und Frauen, die tagelang auf der Flucht sind“, sagte sie. Erschöpfte Personen dürften nicht weitere Stunden oder Tage durch Kontrollen an der deutschen Grenze aufgehalten werden.
Wo kommen die Geflüchteten an?
Nach Kriegsbeginn am 24. Februar kamen die meisten Geflüchteten in Berlin an - zeitweise rund 10.000 pro Tag, was die Hauptstadt schnell an die Grenze der Belastbarkeit zu bringen drohte. Inzwischen wurden mit der Bahn zwei weitere Drehkreuze in Hannover und Cottbus eingerichtet, von wo aus die Menschen auf andere Städte weiterverteilt werden. Die Kommunen sehen bei der Verteilung über das gesamte Land aber noch deutlich Luft nach oben.
Wie werden die Menschen in Deutschland verteilt?
Mitte März einigten sich Bund und Ländern auf eine Verteilung nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel. Wieviele Menschen ein Bundesland aufnehmen muss, hängt dabei vom Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl ab. Berlin müsste demnach fünf Prozent der Flüchtlinge abnehmen, Bayern 15 Prozent und Nordrhein-Westfalen 21 Prozent. Der Deutsche Städtetag fordert, dass bereits in den Kommunen befindliche Geflüchtete bei der Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel angerechnet werden.
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Welche finanziellen Unterstützung erhalten die Geflüchteten?
Geflüchtete können Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hier liegen die Sätze etwas niedriger als Hartz IV. Derzeit wird darüber diskutiert, ob die Geflüchteten statt dessen reguläre Hartz-IV-Sätze nach dem Sozialgesetzbuch II erhalten können.
Wer trägt die Kosten für die Geflüchtete?
Die Kommunen fordern, dass Bund und Länder die Kosten für Unterbringung und Versorgung erstatten. Diese beraten darüber derzeit in einer Arbeitsgruppe, die bis zu einem Spitzentreffen von Scholz mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder am kommenden Donnerstag Ergebnisse vorlegen soll. Laut „Handelsblatt“ verlangen die Länder eine Pauschale von monatlich 1000 Euro pro geflüchtete Person und die vollständige Übernahme der Unterbringungskosten. Zusammen mit weiteren Vorschlägen summieren sich demnach die Wünsche der Länder auf einen einstelligen Milliardenbetrag. Die Gesamtkosten hängen dabei auch davon ab, wie lange die Menschen bleiben.
Sind schon Schulbesuche für ukrainische Kinder möglich?
Ja. Laut Kultusministerkonferenz besuchten bis Ende vergangener Woche bereits über 20.000 ukrainische Kinder und Jugendliche Schulen in Deutschland. Der Deutsche Lehrerverband verweist darauf, dass schnell zusätzliche Räume und tausende Lehrer nötig seien, um einen umfassenden Unterricht sicherzustellen. (afp)