Der Kremlchef hat sich nach den jüngsten ukrainischen Angriffen erstmals wieder zu Wort gemeldet – und bleibt auf Kriegskurs.
Kremlchef bricht sein SchweigenPutin beschimpft Selenskyj, telefoniert mit Trump – und droht mit Vergeltung

Kremlchef Wladimir Putin hat sich am Mittwoch erstmals nach mehreren militärischen Erfolgen der Ukraine öffentlich zu Wort gemeldet. (Archivbild)
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Kremlchef Wladimir Putin hat sich erstmals nach den jüngsten militärischen Erfolgen der Ukraine öffentlich geäußert – und kurz darauf mit US-Präsident Donald Trump telefoniert. Unerwähnt ließ der russische Präsident bei seiner Wortmeldung den Drohnen-Großangriff auf die russische Luftwaffe, die als „Operation Spinnennetz“ bekannt geworden ist. Auch den erneuten Angriff auf die Krim-Brücke am Dienstag (3. Juni) kommentierte Putin nicht.
Mit Trump sprach der Kremlchef dann aber offenbar auch über die ukrainischen Angriffe, wie der US-Präsident auf seiner Plattform Truth Social berichtete. „Es war ein gutes Gespräch, aber kein Gespräch, das zu einem sofortigen Frieden führen wird“, schrieb der Republikaner. Putin habe „sehr deutlich gesagt, dass er auf den jüngsten Angriff auf die Flugplätze reagieren muss“, berichtete der US-Präsident.
Trump: „Kein Gespräch, das zu einem sofortigen Frieden führen wird“
Putin hatte sich zuvor lediglich zu zwei nach Brückeneinstürzen in der Nacht auf Sonntag (1. Juni) entgleisten Zügen in den russischen Regionen Brjansk und Kursk geäußert – und zudem deutlich gemacht, dass er weiterhin keinen Frieden anstrebt.
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Moskau wirft der Ukraine vor, die Vorfälle durch Sabotage herbeigeführt zu haben, und spricht von „Terroranschlägen“ – Belege hat Russland für diese Anschuldigung jedoch noch nicht vorgelegt. Auch Putin sprach nun jedoch von einem „gezielten Anschlag auf Zivilisten“ und bekräftigte mit seinen Äußerungen seinen Kriegskurs. Verhandlungen mit Kyjiw erteilte der Kremlchef eine Absage.
Wladimir Putin lehnt Verhandlungen und Waffenstillstand ab
„Wie können solche Treffen unter diesen Bedingungen stattfinden? Worüber sollen wir reden? Wer verhandelt mit denen, die auf Terror setzen, mit Terroristen?“, fragte Putin russischen Staatsmedien zufolge, obwohl Russland seit Kriegsbeginn nahezu täglich zivile Ziele in der Ukraine attackiert. Auch einen Waffenstillstand lehnte der Kremlchef erneut mit deutlichen Worten ab.
Eine Feuerpause diene lediglich dazu, der Ukraine „eine Atempause bei den Militäroperationen zu verschaffen, die dazu genutzt werden sollen, das Regime mit westlichen Waffen aufzurüsten, die Zwangsmobilisierung fortzusetzen und weitere Terroranschläge vorzubereiten“, behauptete Putin. Das „Regime“ in der Ukraine wolle keinen Frieden, weil es im Frieden seine Macht verlieren werde, behauptete Russlands Präsident außerdem.
Kremlchef attackiert Wolodymyr Selenskyj: „Verrottetes Regime“
Dass Moskau in den vergangenen Wochen alle internationalen Bemühungen für einen Waffenstillstand blockiert und immer wieder neue Bedingungen aufgestellt hat, ließ der Kremlchef dabei unerwähnt – und warf stattdessen der Ukraine vor, gezielt die Verhandlungen stören zu wollen. Erneut versuchte Putin zudem, die Legitimität des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Zweifel zu ziehen.
„Welche Autorität können die Führer eines durch und durch verrotteten und völlig korrupten Regimes haben?“, fragte Putin. „Die ganze Welt spricht darüber“, fügte der russische Machthaber an. Nicht-Regierungsorganisationen wie Transparency International attestieren unterdessen Russland ein deutlich größeres Ausmaß an Korruption. Im Korruptionsindex der NGO liegt die Ukraine auf Rang 105, Russland hingegen auf Platz 154 im internationalen Vergleich.
Selenskyj sieht „keinen Sinn“ in weiteren Gesprächen mit Russland
Der ukrainische Präsident Selenskyj äußerte sich derweil ebenfalls am Mittwoch zu weiteren Gesprächen mit Russland. „Die diplomatischen Treffen in Istanbul auf einer Ebene fortzusetzen, auf der nichts beschlossen werden kann, ergibt keinen Sinn“, sagte Selenskyj in Kyjiw. Er glaube zwar, dass Russland bereit sei, weitere Gefangene auszutauschen, aber die jetzige russische Delegation habe nicht die Befugnisse, eine Waffenruhe zu verhandeln und zu beschließen.
Er sei „jederzeit“ zu einem Treffen mit Putin, US-Präsident Donald Trump und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bereit, um Friedensgespräche mit Moskau voranzubringen, fügte Selenskyj hinzu. Das Weiße Haus in Washington teilte unterdessen am Mittwoch mit, Trump stehe einem Treffen mit den Präsidenten Russlands und der Ukraine in Istanbul „offen“ gegenüber. In Moskau scheint man das anders zu sehen, wie Putin nun klarstellte.
Selenskyj kritisierte am Mittwoch zudem das von Moskau vorgeschlagene „Memorandum“ als „Ultimatum“. Die Bedingungen des Kreml waren nach den letzten Gesprächen in Istanbul am Montag öffentlich geworden. „Ein Memorandum der Verständigung sollte zumindest von zwei Parteien unterzeichnet werden, nicht nur von einer Partei, die etwas fordert“, sagte der ukrainische Präsident dazu nun. Die in dem Dokument aufgestellten Forderungen Russlands kommen einer ukrainischen Kapitulation gleich. (mit afp)