Danke für nichts, Mr. Trump!Warum der US-Präsident meine Gesundheit ruinieren könnte

Lesezeit 3 Minuten
dpa Hydroxychloroquin

Das Anti-Malariamittel Hydroxychloroquin soll möglicherweise auch gegen Covid-19 helfen.

  • In das Anti-Malariamittel (Hydroxy-)Chloroquin setzen zurzeit viele ihre Hoffnung beim Kampf gegen die Covid-19-Pandemie. Allen voran der US-Präsident. Dabei gibt es bislang keinerlei belastbare Studienergebnisse.
  • Wem das Medikament auf jeden Fall hilft, sind Patienten von chronischen rheumatischen Erkrankungen. Sie haben Angst, keine teils lebenswichtigen Tabletten mehr zu bekommen.
  • Eine Betroffene aus Köln erzählt.

Köln – (Hydroxy-)Chloroquin erlebt womöglich die Karriere seines Lebens. Diverse Studien sind angelaufen, es gibt Signale, dass das Medikament, das ursprünglich gegen Malaria entwickelt wurde, vielleicht auch gegen Covid-19 hilft. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

Wogegen es auf jeden Fall hilft: Gegen die Autoimmunkrankheit Lupus, an der ich seit elf Jahren leide. Hydroxychloroquinsulfat, ein Verwandter vom Chloroquin, ist gut verträglich, besser als andere immunsystemunterdrückende Tabletten, die ich auch schon ausprobiert habe. Ich möchte dieses Medikament gerne weiternehmen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Donald Trump, US-Präsident und meines Wissens kein Mediziner, hatte vor knapp zwei Wochen, als die Sars-CoV-2-Pandemie die Vereinigten Staaten mit voller Wucht traf, vorgeschlagen, das Medikament sofort einzusetzen. Auf seinem Lieblingskanal Twitter posaunte er rum: „Hydroxychloroquin und Azithromycin, zusammen eingenommen, haben eine reelle Chance, einer der größten Durchbrüche in der Geschichte der Medizin zu sein.“ Trump nutzte Worte wie „biggest game changer“, dabei sind Studien von belastbaren Ergebnissen noch weit entfernt. Dem Präsidenten genügt Trial & Error: „Was haben wir zu verlieren?"

Alles zum Thema Christian Drosten

Er hat nichts zu verlieren – ich habe es. „Es tut mir leid, das Medikament ist zurzeit nicht lieferbar“, heiß es daraufhin prompt in der Apotheke. Nicht bei einer, bei fünf im Umkreis und sogar probeweise in einer außerhalb von Köln hatte ich angerufen und jedes Mal die gleiche Antwort erhalten. Weitere PatientInnen berichten im Internet von ähnlichen Schwierigkeiten, auf Twitter protestierten Betroffene unter dem Hashtag #withoutmyHCQ beziehungsweise #ohnemeinHCQ. Auf einmal musste ich schlucken.

Nicht falsch verstehen: Sollte das Medikament ernsthaft helfen, wäre das in der Tat ein Meilenstein. Eine Medizin gegen die Covid-19-Erkrankung, vor allem eine, die schon existiert, könnte unfassbar viele Menschenleben retten. Auch mich verstören, entsetzen die Bilder aus Bergamo oder New York und machen mich traurig. Ich befürworte definitiv, dass nun gleich mehrere Studien die Wirksamkeit von Hydroxychloroquin testen.

Hamsterkäufe auch bei Medikamenten

Aber noch ist eben nicht bewiesen, dass es hilft. Selbst Amerikas Top-Immunologe Anthony Fauci (das US-Pendant zu unserem Virus-Papst Christian Drosten von der Berliner Charité) widersprach Donald Trump und wies im Sender CBS darauf hin, dass man wissenschaftlich nicht definitiv sagen kann, dass das Mittel hilft („I think in terms of science I don't think we could definitively say it works“). Zu spät – da waren die Hamsterkäufe schon in vollem Gang. Der US-Präsident hat laut BBC sogar Indiens Premierminister Narendra Modi unter Druck gesetzt, nachdem dieser die Auslieferung von dem Wirkstoff, der zu großen Teilen in Indien hergestellt wird, gestoppt hatte. Passenderweise hatte Trump daraufhin in seiner unnachahmlichen Manier von der „engen Kooperation zwischen Freunden“ geschwärmt.

Hype geht zulasten von aktuell chronisch Kranken

Dieser Hype geht zu Lasten aller Lupus-Patientinnen, auch zu meinen Lasten. Bin ich egoistisch, weil ich mein Medikament, das mir seit Jahren hilft, weiter nehmen möchte? Muss man das gegeneinander ausspielen: „Hilft-vielleicht“ gegen „hilft-auf-jeden-Fall“ oder gelingt eine friedliche Koexistenz?

In einem Brief an Bundes-Gesundheitsminister Jens Spahn haben deutsche Rheumagesellschaften vor zwei Wochen auf den Hydroxychloroquin-Engpass hingewiesen. Zwei Pharmaunternehmen haben daraufhin ihre noch bestehenden Lagerbestände explizit für die Versorgung von PatientInnen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie Lupus reserviert.

Grundsätzlich werden Ärzte und Apotheker vom Gesundheitsministerium angewiesen, das Medikament nicht in übermäßigen Mengen zu verschreiben und die Diagnose mit auf den Rezepten anzugeben. Auch die Leverkusener Pharmafirma Bayer will nun wieder mitspielen. Aktuell scheint der Engpass überbrückt, ich halte eine neue Tablettenpackung in Händen. Doch wann kommt der nächste, wenn der Run anhält und sich die ganze Welt auf dieses Mittel stürzt? Die Angst bleibt.

KStA abonnieren