Restaurants und SchulenKönnen Raumluftreiniger Innenräume von Viren befreien?

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Viele Gastronomen haben Angst, dass in der kalten Jahreszeit die Gäste aus Angst vor einer Covid-19-Infektion ausbleiben (Symbolfoto).

  • Die Anzahl der Corona-Infektionen steigen, die Temperaturen fallen. Die Sorge sich in Innenräumen mit Covid-19 zu infizieren wächst.
  • Professor Christian Kähler hat mobile Raumluftreiniger an der Universität der Bundeswehr in München untersucht. Er hält sie für ein gutes Mittel, um die Luft in Innenräumen von Viren zu befreien.
  • Dr. Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt hingegen kritisiert die Studie und glaubt nicht, dass die Geräte in der Praxis sinnvoll sind.

Köln – Die Infektionszahlen steigen und mit Blick auf die kalte Jahreszeit wächst die Sorge, sich in geschlossenen Räumen mit Covid-19 zu infizieren. Experten raten zu regelmäßigem Lüften, um die Virenlast in Innenräumen gering zu halten. Doch bei kalten Temperaturen mögen viele Menschen lieber nicht ans Lüften denken oder es ist in manchen Restaurants nicht möglich. Gastronomen sorgen sich, dass Gäste in den Wintermonaten deswegen ausbleiben. Auch in Klassenzimmern sitzen viele Kinder zusammen im Unterricht – ohne Mund-Nasen-Schutz. Sind also mobile Raumluftreiniger, die die Luft filtern können, eine Alternative für die kalten Tage?

Professor Christian Kähler von der Universität der Bundeswehr in München hat solche Geräte in einer Studie untersucht und befürwortet ihren Einsatz. Dr. Heinz-Jörn Moriske, Leiter der Beratungsstelle Umwelthygiene des Umweltbundesamtes (UBA) und Geschäftsführer der Innenraumlufthygiene-Kommission, hingegen blickt skeptisch auf die mobilen Raumluftreiniger. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Reichen Klimaanlagen in Büros, Geschäften oder Restaurants auch im Winter aus, um die Virenlast in Innenräumen zu verringern?

Grundsätzlich sei es gut, wenn Gebäude über solche raumlufttechnischen Geräte verfügen, sagt Christian Kähler. Wird so ein Gerät mit einer Außenluftzufuhr von 100 Prozent und einer sogenannten Luftwechselrate von sechs (also das Sechsfache des Raumvolumens wird an Luft pro Stunde umgewälzt) betrieben, kann die Virenlast gering gehalten werden. „Dabei tauchen aber folgende Probleme auf: Viele Gebäude haben eine solche Anlage gar nicht, oder die Gebäude haben keine Anlagen eingebaut, die leistungsstark genug sind, um die nötige Luftwechselrate zu erzeugen. Nutzt man die Anlagen im Winter mit dem hohen Außenluftanteil, müsste man die diese Luft aufheizen, was sehr viel Energie verbrauchen und hohe Kosten verursachen würde.“

Wie funktioniert ein Raumluftreiniger und wie muss er ausgestattet sein?

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Christian Kähler von der Universität der Bundeswehr München

Die Funktion eines mobilen Raumluftreinigers könne man mit einem Ventilator vergleichen – die Raumluft wird umgewälzt. Mit dem Unterschied, dass ein Raumluftreiniger die Luft filtert, erklärt Kähler. Die Geräte müssen einen guten Filter, einen sogenannten H14-HEPA-Filter, haben und leistungsfähig genug sein, um die nötigen Luftwechselraten zu erreichen. Nur so seien die Geräte in der Lage, Viren und Aerosole aus der Luft zu filtern. Sie seien sehr leise und energetisch effizient. 3000 und 4000 Euro kosten die Geräte aus der Studie –  eines der Firma Trotec und eines der Firma Viromed.

Ist der Einsatz von mobilen Raumluftreinigern sinnvoll?

„Indirekte Infektion mit Covid-19 können durch eine hohe Virenlast im Innenraum verursacht werden – dagegen helfen die Raumluftreiniger, weil sie dafür sorgen, dass so eine hohe Virenlast nicht entstehen kann. Sie filtern die kleinen Viruspartikel, sogenannte Aerosole, aus der Luft“, sagt Kähler. Es könne aber noch zu einer direkten Infektion kommen, wenn sich Menschen gegenüber stehen und direkt anhusten oder niesen – dagegen helfen Masken und Abstand halten. „Für Klassenräume, wo keine Masken getragen werden, empfehlen wir transparente Trennwände.“ Durch ihre Funktion sei der Einsatz von mobilen Raumluftreinigern in „Schulen sinnvoll, weil die Kinder sehr dicht beieinander sitzen“, auch in kleinen Geschäfte, im Wartezimmer des Arztes oder in der Gastronomie seien die Geräte empfehlenswert.

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Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt

Mobile Raumluftreiniger sind kein Ersatz für das aktive Lüften – auch nicht in der kalten Jahreszeit, sagt dagegen Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt. „Lüften ist auch in der kalten Jahreszeit möglich, da die Temperaturen im Raum auch bei niedrigen Außentemperaturen nur um zwei bis drei Grad fallen. Das Risiko für Erkältungskrankheiten steige nicht, die frische Luft härte das Immunsystem sogar ab.“

Der Experte kritisiert die Studie der Universität der Bundeswehr in München, weil der Versuch in einer sogenannten Prüfkammer durchgeführt wurde. Heißt: Die mobilen Raumluftreiniger mit HEPA-Filtern wurden nicht in der Praxis, beispielsweise in einem Klassenzimmer, untersucht, sondern im Labor. In der Prüfkammer funktioniere dies sehr gut, doch in der Praxis sei die Wirkkraft der Geräte fraglich. Das verdeutlicht Moriske am Beispiel des Klassenzimmers: „Wir wissen nicht, ob in einer Klasse ein Kind oder möglicherweise mehrere Kinder unwissend mit Covid-19 infiziert sind und die Viren in Form von Tröpfchen beim Niesen oder als virusbeladene Partikel beim Sprechen in der Luft verteilen.“ Eine infizierte Person gebe Viren kontinuierlich in den Raum ab. „Ist das Gerät falsch im Raum positioniert beispielweise neben dem Lehrer und hinten in der fünften Reihe ist ein Kind infiziert und gibt die Viren in die Umgebungsluft ab, können Kinder, die in Reihe eins bis vier sitzen, die mit Viren belastete Luft möglicherweise schon eingeatmet haben, bevor sie durch den Raumluftreiniger gefiltert wird“, erklärt der Experte.

Es sei ein Trugschluss, dass mobile Raumluftreiniger die Luft unter Realbedingungen virenfrei machen und man nicht mehr zu lüften bräuchte. „Die Luftwechselraten, um die ganze Raumluft filtern zu können, müssen so hoch eingestellt werden, dass die Geräte erhebliche Geräusche verursachen und es auch zu Zugerscheinungen führen kann“, sagt Moriske.

Was ist beim Einsatz von mobilen Raumluftfiltern zu beachten?

Für sehr große Räume wie Kirchen oder Hallen sind mobile Raumluftreiniger nicht geeignet. Optimal würden die Geräte bei glatten Decken funktionieren. Lampen oder Deckenbalken dagegen verhindern die Ausbreitung der Luft unter der Decke. Um die ungünstigen Dachbalken zu umgehen, müsse man eine höhere Luftwechselrate nutzen, sagt Christian Kähler. „Wichtig: genug Geräte für die jeweilige Raumgröße nutzen. Ist ein Raum beispielsweise 40 Quadratmeter groß und hat Decken, die drei Meter hoch sind, ergibt sich ein Volumen von 120 Kubikmetern. Das Volumen wird mal sechs gerechnet und so wird das Gerät richtig eingestellt, um pro Stunde genügend Kubikmeter der Luft umzuwälzen“, erklärt der Experte. Tische, Stühle oder Menschen im Raum haben keinen Einfluss auf die Filterwirkung. Wo genau ein mobiler Raumluftreiniger im Innenraum stehe, sei nicht so erheblich, sagt Kähler.

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Heinz-Jörn Moriske hingegen sagt, dass es noch geklärt werden müsse, wo ein guter Standort für die Geräte ist – zum Beispiel in der Gastronomie. „Wir wissen noch nicht, ob es sinnvoll ist, wenn die Geräte am Tisch, in der Mitte des Raumes oder am Eingang zur Küche stehen, um zu helfen die Virenlast im Raum zu verringern. Gastronomische Räume sind sehr komplex.“ Aus Sicht des Umweltbundesamtes können mobile Raumluftreiniger ergänzend genutzt werden, wenn es in einem Raum keine Möglichkeit zum Lüften gibt und auch andere Maßnahmen, wie weniger Personen im Raum, Einhalten größerer Abstände etc. nicht realisierbar sind. 

Ein Ersatz für aktives Lüften sind sie nie. Denn beim Einsatz von mobilen Raumluftreinigern sei es auch problematisch, wenn Menschen im Raum hin- und herlaufen, dadurch werde die Luft verteilt und gelange oft gar nicht erst in den mobilen Raumluftreiniger. Ein weiteres Problem: Die Geräte saugen die Luft an und geben sie auch wieder in den Raum ab, durch diesen Abluftstrom könne es passieren, dass die Luft mehr im Raum verteilt wird, statt, dass sie gezielt im Gerät und somit in dem Filter des Gerätes landet.

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