Köln – Sie arbeiten in Anzug und Krawatte, und ihre wichtigste Waffe ist ihr Wissen, das sie gerade an den Hochschulen erworben haben. Denn in der Unternehmensberatung Oscar sind ausschließlich Studenten oder Absolventen beschäftigt, die gerade ihren Abschluss gemacht haben.
2000 angehende Akademiker haben seit der Gründung im Jahr 1992 in den beiden Filialen Köln und Stuttgart angeheuert. Derzeit hat Oscar ungefähr 55 Mitarbeiter, die sie zu ihren Kunden schickt.
Idee entstand in Köln
Oscar ist 1992 aus dem Organisationsforum Wirtschaftswissenschaften (OfW), einem Wirtschaftskongress, der alle zwei Jahre an der Kölner Universität stattfindet, hervorgegangen. Schnell kam der Wunsch bei den studentischen Ausrichtern auf, ihr Wissen auch in ständige Projekte einzubringen, erzählt eine der drei Vorstände, Meike Kassen.
Aus dem Kongress entstand die Firma Oscar (OfW Student Consulting and Research), die ihr Domizil in einem Bürohaus am Salierring 48 hat. Seitdem arbeiten bei Oscar Studenten und Absolventen als Projektberater und Praktikanten – allerdings nicht länger als ein paar Monate. Schließlich müssen die Plätze wieder frei werden für die nächsten Bewerber: 3000 schreiben dem Unternehmen pro Jahr.
Mittels eines Assessment-Centers wird „die Spreu vom Weizen getrennt“, sagt Jonas Sachtleber, ebenfalls Vorstand. Verdienen kann man bei Oscar nur mäßig: Berater erhalten 1500 Euro brutto im Monat. „Unsere Mitarbeiter schauen aber nicht auf das Geld, sondern sind mit Herzblut bei der Sache“, so Kassen.
Oscar ist bundesweit nicht die einzige studentische Unternehmensberatung. Im Bundesverband Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen haben sich 31 Dienstleister zusammengeschlossen. Mehr als 2000 Studenten sind im Verband organisiert.
Die Idee, an der Uni erlerntes theoretisches Wissen während des Studiums praktisch anzuwenden, kommt aus Frankreich. In den 1960er Jahre gründeten sich dort die ersten Junior Entreprises, die Kunden berieten.
Schnell verbreitete sich diese Idee europaweit. Bis heute sind weit mehr als 300 Junior Entreprises in Europa entstanden.
Efraim Morete-Casanova (25) ist so einer mit viel Herzblut. „An unserer Hochschule genießt Oscar einen hervorragenden Ruf“, sagt der Absolvent der Industriewirtschaft der Europäischen Fachhochschule in Brühl.
Gut gefallen habe ihm die Schnelligkeit, mit der das Oscar-Team arbeitet. Binnen weniger Tage hatte er nicht nur eine Antwort auf seine Bewerbung, sondern war, nachdem er die Prüfungen im Assessment-Center bestanden hatte, drei Tage später auf einem Kundentermin.
„Ich mag es, Verantwortung zu tragen und Oscar gibt mir die Gelegenheit dazu.“ Für einen Kunden aus der Versicherungsbranche, dessen Namen er nicht nennen darf, tüftelt er nun an einer Marketing-Strategie für junge Kunden. „Junge Leute haben oft keine Lust, sich mit Dingen wie Bausparverträgen zu beschäftigen.“ Damit sie das doch tun, riet Morete-Casanova dem Versicherer nach einer intensiven Analyse zu mehr Transparenz und einer frühzeitigen Kundenansprache, etwa durch Beratungsgespräche.
Auch Bayer und Daimler beraten
Oscar ist eine Erfolgsgeschichte, nicht nur für die Studenten. Ungefähr 600 Projekte hat die Firma seit 1992 durchgeführt und dabei 1000 Kunden beraten. Darunter befinden sich auch die ganz Großen der deutschen Firmenlandschaft wie Bayer und Daimler.
„Wir waren bereits bei 23 von 30 börsennotierten DAX-Unternehmen“, sagt Sachtleber nicht ohne Stolz. Künftig will Oscar expandieren: Ein dritter Standort in Deutschland ist im Gespräch. Auch im nahen Ausland will sich die Firma künftig um Aufträge bemühen, etwa in den Niederlanden und der Schweiz.
Die Einnahmen behält der Dienstleister aber nicht: Ein Teil des Verdienstes wird in das Equipment gesteckt, ein anderer Teil kommt dem OfW zugute, aus dem Oscar einst entstanden ist.