Das „Broadway“ wird zur Bühne für Boutiquen

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Ein Stück Kinogeschichte in Köln geht zu Ende: Zum 30. März 2002 wird nicht nur nach 20 Jahren das Broadway in der Ehrenstraße schließen, auch das Odeon im Severinsviertel geht seinem Ende entgegen. Einzig das Off-Broadway – nach langer, aufwendiger Renovierung erst vor kurzem wieder eröffnet und ein weiteres anspruchsvolleres Kino in der Stadt – wird aller Wahrscheinlichkeit nach bestehen bleiben. Die drei Lichtspieltheater gehören dem Arthaus-Verleih, einer Tochter der „Kinowelt“-Gruppe, die sich umstrukturiert.

Ehrenstraße geprägt

Just das Broadway wird dabei – jenseits der Konzernpolitik – Opfer einer Entwicklung, die es selbst mit einläutete. Als am 18. November 1982 der Regisseur Claude Chabrol mit einer Premiere das neue Kapitel des traditionsreichen Kinostandortes aufschlug, war die Ehrenstraße alles andere als eine feine Adresse. Im Haus des Broadway (City-Kino) liefen vorher Kung-Fu-Streifen. Doch mit dem anderen Kino-Angebot kamen die Individualisten – die Geburt eines neu-geprägten, alten Viertels.

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Der Aufstieg der Ehrenstraße zur frechen, kleinen Schwester von Hohe Straße und Schildergasse nahm seinen Lauf. Avantgarde-Läden, schrille Geschäfte, teure Boutiquen – die Ehrenstraße (und mit ihr die vornehmere Mittelstraße) ist mittlerweile ein beliebtes Konsum-Quartier. Zu beliebt. Denn das Broadway zieht aus, weil der Vermieter – das berichten zumindest Nachbarn aus dem Veedel – nun die dreifache Miete einfordern soll; zu viel für ein nicht nur am Kommerz orientiertes, gleichwohl erfolgreiches Kino, nicht zu viel für eine edle Einkaufspassage, wie sie jetzt dort geplant ist. Theaterleiterin Angela Wilde trauert mit den Fans um das Haus, war jedoch zu keiner weiteren Stellungnahme bereit und äußerte sich auch nicht zur Frage der Miete.

Das Broadway bildete seit seinen Anfängen die Kölner Trutzburg gegen die großen Konzerne, und eine Insel für Filmfreunde, die nicht nur Jurassic Park und James Bond sehen wollten. Die Kinokasse und die beiden Cafés sind (waren) für viele der Ort, an dem sie sich mit einem neuen Flirt das erste Mal zum Milchkaffee trafen. Wenn nicht der Flirt überhaupt im Broadway begann. Vorbei also. Die Großstadt Köln wird um eine wichtige Spielstätte ärmer. Ein enormer Verlust für eine derart Kino-orientierte Medienstadt. Für das Broadway-Publikum bleiben als Alternative die Filmpalette, das Filmhaus, mit Abstrichen das Ufa-Residenz, das Cinenova (Ehrenfeld), das Weißhaus. Das Broadway muss Platz machen für anderes.

Neue Querverbindung

Die (nicht nur vom Spitz) heftig aufpolierte Kleine Brinkgasse war die erste attraktive Verbindung von der Ehrenstraße zur Großen Brinkgasse, die in letzter Zeit entstanden ist. Eine zweite Passage – eben die anstelle des Broadway – dürfte endgültig dazu führen, dass sich die Große Brinkgasse vom Hinterhof zur „interessanten Lage“ entwickelt. Zu ihr, der Vergessenen, hin öffnete sich jüngst schon ein Möbelgeschäft, das sich von der Mittelstraße durchzieht. Die Eroberung neuen Terrains für neue Läden.

Auch das Odeon – Kinohaus vor allem des Stammpublikums aus der Südstadt – schließt den Vorhang im März 2002. Im ehemaligen Theater von Trude Herr untergebracht, hatte es immer zu kämpfen mit seiner Einzellage jenseits der Innenstadt. Hier geht es nicht um die Miete. Hier zieht der „Kinowelt“-Konzern wirtschaftliche Konsequenzen.

Die Kölner Kinowelt unterliegt einem stetigen Wandel. Die UFA-Passagen in der Hohe Straße haben geschlossen, weil sie nicht mehr zeitgemäß waren; ob sich – wie in der Branche erzählt wird – doch noch jemand gefunden hat, der die ähnliche Kino-Passage Schildergasse weiter betreibt, ist offen. Kinofreunde bangen seit langem um das Scala am Ring.

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