Der Pinguin im Rucksack

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Während eines Ausflugs in den Kölner Zoo soll ein Grundschüler in der vergangenen Woche einen Pinguin geklaut haben.

Während eines Ausflugs in den Kölner Zoo soll ein Grundschüler in der vergangenen Woche einen Pinguin geklaut haben.

Eine lustige Geschichte, irgendwie auch ein bisschen rührend: Während eines Ausflugs in den Kölner Zoo soll ein Grundschüler in der vergangenen Woche einen Pinguin geklaut haben. Der Leiter des Forstamtes Siegen-Wittgenstein, Diethard Altrogge, sei durch die nasse Hose des kleinen Diebs misstrauisch geworden. Daraufhin habe der Junge das „kleine, tropfende Tier“ im Schulbus aus dem Rucksack gezogen. So zitierte jedenfalls eine große Presseagentur den Urheber der Meldung, die „Westfälische Rundschau“. „Der Spiegel“ sowie unzählige deutsche Tageszeitungen berichteten anschließend ebenfalls über den Fall.

Die Geschichte mit dem Pinguin hat nur einen Haken. Sie ist eine Ente. Das sagt zumindest Diethard Altrogge - und der muss es ja wissen. Eigentlich habe er bei einem Pressetermin in der vergangenen Woche nur einen neuen Wanderweg einweihen wollen. „Ich habe zwischendurch ein paar Anekdötchen ausgetauscht, mit ehemaligen Kollegen. Zum Beispiel die Geschichte mit dem Pinguin. Die habe ich selber mal irgendwo gehört. Da hat dann wohl jemand von der Zeitung nicht besonders gut zugehört“, sagte Altrogge dem "Kölner Stadt-Anzeiger" am Dienstag. „Bei so einem Schulausflug war ich doch nie dabei. Und im Kölner Zoo war ich zuletzt als kleiner Junge.“

15 Jahre alte Legende

Dass sich die Story zum Weitererzählen lohnt, zeigt ihre Vergangenheit: Sie geistert schon seit 15 Jahren durch die Welt. Immer in einer anderen Stadt. Manchmal wechselt sie auch das Land oder sogar den Kontinent, immer ist sie ein bisschen anders.

1993 machte ein Schulkind im „Dudley Zoo“ in Großbritannien den Anfang. Dessen lebendiges Diebesgut soll die überraschte Mutter in der Badewanne vorgefunden haben. 2003 war es dann ein sechsjähriger Besucher des „Dublin Zoo“ in Irland, der sich den Pinguin in den Rucksack gesteckt haben soll. 2005 hatte es die Anekdote in die USA geschafft: Aus dem New England Aquarium in Boston schmuggelte ein 12-Jähriger den schwarz-weißen Vogel angeblich ins heimische Badezimmer.

Kann das alles vielleicht ein riesengroßer Zufall sein? Sind Pinguine wirklich so leicht zu stehlen, in den Zoos der Welt?

Wohl kaum. Vielmehr hört sich das Ganze nach einer urbanen Legende an – nach einer dieser unglaublichen Geschichten, die immer einem Freund eines Freundes oder Kollegen der Schwester der besten Freundin passieren und so ihre Runden ziehen. Die berühmte Vogelspinne in der Yuccapalme gehört dazu; der Aids-Spritzen-Mörder, der in lokalen Discos sein Unwesen treibt oder der nagelneue Porsche, den jemand für einen Euro ersteht, weil in ihm schon mal jemand gestorben ist.

Wahr sind die modernen Legenden nie, aber immer schön. Und oft genug auch ein bisschen unglaubwürdig. Ein Pinguin würde sich zum Beispiel laut und heftig wehren, wenn ein Schüler ihn in einen Rucksack zu stecken versuchte.

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