Polizist führte Betrügerbande an

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In diesem VW Golf (v.l.) "starb" für den Film eine junge Frau.

In diesem VW Golf (v.l.) "starb" für den Film eine junge Frau.

Der Schaden für die Versicherungen hat alljährlich ein immenses Ausmaß.

Kreis Euskirchen / Wichterich - Schwerer Unfall bei Zülpich-Wichterich. Bei einer folgenschweren Kollision kam eine junge Frau ums Leben. Später schmierte die „Tote“ dann blutverüberströmt Schnittchen. Alles Fiktion, alles nur Film.

Etwa 15 Studenten der Fachhochschule Köln, Fachbereich Polizeivollzugsdienst, waren am Wochenende im Kreis Euskirchen unterwegs, um einen Lehrfilm zum Thema „Manipulierte Unfälle“ zu drehen. Dabei handelte es sich um ein zehnwöchiges Projekt, das von Kriminaldirektorin Michaela Mohr geleitet wurde. Mit von der Partie war die Troja-Filmgesellschaft aus Erftstadt, die den Streifen drehte. Das Drehbuch stammte aus der Feder der Studenten, die teilweise schon im Polizeidienst tätig sind.

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Wichtige Hinweise

„Vorrangig soll der Film an der FH Köln eingesetzt werden“, erzählte Polizeikommissarin Andrea Dreesen. Gezeigt werden sollen die Ermittlungsmöglichkeiten der Polizei. Schon bei der Unfallaufnahme können wertvolle Hinweise entdeckt werden, die aber oft nicht gesehen werden. „Der Schaden, den Versicherungen durch manipulierte Unfälle haben, liegt im Milliarden-Bereich“, erzählte Dreesen. Dabei handelt es sich meist um Bagatellunfälle, bei denen nicht immer die Polizei erforderlich ist. Auffahrunfälle mit Blechschäden beispielsweise.

Hinweise auf einen Versicherungsbetrug sind etwa Zeugen oder vermeintlich Verunglückte, die sich kennen. „Wenn etwa zwei an einem Unfall beteiligte 25-Jährige aus dem gleichen Ort kommen, dann müssen schon die Alarmglocken schrillen“, meinte Polizeiobermeister Ottmar Baur.

Sein Kollege, der Polizeikommissar Marcus Schäfer, der wie Dreesen und Baur im Mechernicher Stadtgebiet wohnt, nannte ein Beispiel: „Es ist schon vorgekommen, dass diese Banden Autos ohne Motor in Position schieben und dann absichtlich Auffahrunfälle provozieren.“ Nur: Welcher Polizist überprüfe schon am Unfallort, ob ein Auto einen Motor habe oder nicht. Auffällig sei auch, wenn ein Unfall mit einem Mietauto passiere: „Dadurch wird man in der Versicherung nicht hochgestuft“, weiß Baur.

Am Freitag wurden in einer Werkstatt bei Kerpen und auf der Polizeiwache in Euskirchen die Szenen gedreht, in der eine Betrügerbande ihren Coup plant. Der Bandenchef wurde von Polizeioberkommissar Andreas Nolden, dem Einstellungsberater der Kreispolizeibehörde Euskirchen, verkörpert - und das stilecht mit Cowboystiefeln und zweifelhaftem Benehmen. „Das hat schon Spaß gemacht“, meinte Nolden.

Am Samstag und Sonntag mussten für die Dreharbeiten Straßen im Kreisgebiet gesperrt werden. Schauplatz des tödlichen Unfalls war die Landesstraße 162 zwischen den Abzweigungen nach Wichterich und Mülheim. Von morgens an bis in den späten Abend wurde die Straße in Beschlag genommen. Gedreht wurde erst im Dunkeln. Vorher mussten aber noch die Autos in Position gebracht werden. So lag ein demolierter VW Golf, in dem eine unbeteiligte Person „stirbt“, den ganzen Tag über im Graben vor einem Baum.

Unzählige Probeläufe simulierten den eigentlichen Unfall, der später bei Tempo 40 durchgeführt wurde. Die Autos wurden dabei von Stahlseilen gezogen. Es krachte dennoch so heftig, dass die Beteiligten ganz begeistert vom Ergebnis waren. Am Sonntag wurde noch ein Teilstück des Mechernicher Weges bei Kommern für einen leichten Auffahrunfall gesperrt.

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