Angst vor Streit auf der StraßeDüsseldorfer Bürgerwehr gibt auf

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Mitglieder der Bürgerwehr bei ihrer Patrouillie durch die Düsseldorfer Altstadt.

Mitglieder der Bürgerwehr bei ihrer Patrouillie durch die Düsseldorfer Altstadt.

Köln – Die Bürgerwehr „Düsseldorf passt auf“ hat ihr Vorhaben, für mehr Sicherheit auf den Straßen der Landeshauptstadt zu sorgen, nach nicht einmal zwei Wochen wieder eingestellt. Das hat Initiator Tofigh Hamid auf Facebook bekanntgegeben. Die Gruppe hatte sich infolge der Ereignisse in der Kölner Silvesternacht gegründet. Rund 13.000 Menschen haben in dem sozialen Netzwerk ihre Unterstützung bekundet.

Doch die Menge an Sympathisanten scheint die Macher nun zu überfordern. Er habe immer wieder betont, dass die Gruppe keinerlei politische Ausrichtung habe, schreibt Hamid in einem offenen Brief. Wer versuche rechtes Gedankengut zu verbreiten, werde sofort ausgeschlossen, heißt es sogar in den Richtlinien der Bürgerwehr. Und doch habe man ihn als Nazi, aber auch als Salafist beschimpft. Hamid befürchtet eine Eskalation auf der Straße. „Die Gefahr besteht, dass jemand von euch in einen politischen Streit verwickelt wird, obwohl wir nur Menschen sind, die für mehr Frieden Ihre Freizeit opfern.“

Möglicherweise liegt das Problem aber auch in den eigenen Reihen. Offenbar hatten sich einschlägig bekannte Personen unter die rund 50 Teilnehmer gemischt, die am vergangenen Samstag das erste und einzige Mal durch die Düsseldorfer Altstadt und entlang des Rheinufers patrouilliert waren. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, sollen sowohl ein Anhänger des islamfeindlichen Pegida-Ablegers „Dügida“ als auch ein Hooligan von „Fortuna Terror“ die Gruppen begleitet haben.

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Einfallstor für rechte Aktivisten

„Bürgerwehren sind ein Einfallstor für rechte Aktivisten“, sagt Alexander Häusler, Rechtsextremismus-Experte von der Hochschule Düsseldorf. Das Phänomen sei nicht neu, erklärt der Sozialwissenschaftler. „Es hat schon immer Bemühungen der Rechten gegeben, sich als Ordnungsmacht und Autorität ins Szene zu setzen und das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen.“ Besonders gefährlich sei, dass sich in Bürgerwehren mehrere rechte Milieus zusammenschlössen: Rocker, Hooligans und Neonazis. Auch vor dem Hintergrund der Kölner Ereignisse konstatiert Häusler: „Sie betrachten sich als Lösung, dabei sind sie Teil des Problems.“

Das sieht auch die Polizei nicht anders. Mit großer Skepsis hatten die Behörden die Gründung von „Düsseldorf passt auf“ aufgenommen. Um die Mitglieder der Bürgerwehr vor möglichen Zusammenstößen mit Gruppen aus dem linken Spektrum zu schützen, musste die Polizei am vergangenen Samstag mehrere Beamte abstellen. „Das bindet Kräfte, die an anderen neuralgischen Punkten fehlen“, sagt der Düsseldorfer Polizeisprecher André Hartwich. „Die Menschen verlassen sich darauf, dass wir das Gewaltmonopol ausüben. Und das können wir auch. Dazu brauchen wir niemand anderen.“

Zusammenschluss auf Facebook

Hamids virtuelle Bürgerwehr ist nicht die einzige, die nach den Übergriffen in Köln, an der Ausländer und auch Flüchtlinge maßgeblich beteiligt waren, für Recht und Ordnung sorgen will. Auf Facebook finden sich deutschlandweit viele ähnliche Gruppen. „Bürgerwehr Deutschland“ etwa hat sich ebenfalls in der vergangenen Woche auf Facebook zusammengeschlossen.

Auch sie ist nach eigenen Angaben nicht rechts, doch Posts wie „Es reicht langsam. Deutschland ist überfordert, grenzen dicht!“ sprechen ihre eigene Sprache. Und Bürgerwehren mit rechtsextremen Tendenzen bereiten Verfassungsschützern nicht erst seit Köln Sorgen. In Sachsen etwa werden Bürgerwehren mit fremdenfeindlichen Anschlägen und Hetze gegen Flüchtlinge in Zusammenhang gebracht.

Ganz aufgeben will Bürgerwehr-Initiator Hamid aber noch nicht. Auf Facebook schreibt er: „Wir werden uns neu organisieren, damit wirklich niemand Gefahr läuft verletzt zu werden. Wir haben Bedenken der Bürger und die der Polizei und des Staates wahrgenommen und werden diese verinnerlichen. Es kann nur eine friedliche kooperative Lösung für uns geben.“

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