Düsseldorfer RRX-StreitOB und Bahn für Lärmschutzwände – Anwohner fordern Tunnel

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Kämpft für den Bahntunnel: Elke Wagner, Vorsitzende der Initiative Angermund.

Kämpft für den Bahntunnel: Elke Wagner, Vorsitzende der Initiative Angermund.

Düsseldorf – Inzwischen ist sogar der Verkehrsminister alarmiert. Hendrik Wüst (CDU) beschleicht ein ungutes Gefühl, wenn es um das Prestigeobjekt auf der Schiene geht – der Rhein-Ruhr-Express, der ab 2030 im Viertelstunden-Takt zwischen Köln und Dortmund durch Nordrhein-Westfalen rauschen und das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs werden soll.

Die Nervosität des Ministers ist durchaus begründet, denn in Düsseldorf eskaliert der Streit um den Lärmschutz an der RRX-Trasse im Stadtteil Angermund immer mehr. Das könnte den engen Zeitplan des gesamten Projekts gefährden.

700 Züge täglich auf sechs Gleisen

700 Züge sollen dort täglich ab 2030 auf sechs Gleisen mitten durch den Ort fahren. Die Bahn plant 4,50 Meter hohe Schutzwände gegen den Lärm. Zu mehr ist sie nicht verpflichtet. Die Bürger kämpfen für einen Tunnel. Runde Tische, Gutachter-Schlachten, gegenseitige Beschimpfungen und Unterstellungen, Klage-Androhungen: Die Fronten sind extrem verhärtet.

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Das wurde in der Sitzung des Düsseldorfer Verkehrsausschusses am Mittwoch noch einmal deutlich. Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) hat sich festgelegt. Aus seiner Sicht ist der Tunnel chancenlos. Geisel beruft sich dabei auf das jüngste Gutachten der Kölner Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen (Stuva).

Danach kostet der Trassenausbau mit Lärmschutzwänden 75 Millionen Euro, der Tunnel hingegen 460 Millionen. Der Bau würde zudem sieben Jahre länger dauern. Der enge Zeitplan für das gesamte RRX-Projekt steht auf der Kippe. Am 1. Februar tagt der Stadtrat. Geisel schlägt vor, die Pläne der Bahn zu akzeptieren und den Tunnel zu begraben.

Wohl keine Mehrheit im Stadtrat

„So geht es nicht“, sagt CDU-Ratsherr Andreas Auler. „Wir bauen hier etwas für hundert Jahre. Da müssen wir das Beste für den Stadtteil rausholen. Da kann es nicht an fünf Jahren längerer Bauzeit scheitern.“ Die neuesten Gutachten seien „eine Unverschämtheit, weil sie davon ausgehen, dass auch ein Tunnel mehrere Meter aus dem Boden ragt. Natürlich wollen die Angermunder eine geländegleiche Einhausung und kein Monster aus Beton. Mir leuchtet nicht ein, warum die Stadtspitze bei dieser Geschichte dermaßen mauert“. Die Bahn habe die Bürgerbeteiligung „nur vorgegaukelt, wirft der Bürgerinitiative Knüppel zwischen die Beine, um das Ding nach Weihnachten im Schweinsgalopp innerhalb von vier Wochen zu beerdigen“, sagt Auler. Er glaube nicht, dass der Oberbürgermeister im Stadtrat eine Mehrheit für die Bahn-Pläne finden wird. „Da kann man sich schon fragen: Was gibt die Bahn der Stadt dafür?“

Einen schönen neuen Vorplatz für den Hauptbahnhof vielleicht? Elke Wagner, streitbares Sprachrohr und Vorsitzende der Bürgerinitiative Angermund, ist davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang gibt, auch wenn sie den letzten Beweis schuldig bleiben muss. Die Stadtspitze bestreitet das vehement, bei einem Schlagabtausch im Stadtrat musste CDU-Ratsherr Auler mächtig Prügel einstecken, „weil ich das nur vage angedeutet habe“. Umgekehrt gibt es Gerüchte, die Bahn habe gedroht, völlig auf den Ausbau der Trasse auf sechs Gleise zu verzichten, wenn ihre Lärmschutz-Lösung nicht akzeptiert werde. Bisher rasen die Züge auf vier Gleisen völlig ohne Lärmschutzwände durch Angermund. Ein Vertreter der Bahn habe ihr das wortwörtlich gesagt, schwört Wagner.

Drohkulissen aufgebaut

Was Auler und die Vertreter der Bürgerinitiative nicht verstehen, ist die starre Haltung des Oberbürgermeisters. „Die Stadt entscheidet nicht darüber, welche Variante gebaut wird. Sie muss ja auch nicht zahlen“, sagt Auler. „Es kommt aber darauf an, was sie bei der weiteren Planung von der Bahn fordert. Wenn das ein Tunnel ist und die Bahn dem nicht folgt, muss sie Argumente liefern, die vor Gericht Bestand haben.“ Stadtrat und Verwaltung hätten die Pflicht, die Interessen der Düsseldorfer wahrzunehmen. Dass ein Tunnel den optimalen Lärmschutz biete, werde von keinem Gutachter bestritten.

Der Gleisausbau ist der wichtigste Teil des Projekts

Ab Dezember 2030 soll der Rhein-Ruhr-Express (RRX) mit fünf Linien durch Nordrhein-Westfalen fahren, auf der Kernstrecke zwischen Dortmund und Köln im Berufsverkehr im Viertelstundentakt. 82 neue Züge werden derzeit bei Siemens in Krefeld und Wien produziert, die schon bis Dezember 2020 für den Vorlaufbetrieb zur Verfügung stehen werden.

Der Vorlaufbetrieb beginnt mit der ersten Linie im Dezember 2018, danach werden die weiteren vier Linien im Halbjahres-Abstand Fahrt aufnehmen. Der Gleisausbau ist der wichtigste Teil des Projektes. Zwischen Köln und Düsseldorf muss es vier, zwischen Düsseldorf und Dortmund sechs Gleise geben. Das soll bis Ende 2030 der Fall sein. Sonst funktioniert der RRX nicht. (pb)

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