Eklat in NizzaFC-Fans aus Kreis Euskirchen sind erschüttert über Randale

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Linus Krämer (v.l.), Andres Nellessen, Leon Hammes und Denis Schwarz in Nizza 

Linus Krämer (v.l.), Andres Nellessen, Leon Hammes und Denis Schwarz in Nizza 

Kreis Euskirchen/Nizza – Sie fuhren nach Nizza, um ein Fußballfest zu feiern. Zunächst sah auch alles danach aus. Doch dann wurden die Fans aus dem Kreis Euskirchen Zeugen der fürchterlichen Ausschreitungen. Wie sie das Geschehen erlebten, erzählten sie uns am Tag danach.

Es muss schon einiges passiert sein, wenn ein echter FC-Fan nach dem ersten Europapokal-Gruppenspiel-Auftritt seines Vereins seit langer Zeit traurig und wütend zugleich sagt: „Hätten sie das Spiel abgesagt, wäre es uns auch egal gewesen.“

Doch als diese Zeitung am Freitagvormittag mit Denis Schwarz telefoniert, sagt er genau diesen Satz – und ergänzt: „Wir hatten keine Lust mehr auf Fußball.“

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Aus nur 50 Metern Entfernung die Randale erlebt

Der Gemünder und seine Freunde Linus Krämer, Leon Hammes (beide aus Ripsdorf) und Andreas Nellessen (Alendorf) wurden Zeuge dessen, was fortan als Schande von Nizza in den Analen des 1. FC Köln stehen dürfte. „Die Randale fand ungefähr 50 Meter hinter uns statt“, erzählt Schwarz während der Rückfahrt aus dem französischen Süden.

Er klingt ziemlich sauer: „Ein paar Kölner Hooligan-Affen und Chaoten von anderen Vereinen haben uns unser Fest gestohlen.“

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Als sie wahrgenommen hätten, dass sich auch Hooligans anderer Clubs an den Ausschreitungen beteiligten und nun Vermummte aus unterschiedlichen Lagern wild aufeinander einschlugen, hätten sie es mit der Angst zu tun bekommen: „Die liefen ja alle an uns vorbei“, erzählt der Gemünder.

Vorfreude auf das Spiel war bei den Fans aus der Eifel sehr groß

Dabei fing alles so toll an. Mit den Tickets zum „humanen Preis von 22 Euro“ (Schwarz) für den FC-Fanblock in der Tasche, trafen sie sich am Mittwochmorgen in Ripsdorf, um voller Vorfreude die Reise nach Nizza anzutreten. Fünf Jahre ist her, dass sie sich nach London und Belgrad aufgemacht hatten, „um den FC Köln zu sehen“, wie die Fans immer wieder singend internationale Auftritte ihrer Mannschaft herbeisehnen.

Endlich war es so weit! Der rot-weiße Schal hing standesgemäß aus dem Autofenster, er wehte durch Deutschland, Luxemburg und Frankreich.

FC-Präsident Werner Wolf die Hand geschüttelt 

„Und in Nizza war es dann richtig toll“, so Schwarz. Die vier Eifeler waren dabei, als Tausende FC-Fans den Platz an der Fontaine du Soleil mit ihren Trikots von oben aus gesehen in Rot färbten und anschließend unter Absingen kölschen Liedguts an der Promenade vorbei in Richtung Stadion zogen: „Da hat man zwei Kilometer lang nur rote Trikots gesehen. Das war sehr schön.“

Dass Nizzas Bürgermeister sich später über Kölner Gäste angesichts des von ihnen hinterlassenen Mülls beklagen wird, war da noch nicht abzusehen. Stattdessen freuten sich die Eifeler, in der Stadt FC-Präsident Werner Wolf die Hand schütteln zu können, wie Schwarz berichtet: „Wir haben ihm zugerufen: ,Werner, alles Gute’.“

FC-Fans distanzierten sich von den Chaoten

Alles super also, bis dahin. Doch alles mies, ab dann. Mit den Worten „Und auf einmal ging das los“ nimmt Schwarz’ Bericht die traurige Wende. Es habe einige Zeit gedauert, bis man sich dem Spiel einigermaßen habe widmen können. „Ganz möglich war es aber die ganze Spielzeit über nicht“, sagt Schwarz.

Stattdessen seien die wirklichen Fans damit beschäftigt gewesen, das hautnah Miterlebte zu verarbeiten. Auch die vier Eifeler stimmten in den Chor der Fans ein, die in Richtung der Chaoten riefen: „Wir sind Kölner und ihr nicht.“ Mehr Distanzierung gehe nicht, so Schwarz, wohlwissend, dass sich die gewaltbereiten, als Fans verkleideten Randalierer kaum da durch beeindrucken lassen.

Sie freuten sich auf das Spiel, doch einige Chaoten machten ihnen einen Strich durch die Rechnung: Kölner Fans im Gästeblock, die den Ausschreitungen hilflos zusehen mussten. 

Sie freuten sich auf das Spiel, doch einige Chaoten machten ihnen einen Strich durch die Rechnung: Kölner Fans im Gästeblock, die den Ausschreitungen hilflos zusehen mussten. 

Die Freude an möglichen Fußballfesten lassen sich Schwarz und seine Freunde aber auch nicht kaputt machen. Beim Heimspiel gegen Union Berlin am Sonntag seien sie wieder dabei. Und die Reisen zu den Conference-League-Spielen nach Slovácko und Belgrad stünden auch schon im Terminkalender.

Schock über die Gewalt sitzt bei Bad Münstereifelern tief

Die wird Markus Ramacher hingegen wohl nicht antreten. Zu tief sitzt der Schock über die Eindrücke von Nizza bei dem Bad Münstereifeler FC-Anhänger. Mit sieben Kumpels hatte er sich in Nizza getroffen. Auch sie mussten aus kurzer Entfernung mit ansehen, was sich auf den Rängen abspielte. „Wir haben dann versucht, einigen FC-Fans, die angegangen wurden, zu helfen.“

Das Spiel, das mit gut einer Stunde Verspätung angepfiffen wurde, hätten sie dann nur noch beiläufig wahrgenommen: „Immer wieder gab es Gerüchte, der Mann, der von der Tribüne gestürzt war, sei tot“, erzählt Ramacher.

Ohne Eintrittskarte ins Stadion gekommen

Andere hätten erzählt, draußen vor dem Eingang fände eine Messerstecherei statt: „Wir hatten Angst, das Stadion zu verlassen.“ Wie solle man da noch ein Fußballspiel unbefangen schauen! Es sei schwer zu durchschauen gewesen, aus welchen Lagern die Randalierer gekommen seien.

Sowohl Ramacher als auch Schwarz kritisieren die Organisation. „Die Chaoten sind einfach so ins Stadion gelassen worden, ohne dass sie ihre Tickets zeigen mussten. Da wurde überhaupt nicht kontrolliert“, sagt Ramacher. Auch er habe sich gewundert, ohne Vorzeigen der Eintrittskarte in die Arena gelangt zu sein. „Das war schon schwach“, bemängelt auch Denis Schwarz.

Gewalt auf den Rängen rückt FC-Spiel in den Hintergrund

Viel zu lange habe die Polizei dem Treiben zugesehen, bevor sie eingeschritten sei, so der Gemünder, der am Ende des Telefonats dann doch noch kurz aufs Spiel eingeht: „Mit dem 1:1 kann man zufrieden sein.“

Der FC, so seine Einschätzung, hätte nach der ersten Halbzeit 3:0 oder gar 4:0 führen müssen. „Dann wäre Nizza sicher nicht mehr wiedergekommen“, sagt Denis Schwarz über das Spiel, das an diesem Abend in den Hintergrund geraten war.

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