Vor kurzem hieße es: Der A1-Ausbau liegt auf Eis. Nun tagte der Koalitionsausschuss in Berlin – und im Kreis Euskirchen herrscht wieder Hoffnung.
Kehrtwende in BerlinKreis Euskirchener Abgeordneter hält zeitnahen A1-Ausbau für möglich

Doch noch ein Happy End für die „Unvollendete“? Auf NRW-Seite endet die Eifelautobahn seit 1982 bei Tondorf. Bis zur Anschlussstelle Kelberg klafft eine 25 Kilometer lange Lücke im Fernstraßennetz.
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Es ist noch keine drei Wochen her, als die Laune der Befürworter des A1-Lückenschlusses im Kreis Euskirchen einen mächtigen Dämpfer erhielt: Der Autobahnausbau in der Eifel sei eines der Projekte, für die das Geld fehle, verlautete aus Berlin – ein weiterer Rückschlag in der schier endlosen Geschichte rund um den Weiterbau der A1.
Landrat Markus Ramers sprach gar von einem „Schlag ins Gesicht der Eifel-Region“, von einem „echten Schock“ und einer „herben Enttäuschung“. Das Projekt, das seit mehr als 40 Jahren diskutiert, gefordert und von einigen abgelehnt wird, schien in noch weitere Ferne zu rücken.
Doch nun – knapp drei Wochen und einen schwarz-roten Koalitionsausschuss in Berlin später – keimt wieder Hoffnung auf. „Der Lückenschluss der A1 kann finanziert werden, sobald Baurecht vorliegt“, teilte der CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif am Donnerstag mit. Und das könne schon bald sein.
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Nun blicken alle nach Leipzig: Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Einwände
Zum 10,5 Kilometer langen Abschnitt zwischen Adenau und Kelberg, vollständig auf rheinland-pfälzischem Gebiet, werde in Kürze eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig erwartet, ein mündlicher Verhandlungstermin ist für November anberaumt. Sollte das Gericht die Widersprüche gegen den Planfeststellungsbeschluss für nichtig erklären, so Seif, könne die Baufreigabe im Anschluss zeitnah erteilt werden. Die Arbeiten am ersten von drei Bauabschnitten für den Lückenschluss könnten dann relativ schnell starten.
Auch Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hatte im August bei einem Vor-Ort-Termin am Autobahnende bei Kelberg im Landkreis Vulkaneifel betont, dass dort in spätestens in zwei Jahren die Arbeiten beginnen könnten, sofern dann Baurecht vorliege.

Beim Thema Lückenschluss ziehen Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (r.) und MdB Detlef Seif (beide CDU) an einem Strang.
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Denn am Geld werde es jetzt wohl nicht mehr scheitern, nimmt Seif den Ball am Donnerstag auf: Es wäre ja auch keinem Bürger mehr zu erklären gewesen, so der Abgeordnete, wenn durch einen entsprechenden Gerichtsbeschluss in Leipzig die Baureife gesichert wäre, es dann aber am Geld mangele. Schließlich werde der A1-Lückenschluss im Bundesverkehrswegeplan als vordringlicher Bedarf aufgeführt. Die Planungen seien ja auch immer weitergelaufen – unabhängig davon, dass vor drei Wochen plötzlich die Finanzierung auf der Kippe gestanden habe.
Rückblick: Bundesverkehrsminister Schnieder hatte im September für Aufsehen gesorgt, als er erklärte, dass zentrale Autobahnprojekte auf Eis gelegt werden müssten, weil das Geld im Haushalt fehle – darunter auch der Lückenschluss. Das wurde auch als Kritik an Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) aufgefasst. Der Stimmung in der schwarz-roten Bundesregierung tat das alles andere als gut. Die veranschlagten Kosten für den Lückenschluss liegen laut Schnieder bei rund 730 Millionen Euro.
Alles, was baureif ist, wird gebaut.
Woher kommt nun die erneute Kehrtwende? Nach der sagenumwobenen Sitzung des Koalitionsausschusses in der Nacht zum Donnerstag soll sich nicht nur die Laune der Parteispitzen gebessert haben, sondern auch die des Verkehrsministers. „Alles, was baureif ist, wird gebaut“, verkündete Schnieder am Donnerstag. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz betonte in einer Pressekonferenz, dass nun alle baureifen Maßnahmen starten könnten.
Sein Parteifreund Detlef Seif ist voll des Lobes für den aus der Vulkaneifel stammenden Minister Schnieder. Dessen öffentlicher Aufschrei habe womöglich dazu beigetragen, dass nun doch das Geld freigegeben werde – und drei zusätzliche Milliarden Euro für den Straßenbau zur Verfügung stehen.
„Seine Ehrlichkeit hat die schnelle Einigung ermöglicht. Patrick Schnieder hatte deutlich gemacht, dass diese Mittelfestlegung nicht ausreichend wäre, um alle baureifen Projekts zu finanzieren“, so Seif. Auch Merz (CDU) habe sich in einer der jüngsten CDU/CSU-Fraktionssitzungen klar für die Finanzierung der Autobahnprojekte ausgesprochen. „Der Auftrag lautete, hierfür auch im Haushalt einen Weg zu finden“, berichtet Seif.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz soll sich eingeschaltet haben
Der Weilerswister zeigte sich am Donnerstag zudem zuversichtlich, dass auch die Hürde Bundesverwaltungsgericht genommen werden kann. „Man weiß natürlich nicht, wie es ablaufen wird“, so Seif mit Blick auf den Termin in Leipzig: „Aber nach meiner Einschätzung hat man hier sehr gründlich gearbeitet.“ Es könne natürlich sein, dass hier und dort noch eine Nachbesserung erforderlich sei, erklärte der Bundestagsabgeordnete: „Aber die Autobahn GmbH und die früher in diesem Bereich tätigen Landesstraßenbetriebe haben immer sorgfältig gearbeitet, sodass meines Erachtens nicht damit zu rechnen ist, dass das grundlegend bemängelt wird.“
Das sieht der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen den Anschlussstellen Kelberg und Adenau geklagt hat, naturgemäß anders. „Europäische Schutzgebiete, Quellen und Fließgewässer würden geschädigt, die Klimakrise und die Hochwassergefahr verschärft“, wenn die A1 im Einzugsbereich der Ahr wie geplant ausgeführt werde, heißt es vom BUND-Landesverband Rheinland-Pfalz. Die Klagebegründung samt Gutachten umfasst rund 500 Seiten.
Expertin der IHK Aachen spricht von einem „tollen Signal“
Unterdessen gehen laut Seif die Planungen für den sechs Kilometer langen und ausschließlich NRW liegenden Abschnitt von Blankenheim bis Lommersdorf sowie länderübergreifend für den 9,4 Kilometer langen Abschnitt von Lommersdorf bis Adenau weiter. Für letzteren haben NRW und Rheinland-Pfalz in einem Staatsvertrag festgelegt, dass NRW bei der Planung die Feder führt. Sollten nun in absehbarer Zeit die Arbeiten am Abschnitt Adenau-Kelberg tatsächlich starten, „kämen wir dem Lückenschluss einen großen Schritt näher“, hofft Seif.
Auf eine zeitliche Schätzung wollte sich der Politiker jedoch nicht einlassen. Aus der Vergangenheit wisse er zu gut: „Da gibt es viel zu viele Unwägbarkeiten bei der Planung.“ Niemand könne in die Glaskugel schauen, sagte Seif: „Ich bin aber zuversichtlich: Wenn wir einen von drei Abschnitten schon mal in trockenen Tüchern hätten, sind wir dem Lückenschluss schon mal ein deutliches Stück näher.“ Bei Minister Schneider klingt das grundsätzlich ähnlich: „Wir schaffen Planungssicherheit, beschleunigen Genehmigungsverfahren und mobilisieren zusätzliche Mittel.“
Dass die Politik die Bedeutung erkannt hat, die der Lückenschluss für die Wirtschaftsunternehmen in der Region hat, sieht Monika Frohn, Senior-Spezialistin bei der Industrie- und Handelskammer Aachen, positiv: „Das ist ein tolles Signal, und das bewerten wir auch sehr hoch.“ Allerdings will sie sich nicht zu früh freuen und gibt zu bedenken: „Alles hängt jetzt davon ab, ob die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht abgewiesen wird.“