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„Blaue Engel“THW-Ortsverband Schleiden feiert doppeltes Jubiläum

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Markus Ramers steht in THW-Einsatzkleidung neben Daniel Schwarzer – beide grinsen.

Neue Einsatzkleidung des THW erhielt Landrat Markus Ramers vom Ortsbeauftragten Daniel Schwarzer.

Seit 75 Jahren gibt es die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. Vor 60 Jahren wurde der THW-Ortsverband Schleiden in Hellenthal gegründet.

Schleiden-Oberhausen 60. Geburtstage werden in der Regel groß gefeiert. Und wenn gleichzeitig noch ein 75. dazukommt, lohnt sich ein Fest auf jeden Fall. Wie beim THW-Ortsverband Schleiden, der dieses doppelte Jubiläum mit einem Festakt und Helferfest mit 150 Gästen im Bürgersaal in Oberhausen beging.

Ortsbeauftragter Daniel Schwarzer begrüßte neben seinem Vater Richard, der nicht nur sein Vorgänger, sondern mit seiner 57-jährigen Mitgliedschaft auch der dienstälteste Helfer des THW ist, auch den ersten Ortsbeauftragten Fritz Poensgen. Er hatte mit seiner Initiative die Gründung des Verbandes überhaupt erst ins Rollen gebracht.

Landrat Markus Ramers und Partner im Bevölkerungsschutz nahmen teil

Neben Landrat Markus Ramers und Vertretern des THW waren auch die Partner im Bevölkerungsschutz vertreten. Rotes Kreuz, Feuerwehr und die Polizei hatten Vertreter zu dem Festakt entsandt, ebenso die zivilen Partner des THW, etwa die Hilfsgruppe Eifel. Für Musik sorgte das Tambourcorps Oberhausen.

An die Vergangenheit erinnerte die Laudatorin Nadine Ogiolda, beim Landesverband Referentin Einsatz. Sie würdigte etwa das Engagement von Richard Schwarzer: „Er prägte den Ortsverband in 33 Jahren wie kaum jemand zuvor.“ Sie erinnerte an die Flutkatastrophe, als die Helfer trotz der Überflutung der Unterkunft und der widrigen Umstände Hilfe geleistet haben. Im Landesverband sei der Ortsverband Schleiden als zuverlässig bekannt. Auffallend sei die gute Zusammenarbeit mit den anderen Einrichtungen und Institutionen in der Region.

Ministerpräsident Hendrik Wüst schickte eine Videobotschaft

In einer Videobotschaft dankte Ministerpräsident Hendrik Wüst dem Ortsverband für sein Engagement, das er in zahllosen Einsätzen gezeigt habe, nicht zuletzt bei der Flutkatastrophe. „Das zeigt, wie wichtig das THW für die Sicherheit ist“, sagte er. Da verwundert es nicht, dass die Helfer viel Zeit in Ausbildung und Training investieren.

Nahaufnahme von Fritz Poensgen, der sich zur Kamera umdreht

Der erste Ortsbeauftragte war Fritz Poensgen.

Blick auf den vollbesetzten Saal der Bürgerhalle in Oberhausen.

Mit rund 150 Gästen feierte das THW sein Jubiläum.

Was würde gegen das permanente Feuerwerk an negativen Nachrichten helfen? Das fragte Landrat Markus Ramers in seiner Rede und zitierte den Kommentar einer jungen Frau, den er in einem Podcast gehört habe: „Ich bin dem THW beigetreten.“ Das löse vielleicht nicht alle Probleme weltweit, doch diese so lapidar klingende Antwort sei klug. Denn so könne man etwas dafür tun, dass die Menschen sich sicherer fühlen könnten.

Starke Gemeinschaft

75 Jahre THW, das sei eine Erfolgsgeschichte. Mittlerweile sei die Bundesanstalt eine unverzichtbare Säule im Bevölkerungsschutz. 88.000 Mitglieder hat das THW bundesweit, davon 22.000 in NRW, aber auch in Schleiden, sei eine starke Gemeinschaft mit 35 Aktiven, 15 Inaktiven und 99 Mitgliedern in der Helfervereinigung. So seien im vergangenen Jahr 14.000 Dienststunden geleistet und 25 Einsätze abgearbeitet worden. „Ehrenamt ist kein Hobby, ohne Ehrenamt geht es nicht“, so Ramers. Wie familiär es beim THW zugehe habe er bei seinen ersten Besuchen erfahren. Da habe er auch die Sandsackfüllmaschine kennengelernt: „Ich habe nicht für möglich gehalten, wie wichtig sie sein könnte.“

Die Grußbotschaft der Landessprecherin Clarissa Reich, die erfolglos versucht hatte, mit der Bahn anzureisen, verlas der Kreisbeauftragte der Städteregion Aachen, Thomas Johnen. Sie bezeichnete den Schleidener Ortsverband als familiären Verein, wobei die vielen Veranstaltungen dort nicht wegen der herausragenden Verkehrsverbindungen, sondern der Gastfreundschaft stattfänden. 60 Jahre Verlässlichkeit zeichneten den Verband aus.

In einer emotionalen Rede äußerte sich spontan Udo Meister, ehemaliger Bürgermeister von Schleiden und Ehrenmitglied der Helfervereinigung. Er hatte in seiner Amtszeit eingeführt, dass die Schleidener Bürgermeister den Vorsitz der Helfervereinigung übernehmen. Kennengelernt habe er das THW 2014, als der Ortsverband die Holzbrücke in Nierfeld provisorisch repariert habe: „Dieses Provisorium hat mehrere Jahre gehalten.“ Als „Blaue Engel“ bezeichnete er die Helfer und erinnerte an seine Erlebnisse aus der Flutnacht. Er sei mit seinem Wagen in Reifferscheid ins Wasser geraten und im Dunkeln zwei Stunden im Auto gefangen gewesen, bis das THW zur Hilfe gekommen sei.


Als THW-Ortsverband Hellenthal gegründet

1965 wurde der THW-Ortsverband Hellenthal von zwölf Bürgern gegründet. Seine erste Unterkunft war im Keller der Turnhalle. Dort wurde der VW-Bus untergestellt, über den die neue Einheit verfügte, und es gab einen Schulungsraum. Dort brachten sich die neuen Helfer mittels Schautafeln und der „Helferfibel“ die ersten Knoten, Stiche und Bünde bei. Erster Ortsbeauftragter wurde Fritz Poensgen.

1968 zog der Verband in die Alte Schule von Schnorrenberg um – die Unterkunft im Keller war zu klein geworden.   Dort allerdings konnten der VW-Bus und der neue Mannschaftslastwagen nicht untergebracht werden. Die fanden ihre Plätze in einer Garage in Udenbreth und einer Hellenthaler Scheune.

1979 wurde eine Halle in Hollerath gemietet, um den weiter angewachsenen Fahrzeugpark an einer Stelle unterbringen zu können. Da allerdings gab es aber keine Werkstatt und Verwaltungsräume, die erst noch von den Helfern errichtet werden mussten.

1985 folgte der bislang letzte Umzug in eine Halle mit angrenzendem Verwaltungstrakt in Oberhausen. Durch den Wechsel über die Kommunalgrenze hinweg erfolgte die Umbenennung in Ortsverband Schleiden. Diese Unterkunft wurde schließlich angekauft und ausgebaut.

Die Flutkatastrophe 2021 war der wohl größte Einsatz

Auch in der Leitungsebene gab es Veränderungen. 1968 löste Franz Franzen Poensgen als Ortsbeauftragten ab. Sein Nachfolger wurde 1983 Richard Schwarzer, der mehr als 30 Jahre bis 2015 an der Spitze stand. Seit seinem Rückzug hat sein Sohn Daniel das Amt übernommen.

Der erste Einsatz fand 1968 statt. An der Uferstraße in Gemünd wurden neun rund 40 Meter hohe Pappeln gefällt, die umzustürzen drohten und Häuser und Stromleitungen gefährdeten. Aufsehen erregte ein Einsatz des damals noch bestehenden Sprengtrupps zwei Jahre später, als der   einen rund 30 Meter hohen Schornstein in Blumenthal beseitigte. Viele Einsätze im In- und Ausland folgten.

Die Flutkatastrophe war der wohl größte Einsatz. Er begann für das Schleidener THW am Morgen des 14. Juli. Über viele Stunden wurden Sandsäcke gefüllt, die zuerst zur über die Ufer tretenden Vicht in Stolberg, später aber vor allem in die umliegenden Orte gebracht wurden. Am Abend wurde die Oberhausener Unterkunft überflutet, die Helfer mussten sich auf eine Mauer retten. Noch in dieser Situation kamen sie mit dem Radlader einer Frau zu Hilfe, die ihr Kind suchte – Mutter und Kind überstanden die Nacht unverletzt. Rund 6000 Einsatzstunden absolvierten die Helfer an diesem und den nachfolgenden Tagen.