Mehr als 1400 Kinder nahmen im Hardtwald bei Euskirchen-Stotzheim an den Waldjugendspielen teil. Sie lernten die Natur mit allen Sinnen kennen.
Jugendspiele für 1400 KinderViele Viertklässler aus Euskirchen waren noch nie im Wald

Um den Wald mit allen Sinnen erlebbar zu machen, mussten die Schülerinnen und Schüler seine Besonderheiten auch blind ertasten.
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Nur sehr zögerlich streckte Amelia ihre Hand in den blickdichten Holzkasten, um dessen Inhalt zu ertasten. Zu groß war die anfängliche Sorge darüber, es könnten sich entgegen den Beteuerungen ihrer Klassenlehrerin Spinnen- oder andere Krabbeltiere im Inneren befinden. Bald schon hatte die Neunjährige jedoch die ersten Kastanien erfühlt, und ein wissendes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Mit meinem Papa gehe ich oft in den Wald, und wir haben da immer richtig viel Spaß und schauen uns ganz viele Sachen an“, freute sich die Viertklässlerin. Für Klassenkameradin Mira hingegen bedeutete der Ausflug in den Hardtwald eine Premiere. „Ich war bis jetzt noch nie hier im Wald, aber es gefällt mir sehr gut. Es gibt überall was zu sehen, und ich würde gerne häufiger hierherkommen.“
Mehr als 1400 Kinder nahmen in Euskirchen an den Waldjugendspielen teil
Amelia und Mira gehörten diese Woche zu insgesamt 1420 Schülerinnen und Schülern, die im nahe Stotzheim gelegenen Hardtwald an den Waldjugendspielen teilnahmen. An neun Stationen sollten die Jungen und Mädchen unterschiedliche Aufgaben lösen, um dadurch den Wald und seine Bewohner kennenzulernen. „Das Angebot richtet sich an alle vierten Klassen, und dieses Jahr sind wieder 23 Schulen aus dem Euskirchener Raum beteiligt“, erklärte Dominik Gertzen vom Regionalforstamt Hocheifel/Zülpicher Börde.
„Die Kinder sollen dabei Erfahrungen dazu sammeln, was ein Wald überhaupt ist und wofür er da ist. Welche Tiere ihn bewohnen und warum es so wichtig ist, den Wald und die Natur zu schützen“, so Gertzen weiter.
Wir erleben es leider sehr oft, dass Kinder uns erzählen, sie wären noch nie im Wald gewesen.
Selbst im ländlich geprägten Raum der Voreifel seien derartige Vorkenntnisse längst keine Selbstverständlichkeit, fügte Sigrid Kücken hinzu, die Leiterin der Schule an der Hardtburg: „Wir erleben es leider sehr oft, dass Kinder uns erzählen, sie wären noch nie im Wald gewesen. Diese Lücke versuchen wir mit Aktionen wie den Waldjugendspielen zu schließen.“
An mangelnder Begeisterung sollte dieses Vorhaben jetzt jedenfalls nicht scheitern. Ausgestattet mit einem Fragebogen, marschierten die Schülerinnen und Schüler hoch motiviert zu ihrer ersten Station, um sich von den Experten der Rollenden Waldschule über die Wildtiere informieren zu lassen. „Welche Tiere tragen ein Geweih?“ oder „Wie nennt man ein junges Wildschwein?“ waren nur einige der zahlreichen Fragen, die der Nachwuchs an die Förster und Jäger richtete.

Klassenlehrerin Britta Meiborg (l.) ließ ihre Schülerinnen und Schüler unterschiedliche Baumarten anhand von Blättern und Rinde bestimmen.
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Neben diesem Frage-Antwort-Spiel durften die Viertklässler aber auch selbst aktiv werden. Um den Wald und seine Eigenarten mit allen Sinnen zu erleben, ertasteten sie Baumrinden und Walnüsse mit den Fingern, bestimmten Bäume anhand ihrer Blätter oder lauschten dem Singen der Vögel.
„Einige Kinder sind häufiger mit ihren Eltern im Wald, und das merkt man auch im Unterricht, wenn sie vieles von dem, was wir erklären, schon kennen. Das kommt leider aber immer seltener vor“, berichtete Britta Meiborg, Klassenlehrerin an der Euskirchener Grundschule Weststadt.
„Oft ist es eher fast schon erschreckend zu sehen“, so Meiborg weiter, „dass einige Kinder nicht einmal auf einem abgeflachten Baumstamm balancieren können oder im Wald auf unebenem Boden ganz unsicher auftreten, weil sie es nie zuvor gemacht haben.“ Entsprechend groß sei dann aber immer wieder die Vorfreude, sobald die Abenteuerreise in den Wald angekündigt wird. „Die Kinder sind vorher total aufgeregt und reden von nichts anderem mehr.“
Dies sei genau der Effekt, den sich die Verantwortlichen von den Waldjugendspielen erhoffen, betonte Clemens Pick, Kreisvorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW). „Vielleicht schaffen es die Kinder nach solch einem Tag, auch ihre Eltern mit der Begeisterung anzustecken und sie von einem Besuch im Wald zu überzeugen. Dann könnte auch dessen Bedeutung für uns alle wieder mehr in den Vordergrund rücken.“