Feucht-fröhliche FesteErinnerungen an die Brennerei Sieger

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Die Mitarbeiter der Sieger-Brennerei schätzten die familiäre Atmosphäre innerhalb des Betriebes. Hier die Belegschaft von 1959.

Die Mitarbeiter der Sieger-Brennerei schätzten die familiäre Atmosphäre innerhalb des Betriebes. Hier die Belegschaft von 1959.

Zülpich – Der „Alte Sieger“ aus der ehemaligen Zülpicher Schnapsbrennerei ist heute noch vielen bekannt, sowohl von feucht-fröhlichen Festen als auch von der Kindstaufe. „Nach der Kirche taufte mich mein Großvater zu Hause mit einem Gläschen «Alter Sieger» zu einem echten Zölleche Mädchen“, erzählte Margrit Adams-Scheurer vom Zülpicher Geschichtsverein. So widmete sich die monatliche Geschichtswerkstatt des Vereins am Freitagabend der Geschichte der Sieger-Brennerei und dem Sieger-Korn, Geschmacksprobe inklusive.

Drei ehemalige Mitarbeiter des Familienunternehmens hatten den Weg in die Zülpicher Landesburg, ehemals Sitz der Brennerei, heute Domizil des Geschichtsvereins, gefunden. Franz-Josef Schulte aus der Verwaltung, Brennermeister Dieter Mauß und Destillateurmeister Hans Flink erinnerten sich gerne an ihre Zeit in dem mit etwa 30 Beschäftigten sehr familiären Betrieb. „Es wurde viel gefeiert in unserem Hause“ schmunzelte Franz-Josef Schulte. So wurde etwa zum 150-jährigen Bestehen im Jahr 1964 in allen Zülpicher Gaststätten der Schnaps für nur zehn Pfennig verkauft.

1814 war die Kornbrennerei von Franz Joseph Sieger gegründet worden, der bereits eine Mühle in der Nähe von Bergheim besessen hatte und das überschüssige Getreide zur Herstellung von Kornbrand verwenden wollte. Sein Sohn Heinrich Xaver Sieger entwickelte die Brennerei zu einem größeren gewerblichen Betrieb mit Sitz in der Zülpicher Burg weiter. Deutschlandweit besaß die Kornbrennerei Sieger mit 4950 Hektolitern immerhin das zweitgrößte Brennrecht. Schwierig wurde es für das Unternehmen allerdings zu Kriegszeiten, als am Heiligen Abend 1944 große Teile der Burgbrennerei und des Wohnhauses bei Bombenangriffen zerstört wurden.

Nach dem Wiederaufbau übernahm Gunther Sieger in der fünften Generation die Geschäftsführung und führte die Brennerei in ihre Blütezeit. Mit neuen Geräten und modernisierten Anlagen konnte die Arbeiter bis zu 4000 Flaschen täglich abfüllen. Dieter Mauß erinnerte sich: „Den Übergang vom Henzedämpfer in den Vormaischbottich roch man in ganz Zülpich. Die meisten empfanden es als Gestank, aber ich roch es gerne.“ 3000 Liter reinen Alkohol stellte der Brennermeister jeden Tag her. Die Weingeist-Proben mit 96,5 Prozent Alkoholgehalt wurden zwischen den Händen verrieben, um die Wärmeentwicklung zu testen.

1980 wurde die Brennerei schließlich an die May-Werke verkauft. „Versiegt der «Alte Sieger»?“ titelte damals das Mitteilungsblatt für den Kreis Euskirchen. Obwohl die neuen Besitzer die Brennerei bestehen lassen und sogar in ein Museum umwandeln wollten, verfiel die Anlage bereits kurz nach dem Verkauf. Hans Flink erinnerte sich an die letzten Tage in der Burg: „Am Ende stand ein Tankwagen im Hof, da wurde alles zusammengepumpt und dann war alles vorbei.“ Mit dem Verkauf der Brennerei gingen auch der Name „Sieger“ und sämtliche Rezepte an die Firma May. Heute noch wird der „Alte Sieger“ im niederrheinischen Goch hergestellt, so dass die gut 30 Besucher der Geschichtswerkstatt auch eine Kostprobe nehmen konnten. Der Geschichtsverein freute sich schließlich noch über ein besonderes Geschenk: Helmut Meyer überreichte einen Original-Deckel des Brenngerätes.

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