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Künftige EnergiequellenZwei Eifeler sehen im Kreis große Wasserstoff-Potenziale

Lesezeit 5 Minuten
DPA Wasserstoffzug

Ein Wasserstoffzug wie dieser des französischen Herstellers Alstom wurde auf der Rurtalbahn getestet.

Kreis Euskirchen – Es hört sich an wie ein modernes Märchen: Mit Windrädern, die gerade nicht für die Stromproduktion benötigt werden, wird grüne Energie für die Erzeugung von Wasserstoff hergestellt. Dieser Wasserstoff wird dann für verschiedene Zwecke als Energiequelle genutzt und sorgt dafür, dass keine fossilen Brennstoffe mehr benötigt werden. Das ist kurz gefasst die Vision von Edgar Schloesser aus Schleiden-Scheuren und Peter Struben aus Schmidtheim. Der ehemalige HNO-Arzt und der frühere Lehrer machen sich schon seit Jahren Gedanken über alternative Antriebe für die Zukunft und setzen dabei voll und ganz auf grünen Wasserstoff.

„Die Eifel hat gute Voraussetzungen für die Produktion und den Einsatz von Wasserstoff“, sagt Schloesser. Es gebe zahlreiche Windkraft- und Fotovoltaikanlagen, die den nötigen Strom für die Herstellung des Wasserstoffs liefern könnten. Mit diesem könnten dann beispielsweise Busse und Bahnen angetrieben werden.

Vorbild für die beiden Männer ist der Kreis Düren, der schon seit einigen Jahren auf Wasserstoff als umweltschonende Antriebsform setzt. „Im Kreis Düren sind bereits fünf Busse mit Wasserstoff im Einsatz“, erklärt Pressesprecher Ingo Latotzki. „Künftig werden jedes Jahr 20 Dieselbusse gegen Wasserstofffahrzeuge ausgetauscht“, ergänzt Landrat Wolfgang Spelthahn. Die neuen Busse hätten eine hohe Reichweite und seien sehr komfortabel.

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Probebetrieb mit zwei Wasserstoffzügen

Im kommenden Jahr soll es zudem einen Probebetrieb mit zwei Wasserstoffzügen geben. Ein Testlauf mit einem Zug des französischen Herstellers Alstom sei erfolgreich abgeschlossen worden. „Die Ausschreibung für die Züge läuft“, sagt der Pressesprecher. Es könne aber 2024 werden, bis die neuen Fahrzeuge auch auf den Schienenstrecken anzutreffen sein würden: „Es gibt nur sehr wenige Anbieter für solche Züge.“ Die neuen Fahrzeuge sollen auch auf der Rurtalbahn eingesetzt werden. „Bei schweren und großen Fahrzeugen macht der Einsatz von Wasserstoff Sinn“, betont Landrat Spelthahn.

Parallel sei der Kreis dabei, die nötige Infrastruktur auszubauen. „In Jülich wurde einer der größten Solarparks in Nordrhein-Westfalen errichtet. Dort soll der grüne Wasserstoff hergestellt werden“, so Spelthahn. In Kürze solle auch die erste Wasserstofftankstelle an der Autobahn 4 eröffnet werden.

Kreis Düren will bis 2035 klimaneutral sein

Der Kreis Düren verfügt nach Angaben von Latotzki auch über drei Autos mit dem umweltschonenden Antrieb. An der zweiten Wasserstoffmesse im Brückenkopf-Park in Jülich vor gut einer Woche hätten mehr als 40 Aussteller teilgenommen. Dort seien unter anderem Busse, Autos und Fahrräder mit Wasserstoff präsentiert worden. „Erstmals wurden bei der Messe auch Unternehmen und junge Forscher mit Preisen geehrt. Ein Team der RWTH-Aachen wurde beispielsweise für die Entwicklung eines Wasserstoffautos mit großer Reichweite ausgezeichnet“, berichtet der Pressesprecher.

Riesiger Solarpark

Der neue Solarpark „Merscher Höhe“ in Jülich ist ungefähr 13 Fußballfelder groß und könnte mit seinen 17 000 Modulen und einer Leistung von 9,2 Megawatt Peak rein rechnerisch 2500 Drei-Personen-Haushalte mit Grünstrom versorgen. Künftig soll mit dem Sonnenstrom grüner Wasserstoff produziert werden. Dürens Landrat Wolfgang Spelthahn wies darauf hin, dass man mit der Energie des neuen Solarparks grünen Wasserstoff dezentral produzieren und diesen für die Rurtalbusse und -bahnen nutzen wolle. Zurzeit gebe es in Berlin nur ein vergleichbares Projekt in Deutschland. Dort sei man mit den Planungen jedoch zwei Jahre hinterher. 

„Im Brainergy-Park in Jülich haben sich zahlreiche Firmen angesiedelt“, freut sich der Landrat. Unter anderem würden dort Tanks für Wasserstoffzüge und andere Fahrzeuge hergestellt. So entstünden auch zahlreiche neue Arbeitsplätze. „Wir wollen dem Bürger beweisen, dass der Umstieg gelingen kann“, sagt Spelthahn. Der Kreis Düren wolle bis 2035 klimaneutral sein. Im ÖPNV-Bereich wolle man dies noch früher schaffen.

Eifeler sehen im Kreis Euskirchen mehr Potenzial

„Wir haben viel größere Potenziale für die Herstellung von grünem Wasserstoff als der Kreis Düren“, betont Struben. Im Kreis Euskirchen fehle aber jemand, der das Thema vorantreibe. „Wir würden uns vom Kreis mehr Unterstützung wünschen“, sind sich die beiden Wasserstoffpioniere einig. Entsprechende Förderprogramme müssten aufgelegt und Zuschüsse beantragt werden. Ziel sei es, dass im Kreis Euskirchen eine Wasserstoffindustrie auf die Beine komme.

Für die Herstellung des Wasserstoffs könnte laut Struben und Schloesser die Energie von Windrädern genutzt werden, die wegen fehlenden Netzausbaus oder weil der Strom gerade nicht benötigt werde, häufig abgeregelt werden müssten. „Allein in der Gemeinde Dahlem gibt es 21 Anlagen, die für die Herstellung des Wasserstoffs genutzt werden könnten. Der Wasserstoff könnte anschließend mit einer Pipeline oder per Lkw zum Schmidtheimer Bahnhof gebracht und dort zum Beispiel für den Zugverkehr genutzt werden“, erklärt Struben. Wasserstoff könne zudem auch als Speicher genutzt werden. Da er gasförmig oder flüssig sei, könne er auch gut transportiert werden.

Machbarkeitsstudie sieht zu wenig Wasserstoff-Potenzial

Die Planungen der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK), mit ihrer Busflotte auf Wasserstoff zu setzen und in Mechernich ein Aus- und Weiterbildungszentrum für klimaneutrale und digitale Mobilität zu errichten, werden von Struben und Schloesser begrüßt: „Die RVK ist auf dem richtigen Weg.“ 108 Wasserstoffbusse sollen bis 2025 den Fuhrpark des Unternehmens erweitern. 63 Millionen Euro will die RVK nach Angaben von Geschäftsführer Dr. Marcel Frank in die ehemalige Liegenschaft der Bundeswehr in Mechernich investieren. 90 Prozent davon werden gefördert.

Wenn es nach Struben und Schloesser geht, sollen auch die Züge auf der Eifelstrecke von Köln nach Trier mit Wasserstoff fahren. „Die bislang vorgesehene Elektrifizierung der Strecke mit Oberleitungen und Masten ist nicht mehr zeitgemäß“, kritisiert Schloesser. Zumal die Leitungen auch beispielsweise durch umstürzende Bäume beschädigt würden. Wasserstoff sei da die sinnvollere Alternative.

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„Wir haben zahlreiche Gespräche geführt“, sagen die Wasserstofffans. Alle Beteiligten von Landrat Markus Ramers über den Nahverkehr Rheinland (NVR) bis hin zu den Landtagsabgeordneten aus dem Kreis würden aber auf eine Machbarkeitsstudie verweisen, die im Auftrag des NVR erstellt worden sei und zu dem Ergebnis komme, dass in der Region nicht genügend Wasserstoff produziert werden könne. Dieses Resultat wird von Struben und Schlösser angezweifelt: „Wir haben mittlerweile Vorbehalte gegen die Worte Gutachter und Experte.“

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