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KommunalwahlNur ein OB-Kandidat in Leverkusen will die Gewerbesteuer anheben

4 min
Sechs Männer und eine Frau stehen an Stehtischen und debattieren vor Publikum.

Niklas Pinner, „Leverkusener Anzeiger“, moderierte, sechs OB-Kandidaten debattierten: Uwe Richrath (SPD), Benedikt Rees (Klimaliste), Valeska Hansen (FDP), Stefan Hebbel (CDU), Massimo Nigordi (parteilos) und Angelo Deckert (Die Partei, v.l.).

Die Unternehmerschaft Rhein-Wupper hatte fünf Oberbürgermeisterkandidaten und eine -kandidatin zur Debatte über städtische Wirtschaftspolitik eingeladen.

Aus Sicht von Arndt Krebs, Vorstandsvorsitzender des Arbeitgeberverbands der Metall- und Elektroindustrie Rhein-Wupper, hat die Stadt Leverkusen in der jüngeren Vergangenheit kommunalpolitisch so manches richtig gemacht. Immerhin landete die Stadt im NRW-weiten Vergleich beim Kommunalranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft auf Rang 5 von 396 Städten und Gemeinden. Doch wird das auch so bleiben? Wird Leverkusen unter einem neuen Oberbürgermeister oder einer neuen Oberbürgermeisterin wirtschaftspolitisch die richtigen Weichen für die Zukunft stellen? 

Um ihren Mitgliedern einen Eindruck zu verschaffen, wie sechs der OB-Kandidaten wirtschaftspolitisch ticken, hatte die Unternehmerschaft Rhein-Wupper zu ihren Mitgliederversammlungen am Dienstag ins Restaurant Gallodini nach Opladen. Uwe Richrath (SPD), Benedikt Rees (Klimaliste), Valeska Hansen (FDP), Stefan Hebbel (CDU), Massimo Nigordi (parteilos) und Angelo Deckert (Die Partei) legten in der von Niklas Pinner, Redaktionsleiter des „Leverkusener Anzeiger“, moderierten Diskussion dar, wie sie Leverkusen wirtschaftlich nach vorn bringen wollen.

Gewerbesteuer

In Sachen Hebesatz der Gewerbesteuer sind sich vier der sechs Aspiranten auf das Oberbürgermeisteramt einig: Ein niedriger Hebesatz, der aufgrund neuer gesetzlicher Vorgaben leicht von derzeit 250 auf 280 Basispunkte angehoben werden muss, „ist existenziell für Leverkusen“, wie es Oberbürgermeister Richrath formulierte. „Die (bislang) 250 Punkte sind ein Konjunkturprogramm.“ Deckert plädierte dafür, den Hebesatz an die Lohnsteuer zu koppeln, wobei offenblieb, was er damit konkret meinte. Rees hingegen nannte den niedrigen Satz „Steuerdumping“. Er warb dafür, die Gewerbesteuer abzuschaffen und die Kommunen zum Ausgleich neu oder stärker als bisher an anderen Steuereinnahmen zu beteiligen. 

Bürokratieabbau

Doch wie könnte Verwaltungsarbeit in Leverkusen beschleunigt werden, wollte Pinner wissen. Die Partei-Mann Deckert hat eine einfache Lösung: Er ist für mehr Personal im Rathaus. Die Liberale Hansen empfiehlt bei dem Stichwort den Blick in Kommunen, die es erfolgreich vormachen. „Warum haben wir keine Best-Practice-Koordinatoren, die Ideen aus anderen Städten übernehmen?“ Und sie fordert, Unternehmen, die jährlich die immer gleiche Genehmigung beantragen müssen, diese künftig für mehrere Jahre zu erteilen.

Auch Klimalisten-Mann Rees und Einzelbewerber Nigordi warnten davor, Digitalisierung als Allheilmittel bei der Entbürokratisierung zu betrachten. Die Verwaltung müsse auch auf genügend Personal setzen.

Amtsinhaber Richrath betonte, der Weg zu schnellerer Bürokratie sei Standardisierung. Der SPD-Politiker hofft, dass das Zusammengehen der städtischen Digital-Tochter IVL mit der Regio IT aus Aachen hier einen Schub bringt. Sein christdemokratischer Kontrahent Hebbel mahnte wie Hansen den Blick über den Leverkusener Tellerrand an. In Paderborn gelte ein Bauantrag automatisch als genehmigt, wenn es innerhalb von drei Monaten keine Rückmeldung gebe.

Standortbedingungen

Was macht eine Stadt wie Leverkusen für eine Unternehmensansiedlung attraktiv – abgesehen von der niedrigen Gewerbesteuer? Für Richrath ist die Antwort klar: Schulen, die baulich in gutem Zustand und gut ausgestattet sind und vor allem – ein gutes Angebot an Fachkräften. „Ohne Fachkräfte werden wir hier nicht nach vorn kommen“, so Richrath. CDU-Mann Hebbel hält dagegen wie FPD-Frau Hansen die zentrale Lage zwischen Köln und Düsseldorf und den niedrigen Gewerbesteuersatz für zwei der wichtigsten Pluspunkte der Stadt. Und er sieht ein Manko: „Wir haben zu wenig Wohnraum.“

Nigordi äußerte Zweifel, „ob wir die Vorteile der Stadt richtig ausspielen“. Er führte als Beleg den Zustand des Einzelhandels und der Gastronomie in der Stadt an: „Opladen und Wiesdorf sind sehr unattraktiv.“

Als Rees infrage stellte, „ob es den Chempark hier in alle Ewigkeit noch geben wird“ und für Strukturwandel warb, um die Stadt zukunftsfähig zu machen, bekam er Gegenwind von Hebbel und Richrath. Hebbel befand: „Wir dürfen die Zukunft des Chemparks nicht infrage stellen, weil wir sonst die Zukunft Leverkusens infrage stellen.“ Und Richrath kritisierte: „Es ist ein Reflex zu sagen, Leverkusen ist nur Chemie.“ Die Stadt zeichne sich durch eine große Diversität an Unternehmen aus. 

Leverkusens wirtschaftliche Zukunft

OB-Anwärterin Hansen hat keine Prioritäten bezüglich der Branchen, die sie nach Leverkusen holen will. „Wir brauchen eine breite, resiliente Unternehmerschaft“, befand sie. Da ist sich Hebbel im Prinzip mit ihr einig. Die anzusiedelnden Unternehmen sollten aber zur positiven Identifikation Leverkusens beitragen. Richrath warb für Leverkusen als Standort von Firmen der grünen Kreislaufwirtschaft. Covestro gehe da voran. Es gehe darum, als alter Chemiestandort neue Mittelständler in die Stadt zu holen.