Die Informationsverarbeitung Leverkusen soll fusionieren, bis dahin braucht sie einen Ersatz für den geschassten Chef Ulf Dunker.
DigitalisierungStreit um Leverkusens EDV-Tochter

IVL-Geschäftsführer Ulf Dunker (linkes oberes Bild) ist freigestellt – Prokurist Dirk Herzog (darunter) wird entgegen früherer Pläne die Lücke an der Spitze nicht füllen.
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Was ist los bei der Informationsverarbeitung Leverkusen? Geschäftsführer Ulf Dunker wurde im Frühjahr freigestellt, mit Ablauf des 31. August wird er auch formal abberufen. Über die Gründe für die Ablösung ist so gut wie nichts bekannt, das gilt sogar für den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der IVL, die zu 90 Prozent der Energieversorgung Leverkusen und zu zehn Prozent der Stadt gehört. Das erklärte Bernhard Marewski am Montagabend im Stadtrat. Der CDU-Politiker führt seit 20 Jahren die Aufsicht über die IVL, hat diverse Geschäftsführer kommen und gehen sehen bei der IT-Firma, die neben der EVL die Stadtverwaltung und Leverkusens Schulen mit Rechnern und Software versorgt, außerdem die Systembetreuung übernimmt.
Klar ist, dass die IVL mit derzeit rund 90 Beschäftigten an ihre Grenzen stößt – vor allem in Bezug auf die Digitalisierung der Stadtverwaltung. So steht es im vertraulichen Lagebericht, den Ulf Dunker am 18. Juni noch unterschrieben hat und der dem „Leverkusener Anzeiger“ vorliegt. Deshalb soll die IVL fusionieren, inzwischen ist ein passender Partner gefunden: Die Regio IT aus Aachen ist mit 750 Beschäftigten und einem Umsatz von zuletzt 165 Millionen Euro ungleich größer als die IVL. Von einer Fusion unter Gleichen kann also nicht die Rede sein, eher von einer Übernahme durch das Aachener Haus, das derzeit Filialen in Siegburg und Gütersloh unterhält.
Die Regio IT in Aachen steht als Partner bereit
Um diesen Zusammenschluss zu vollziehen, braucht es nach Überzeugung der Stadtverwaltung einen hauptamtlichen Geschäftsführer bei der IVL und keine Übergangslösung, wie sie seit April zieht: Prokurist Dirk Herzog führt im Moment die Geschäfte, soll aber abgelöst werden: Der Stadtrat befürwortete am Montagabend mehrheitlich den Vorschlag, Holger Breuer mit Wirkung zum 1. September als Geschäftsführer zu bestellen. Im Gegensatz zu Dunker, dessen Fünfjahresvertrag vom Herbst 2023 nur eineinhalb Jahre hielt, soll Breuer ein befristetes Arbeitspapier erhalten, das bis längstens zum Ablauf des 31. Dezember 2026 gilt. Spätestens dann soll der Zusammenschluss von IVL und Regio IT vollzogen sein.
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Um ihre Jobs in Leverkusen müssen sich die 90 IVL-Beschäftigten offenbar keine Sorgen machen. Sie räumen zwar ihre Zentrale, die auf dem Overfeldweg neben dem seit längerem nur noch zum Teil genutzten, alten Hauptsitz der Energieversorgung Leverkusen liegt. Die EVL hat selbst Bedarf, plant eigentlich einen Neubau an alter Stelle. Für das neue Domizil, das sagte jetzt EVL-Geschäftsführer Thomas Eimermacher dem „Leverkusener Anzeiger“, sei ein Mietvertrag über zehn Jahre abgeschlossen worden.
Neuer Geschäftsführer kommt von der EVL
Auch Breuer wird von der EVL entsandt. Er werde für seine Tätigkeit bei der IT-Firma von seinen EVL-Aufgaben freigestellt, hieß es. Über die Konditionen soll noch verhandelt werden. Der geschasste IVL-Chef Ulf Dunker bezog laut Geschäftsbericht ein Jahresgehalt von rund 211.000 Euro.
Dass zuletzt nicht alles rund lief bei der IVL, zeigt beispielhaft der Versuch, in der Stadtverwaltung ein Dokumentenmanagementsystem einzuführen. So etwas ist grundlegend für die weitere Digitalisierung von Prozessen. Die Probleme hätten zum einen in der Stadtverwaltung gelegen, die ihre Anforderungen nicht klar kommuniziert habe. Zum anderen habe sich die Software grundlegend geändert; auch viele andere Kommunen beklagten sich über „fehlende Qualität des Produktes, die Beratung durch den Hersteller sowie dessen unzureichende Verfügbarkeit“, heißt es in Ulf Dunkers letztem Lagebericht. Nach einer hakeligen Phase sei im vorigen März ein Test mit Endanwendern erfolgreich verlaufen. Das Dokumentenmanagement könne nun verwaltungsweit eingeführt werden. Das ist allerdings ein Jahr später als geplant.
Die Geschäftsergebnisse stimmen
Eine gute Note allerdings bekam die IVL in Sachen IT-Sicherheit. Die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen setzte die Stadtverwaltung unter 23 Kommunen auf Platz drei der geprüften kreisfreien Städte. 97 Prozent der geprüften Sicherheitskriterien seien erfüllt gewesen.
Immerhin: Über Umsatz und Gewinn der IVL kann man sich bei der Stadt und Energieversorgung Leverkusen freuen. Der Umsatz stieg von 25,6 auf 27,5 Millionen Euro. Dafür wurde allerdings Personal aufgebaut, wenn auch weniger als geplant. Ende 2024 hatte die IVL 91 Beschäftigte, davon sind drei Auszubildende. Im Jahr davor war die Belegschaft um fünf Personen kleiner. Das Geschäftsergebnis entwickelte sich besser als geplant. Vor Steuern erlöste die Gesellschaft 3,6 Millionen Euro Überschuss, nach Steuern bleiben 2,7 Millionen übrig. Das sind 1,4 Millionen mehr als geplant. Vom Überschuss sollen 1,7 Millionen Euro ausgeschüttet werden. Gemäß den Gesellschaftsanteilen fließt der Löwenanteil an die EVL: Weil sie 90 Prozent an der IVL hält, werden gut 1,5 Millionen Euro ausgeschüttet. Für die Stadt mit zehn Prozent der Anteile bleiben 170.000 Euro.
Im laufenden Jahr ist deutlich weniger zu erwarten: Die IVL geht davon aus, einen Überschuss von einer Million Euro vor Steuern zu erwirtschaften, nach Steuerabzug blieben 700.000. Allerdings, so heißt es im Ausblick, seien die „Ergebnisse sind wie in den Jahren vorher konservativ geplant, das heißt, sie werden wahrscheinlich übertroffen“. Trotzdem werde man das Niveau der Vorjahre bei weitem nicht erreichen.
Eine weitere Gehaltserhöhung für Marc Kretkowski hat der Stadtrat am Montagabend gestoppt. Die Gesamtbezüge des Wupsi-Geschäftsführers waren schon im Jahr davor rechtlich deutlich gewachsen: Einschließlich Dienstwagen und betrieblicher Altersversorgung beliefen sie sich laut Anhang des Geschäftsberichts 2024 auf 423.731,80 Euro. Im Jahr davor lagen sie bei 401.345,58 Euro.

Wupsi-Geschäftsführer Marc Kretkowski (rechts), hier mit Bürgermeister Bernhard Marewski
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Weil der Vertrag des 58-Jährigen nächstes Jahr ausläuft, wollen die Wupsi-Eigner Stadt Leverkusen und Rheinisch-Bergischer Kreis ein neues Arbeitspapier aushandeln, das am 31. Dezember 2030 endet. Zu verbesserten Konditionen, wie es in einer Vorlage an den Stadtrat hieß. Begründet wurde dies mit dem sich stetig vergrößernden Aufgabenfeld der Busgesellschaft, die inzwischen auch ein Leihrad- und ein Mietauto-System betreibt, außerdem den Fuhrpark der Stadtverwaltung managt. Zuletzt hatte sie über 600 Beschäftigte.
Eine weitere Aufstockung der Bezüge fand aber keine Mehrheit. Oliver Ruß – der Sozialdemokrat ist Betriebsrat des kommunalen Entsorgers Avea – berichtete von großen Sorgen in den Belegschaften städtischer Tochterunternehmen: Grund sei die desolate finanzielle Lage der Stadt Leverkusen. Man befürchtet auch bei den Töchtern Einsparungen. In dieser Lage seien Gehaltserhöhungen bei den Chefs der öffentlichen Unternehmen in Leverkusen „ein falsches Signal“, so Ruß.
Marc Kretkowski kam 2003 zunächst als Prokurist zur Wupsi und löste nach drei Jahren den aus Altersgründen ausscheidenden Vorstand Gerd Wasser ab.
Die Ära Hans-Jürgen Sprokamp endet. Der 67-Jährige gibt aus Altersgründen die Geschäftsführung bei den kommunalen Entsorgungsgesellschaften Avea und Reloga ab. Mit dem Jahreswechsel soll Anika Hagt die Geschäftsführung übernehmen. Die Kauffrau hat seit gut drei Jahren Prokura, leitet die Bereiche Personal, Abfallwirtschaft und Logistik bei der Avea, ist außerdem Sprecherin des Unternehmens.

Anika Hagt (links), hier mit Laura Schorn am „Schrank der Dinge“, wird nächstes Jahr neue Avea-Geschäftsführerin.
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Zu ihrer Bestellung, die in den Gremien der Avea bereits durchgewunken wurde, hatte im Stadtrat Benedikt Rees am Montag Fragen. Der Vertreter der Klimaliste vermisste einen Lebenslauf der Kandidatin, außerdem erwähnte er ein aus seiner Sicht auffälliges Verwandtschaftsverhältnis: Anika Hagt ist die Tochter des Landrats des Oberbergischen Kreises, Jochen Hagt. Auch die Avea ist durch die Verschränkung mit dem Bergischen Abfallwirtschaftsverband (BAV) in Oberberg tätig.
OB Uwe Richrath verwies auf Hagts Erfahrung seit 2020 bei der Avea und den einstimmigen Beschluss, den eine Findungskommission am 18. Juli gefasst hatte. In der hätte Anika Hagts Vater Jochen als BAV-Vorsteher sitzen müssen. Oberbergs Landrat ließ sich von seinem Kollegen aus Rhein-Berg, Stephan Santelmann, vertreten. Der Oberbergische Kreis wurde in der Findungskommission laut Auskunft der Leverkusener Stadtverwaltung durch Jürgen Marquardt repräsentiert, der Rheinisch-Bergische Kreis durch Roland Rickes, die Stadt Leverkusen durch Oberbürgermeister Uwe Richrath und die Ratsherren Stefan Hebbel (CDU) und Peter Viertel von der Bürgerliste.