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DebatteSo soll Leverkusen endlich digitaler werden

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Bunker an der Niederfeldstraße

Der Bunker an der Niederfeldstraße könnte ein Rechenzentrum beherbergen und so zu einem Symbol für die Digitalisierung in Leverkusen werden.

Der neue Geschäftsführer der Informationsverarbeitung Leverkusen zeigt sich selbstkritisch.

„Die IT-Kosten sind zu hoch.“ Holger Breuer, seit 1. September neuer Geschäftsführer der Informationsverarbeitung Leverkusen, fand am Montagabend klare Worte. Und das liege nicht nur an Kostentreibern wie der Umsatzsteuerpflicht und der Erwartung auf hohe Ausschüttungen. Zuletzt flossen 1,7 Millionen Euro an die Anteilseigner. Das sind die Energieversorgung Leverkusen, der 90 Prozent der IVL gehören, und die Stadt.

Breuer hat die Nachfolge des geschassten Vorgängers Ulf Dunker mit einer klaren Vorgabe angetreten: Er soll die mit 91 Beschäftigten recht kleine IT-Firma mit der wesentlich größeren Regio-IT in Aachen zusammenbringen. Das halte er für wichtig und richtig, daran ließ der Geschäftsführer im Finanzausschuss keinen Zweifel: Die IVL sei inzwischen „zu klein für die Komplexität der IT“.

Das sei mit Blick auf die Anfänge der Firma allerdings auch nicht weiter verwunderlich: Das Unternehmen wurde als Betreiber von Rechenzentren für die Stadt und die Energieversorgung gegründet. Inzwischen betreibt es eine riesige Anzahl von Rechnern in der Stadtverwaltung und bei der EVL, sorgt außerdem für die Computerinfrastruktur in Leverkusens Schulen. 

Die Informationsverarbeitung Leverkusen muss besser werden

Für den IVL-Geschäftsführer ist klar: „Die Stadt Leverkusen ist für uns der wichtigste Kunde.“ Und dieser müsse künftig besser versorgt werden. „Unser Ziel muss sein, die Stadtverwaltung in die Lage zu versetzen, besser zu digitalisieren.“ Denn auf diesem Gebiet gibt es deutliche Mängel. Das hat zuletzt die Untersuchung der Gemeindeprüfungsanstalt ergeben. Sie hat unter anderem den Digitalitalisierungsgrad in der Stadtverwaltung unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist dürftig. 

Zwar verfolge die Stadtverwaltung eine gute und nachvollziehbare Digitalstrategie, aber an der Umweltsetzung hapere es. Diesen Befund erläuterte am Montagabend im Ausschuss Michael Neumann von der GPA. Über Ansätze komme die Stadtverwaltung bei der Digitalisierung bis heute nicht hinaus. Da sei sie in den vergangenen Jahren arg ins Hintertreffen geraten, und das bei vergleichsweise hohen Kosten.

Gute Noten immerhin bei der IT-Sicherheit

Eine gute Note verdiene sich die Stadt Leverkusen im Vergleich allerdings bei der IT-Sicherheit. Dass auf diesem Gebiet in Nordrhein-Westfalen durchaus einiges im Argen liegt, hat sich zuletzt unter anderem in Burscheid gezeigt: Nach einer einer Cyberattacke auf die Südwestfalen-IT lag dort monatelang die gesamte Rechner-Infrastruktur brach. So etwas passiere, wenn viele kleine Unternehmen sich um die digitale Infrastruktur der Kommunen kümmern. Das liegt für den Spezialisten Neumann klar auf der Hand. Länder wie Baden-Württemberg, die lediglich zwei IT-Dienstleister für den öffentlichen Sektor haben, seien Beispiele, wie es besser und sicherer laufen könne.

Das sieht auch Dirk Loeb so. „Wir Wir müssen uns zentralisieren in der IT“, sagte der Sozialdemokrat am Montag. Es koste nur Zeit und Ressourcen, wenn in jeder Stadt einzeln an Digitalisierungslösungen gearbeitet werde. Das gilt aus Sicht von Malte Kemp (Linke) erst recht im anbrechenden Zeitalter der Künstlichen Intelligenz. Viele der immer gleichen Prozesse in der öffentlichen Verwaltung erscheinen wie geschaffen für den Einsatz von KI. Hinsichtlich dieser Wahrnehmung gibt es im Übrigen keinen Unterschied zwischen dem jetzt noch amtierenden Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) und seinem Nachfolger Stefan Hebbel (CDU). 

Deutlich wurde im Finanzausschuss aber auch, dass man in Sachen Künstliche Intelligenz im öffentlichen Sektor nicht auf die einschlägigen US-amerikanischen Anbieter setzen wird. Open AI oder Google kommen nicht vor. Sondern die Heidelberger Gründung Aleph Alpha. Nur dort sehen deutsche Behörden den Datenschutz gewährleistet.


Wie viel Gewerbesteuer fließt? Diese Frage hat seit dem Desaster im Spätsommer vorigen Jahres enorm an Bedeutung gewonnen für die Stadtverwaltung. Am Montagabend hieß es im Finanzausschuss von der Kämmerei, es eien für das komplette Jahr 2025 162 Millionen Euro von den Unternehmen zu erwarten. Einem Soll von 238 Millionen Euro ständen 76 Millionen als Abbuchungen gegenüber.

Weil nach der extremen Fehlkalkulation für 2024 Vorsicht gilt bei den Buchhaltern der Stadt, rechnet man für das gesamte Jahr 2025 mit 150 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Tatsächlich seien wurden bislang 95 Millionen Euro eingenommen.

Die akute Verschuldung der Stadt Leverkusen liegt derzeit noch unter der symbolisch wichtigen Grenze von einer Milliarde Euro für das laufende Jahr. Allerdings bestreitet die Kämmerei das komplette laufende Verwaltungsgeschäft aus kurzfristigen Krediten.

Derzeit hat man in der Fachabteilung viel zu tun mit der Aufstellung eines realistischen Haushaltsplans für das bald zu Ende gehende Jahr. Das ist verbunden mit einem Haushaltssicherungskonzept. Danach wird die extrem verschuldete Stadt nicht, wie eigentlich gefordert, nach einem Jahrzehnt wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben. Sie wird dafür nach heutigem Kenntnisstand 15 Jahre brauchen. So lange ist in allen Bereichen striktes Sparen angesagt.