Die grotesk unproportionale Kürzung bei den Aufwandsentschädigungen ist die nächste Attacke auf politische Minderheiten.
KommentarDie Methode Leverkusen: Politische Minderheiten schwächen


Wer im Stadtrat sitzt, muss Zeit mitbringen und viel Aufwand treiben. Das gilt besonders für Einzelvertreter. Sie sollen nun weiter geschwächt werden.
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Wer unbefangen auf das neue Politik-Sparpaket für den Stadtrat schaut, wird sich wundern: Einzelkämpfern wird die Aufwandsentschädigung um fast 85 Prozent gekürzt, bei den großen Fraktionen liegt der Abschlag deutlich unter zehn Prozent. Oder, um den Vergleich klarer zu machen: Die Arbeit eines Fraktionsmitglieds ist mit 9000 Euro im Jahr künftig fast viermal so viel wert wie die eines Einzelvertreters. Der sehr viel mehr zu tun hat. Und da ist der Sockelbetrag von künftig 60.000 Euro für die Fraktion noch nicht einmal auf einzelne Politiker umgelegt. Und auch nicht die Miete für das Fraktionsbüro.
Wer die internen Kämpfe im Leverkusener Rat schon länger beobachtet, ist weniger verblüfft. Mit der radikalen Kürzung ausschließlich bei den Vertretern von Minderheiten verlagert die Rathausspitze ein lange geübtes, äußerst fragwürdiges Prinzip nun in die finanzielle Kampfzone. Zuletzt nahmen die Großen im Stadtrat auf Anraten der Verwaltung den Einzelvertretern das Recht, eigene Anträge zu stellen. Damit hatte ein – wenn auch von wenigen Leverkusenerinnen und Leverkusenern – gewählter politischer Vertreter weniger Rechte als jeder Bürger: Der kann nämlich jederzeit einen Bürgerantrag stellen.
Geschäftsordnung schlägt Debatte
Zuvor wurde im Rat das Prozedere bei Diskussionen verändert, die sich möglicherweise unnötig in die Länge zogen. Wer „Schluss der Debatte“ beantragte, schnitt jedem Nachfolger das Wort weitgehend ab. Ebenso, wenn sich eine Vertagung abzeichnete.
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Schon vor Jahren hatte die übliche Mehrheit der Großen die Redezeit im Rat beschränkt. Auch das ging zu Lasten der Kleinen, denn in den großen Fraktionen konnte man sich ja abwechseln.
Diese Verschlechterungen für die Kleinen wären weniger problematisch, wenn sie nicht immer eine Konsequenz missliebigen Verhaltens gewesen wären: Der vieljährige Fraktionschef der Bürgerliste, Erhard Schoofs, nervte manchen und manche im Rat mit weitschweifigen Ausführungen, gerne auch zu unbequemen Themen. Der Einzelkämpfer Benedikt Rees zog sich in dieser Wahlperiode den immer größeren Zorn von Mehrheitsvertretern zu, weil er sich zu jedem Tagesordnungspunkt äußerte und eine Menge Anträge stellte. In beiden Fällen wurde also übliches, legitimes Verhalten in der Politik sanktioniert. Anders gesagt: Die Kleinen werden im Rat systematisch klein gemacht. Ein sehr schlechtes Signal.