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Inklusives Wohnangebot in LeverkusenMeilenstein für Großprojekt in Rheindorf

4 min
Finn, Tom und Moses mit Britta Engelhardt vor der Baustelle in Leverkusen-Rheindorf.

Finn, Tom und Moses (v.l.n.r.) sind die ersten drei Bewohner des Projektes „Unter einem Dach“, das von Toms Mutter und Bauherrin Britta Engelhardt (r.) vorangetrieben wurde.

Tom, Moses und Finn werden 2026 das Haus beziehen, seit mittlerweile sechs Jahren arbeitet Bauherrin Britta Engelhardt an dem Plan.

Drei glückliche junge Männer sowie eine Mutter und Bauherrin, die nach einem Meilenstein ihres Lebens erst einmal durchatmet. Vor mittlerweile sechs Jahren begann Britta Engelhardt, an dem Projekt „Unter einem Dach“ zu arbeiten. Engelhardt ist nicht nur Bauherrin und der personifizierte Antrieb der Initiative, sondern auch Mutter eines Bewohners des Hauses in Rheindorf.

Aktuell dominieren noch Gerüste und Bauarbeiten die Szenerie „Am Hohen Ufer“, ab Juli 2026 sollen dann insgesamt acht Menschen in dem Neubau wohnen. Drei von ihnen stehen schon fest – Engelhardts Sohn Tom ist 23, mit seinem künftigen Mitbewohner Moses (24) ging er einst schon in einer Klasse. Der dritte Bewohner im Erdgeschoss ist der 19-jährige Finn.

Inklusives Wohnprojekt von Elterninitiative und Dienstleiter Jovita

Was das Wohnprojekt besonders macht: Es ist ein inklusives Wohnangebot. Das Vorhaben ist es, „Menschen mit teilweise komplexen Behinderungen sowie Menschen ohne Behinderung und mit geringem Einkommen“ unter einem Dach zu beherbergen – so plant es der Verein „Unter einem Dach“ gemeinsam mit Jovita Rheinland, einem Dienstleister für Menschen mit Behinderung. Die Elterninitiative und Jovita unterzeichneten am Donnerstag, 16. Oktober, den Kooperationsvertrag für das Projekt in Rheindorf-Süd.

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Seit 2019 arbeitet Engelhardt an der Umsetzung der Idee, für ihren Sohn, der an ataktischer Zerebralparese leidet und deswegen in Sachen Feinmotorik stark eingeschränkt ist, ein besonderes Wohnumfeld zu schaffen. Der Gedanke, Tom mit teils jahrelangen Wartezeiten in einer Wohnsituation unterkommen zu lassen, in der nicht gesichert ist, ob er sich darin wohlfühlt, gefiel ihr nicht. Seitdem arbeitet sie unter dem Credo: „Wenn du es so willst, wie es jetzt ist, musst du es halt selbst machen.“ Damit begann erst einmal eine eineinhalbjährige Suche nach einer Immobilie in Leverkusen, bis sich 2021 die Möglichkeit ergab, die Baustelle in Rheindorf zu besuchen.

„Sonntags kam der erste Kontakt, dienstags die Besichtigung“, schildert Engelhardt, die, wie sie erzählt, auf Verwunderung stieß, als sie sofort zustimmte, das Bauprojekt zu übernehmen. Zu lange lief die (erfolglose) Suche schon, um bei einem Treffer nicht direkt zuzuschlagen. In den vergangenen vier Jahren ist natürlich einiges passiert – mittlerweile steht das dreistöckige Haus, barrierefrei gebaut, mit einem Aufzug, der auch schon eingesetzt ist. Im Erdgeschoss kommen Tom, Finn und der am Down-Syndrom erkrankte Moses unter.

Das Zimmer von Tom im Wohnprojekt „Unter einem Dach“.

In weniger als einem Jahr soll hier der 23-jährige Tom einziehen.

Zunächst sollen dann drei weitere Personen mit Behinderung für das inklusive Wohnprojekt gefunden werden, die dann ins erste Obergeschoss einziehen – der Prozess, die Konstellation herauszukristallisieren, läuft und wird von Jovita betreut. Abschließend sind noch zwei Plätze zu vergeben, hierfür sind Menschen mit einem Wohnungsberechtigungsschein eingeplant. Engelhardt gefiel der Gedanke, dort möglicherweise ein älteres Ehepaar unterkommen zu lassen, das Freude daran hat, mit den jungen Menschen zu interagieren – und ihnen zu helfen, die Herausforderungen des Alltags zu bewältigen. Allerdings zeigen sich die Verantwortlichen da offen. Da es in der Etage zwei einzelne Schlafzimmer gibt, besteht kein Zwang, ein Paar einziehen zu lassen.

Unterstützt wird das Wohnprojekt noch von einem Dienstleiter, der ein Zimmer im ersten Obergeschoss bezieht – und als Unterstützung für die Bewohnenden mit Behinderung fungieren soll. Dabei haben alle ihr eigenes, kleines Reich. Bei Toms Zimmer handelt es sich um einen 42 Quadratmeter großen Raum mit eigener Küchenzeile. Zudem gibt es jeweils Gemeinschaftsräume in den unteren beiden Etagen, um die gemeinsame Interaktion zu fördern.

Engelhardt betont, dass die Kooperation mit Jovita die Prozesse für sie deutlich erleichtert. So profitiert das gemeinsame Projekt von der Expertise und Erfahrung des Dienstleisters bei Personalfragen und Dokumentation für die Bewohnerinnen und Bewohner – zumal es bei vielen Aspekten im Lebensalltag von Menschen mit Behinderungen einen engen Austausch mit den Behörden geben muss.

Das Projekt wird durch Fördergeld der NRW-Bank sowie der inklusiven Bauprojektförderung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) mitfinanziert, insgesamt sei über die beiden Bautöpfe eine Summe von rund 1,9 Millionen Euro zusammengekommen, berichtet Engelhardt. In weniger als einem Jahr sollen ihr Sohn Tom, Moses, Finn und die bis dahin gefundenen weiteren Bewohnenden des Hauses in Rheindorf-Süd einziehen. Dass der aktuell geplante Bezugszeitpunkt des 1. Juli 2026 eingehalten wird, da sind alle Beteiligten zuversichtlich.

Aktuell geht Engelhardt sogar davon aus, dass die Fertigstellung früher erfolgt – nach dann sieben Jahren Arbeit an dem Projekt wird es für sie dann aber vermutlich nicht mehr auf die eine oder andere Woche anzukommen. Beim Termin anlässlich der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages machte die Initiatorin deutlich: Ein gewisses Empfinden von Stolz und Erleichterung fühle sie zwar schon, vollumfänglich habe sie den Meilenstein aber noch nicht realisiert. Das dürfte dann in den kommenden Wochen und Monaten nach und nach folgen.