Kognitive BeeinträchtigungWarum ein Leverkusener Paar 39 Jahre auf seine Hochzeit warten musste

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Ilona und Janosch Bogatzki

Endlich: Nach 39 Jahren heiraten Ilona und Janosch Bogatzki.

Es war Liebe auf den ersten Blick. Doch das Paar aus Quettingen musste lange auf den großen Hochzeitstag warten.

Zwischen Ilona und Janosch funkte es direkt. An einem Samstag im Juni 1984 ging Ilona bei „bestem Kaiserwetter“ spazieren, als sie Janosch schon von weitem sah. Für beide war es Liebe auf den ersten Blick. Schon kurze Zeit später planten sie ihre gemeinsame Zukunft. Doch auf die Hochzeit mussten sie lange warten: Fast genau 39 Jahre nach ihrem ersten Treffen, am Montag, 8. Mai, geben sich Ilona und Janosch Bogatzki in Wiesdorf endlich das Ja-Wort.

Hochzeitswunsch wurde Leverkusenern lange Zeit verwehrt

Die zukünftigen Eheleute können nichts dafür, dass sie so lange auf ihre Hochzeit warten mussten. Beide haben eine kognitive Beeinträchtigung. Der Spaziergang, bei dem sie sich kennenlernten, war auf dem Gelände einer psychiatrischen Klinik, in der sie lebten. Mittlerweile leben sie in einem Wohnhaus des Landschaftsverbands Rheinland (LVR).

Dem LVR zufolge gingen Ilona und Janosch an Heiligabend 2005 die Verlobung ein. Doch Ilonas Verwandte akzeptierten Janosch wegen seiner polnischen Abstammung nicht und stellten sich dem Hochzeitswunsch in den Weg. Weil Ilona ein Mensch mit Behinderung ist, konnte sie rechtlich nichts dagegen unternehmen.

Faktisches Heiratsverbot für Menschen mit Behinderung

Das Gesetz benachteiligte lange Zeit Menschen mit Behinderung. Beispielsweise mussten die, die arbeiten gingen und auf Sozialhilfe angewiesen waren, einen Großteil ihres Einkommens abgeben. Mehr als 2600 Euro durften sie nicht ansparen. Alles andere als eine Motivation, arbeiten zu gehen.

Die Sozialhilfe wurde auch von dem Gehalt des Partners abgezogen, sodass vieles an den Staat verloren ging. Das, obwohl Deutschland bereits 2009 die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ratifiziert hatte. Experten und Hilfsorganisationen sprachen von einem faktischen Heiratsverbot.

Das gemalte Portrait von Ilona und Janosch Bogatzki.

Ein Geschenk für Ilona und Janosch Bogatzki gibt es bereits: ein gemaltes Porträt des Brautpaars.

Mit dem Bundesteilhabegesetz, das bis 2020 in Kraft getreten ist, können Ilona und Janosch im Alter von 65 und 66 Jahren ihren Wunsch nach der Hochzeit endlich in Erfüllung bringen. Wegen der Corona-Pandemie musste die für Mai 2020 geplante Hochzeit ein letztes Mal verschoben werden. Doch für den großen Tag am Montag steht den beiden zukünftigen Bogatzkis nichts mehr im Weg.

Ein Geschenk für das Brautpaar steht auch bereits fest. Ilona ist seit einigen Jahren blind. Ein gemaltes Bild der beiden soll ihr die Möglichkeit geben, das Porträt anhand der Konturenränder nachzufühlen.

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