KultbandsElement of Crime, The Baseballs und Incognito bei Leverkusener Jazztagen

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Rockabilly zwischen Elvis und Stray Cats. The Baseballs wissen, wie man ein Konzert standesgemäß zelebriert.

Rockabilly zwischen Elvis und Stray Cats. The Baseballs wissen, wie man ein Konzert standesgemäß zelebriert.

Leverkusen – Er macht einen recht entspannten Eindruck, dieser Sven Regener, beim kurzen Gespräch vor dem Auftritt seiner Band Element Of Crime. Sein Blick geht im Backstage-Zimmer in den Katakomben des Forums immer wieder mal kurz Richtung Spiegel. Wohl um zu checken, ob die Friese sitzt.

Bloß nicht uncool

Und nebenbei philosophiert der Musiker und Bestseller-Autor („Herr Lehmann“, „Neue Vahr Süd“) locker über das Musizieren und wechselt sich dabei stetig ab mit seinem Gitarristen Jakob Ilja. Ob sie sich denn bewusst seien, dass Element Of Crime vielen Menschen als Kultband gelten und so ein Konzert wie dieses für die Jazztage schon etwas Besonderes sei? „Sich selber als Kult zu bezeichnen ist uncool“, antwortet Regener ohne lange nachzudenken.

Aber okay: Ob der Texte und der Musik könne er verstehen, wenn Menschen Element Of Crime als speziell ansehen würden. Und damit spricht der Mann Wahres an: Allzu viele Bands dieser Machart gibt es ja tatsächlich nicht in einem Land, in dem Die Toten Hosen und Die Ärzte und Rammstein regieren – und neben ihnen vielleicht noch die meist mehr irrelevanten denn relevanten Betroffenheits-Jungbarden.

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Später auf der Bühne zeigen Element Of Crime denn auch, was sie ausmacht: Verrückte, humorvolle, melancholische, skurrile und aus dem Leben gegriffene Geschichten erzählen sie – dezent in Indiepop und ein bisschen Jazz und Folk gekleidet – mit Regener als Redner vorneweg. Geschichten von Parties am Schlesischen Tor in Berlin, von Gewittern über der Stadt. Und von der Provinzeinöde in Delmenhorst, von der Leverkusen zwischen all diesen Rheinmetropolen ja auch hier und da etwas hat. Wunderbar ist das. Etwas Großes in der Jazztage-Historie.

Zwischen brillant und unkollegial: Element Of Crime.

Zwischen brillant und unkollegial: Element Of Crime.

Wenn da nur nicht dieser seltsame Umstand wäre, das Element Of Crime vor dem Auftritt kurzerhand das ganze Auftrittskonzept über den Haufen schmeißen und die Vorband namens Das Paradies eines gehörigen Teils ihrer angedachten Spielzeit berauben, um selber früher loslegen zu können.

Ungehörig und unkollegial

Unkollegial ist das. Ungehörig. Uncool. Und so gar nicht zu dieser hervorragenden Band passend, die Musik mit Poesie derart gekonnt und liebevoll verbindet wie nur wenige. Aber manchmal ist das Musikerbusiness eben doch nur das Musikerbusiness.

Und zu dem gehören seit jeher auch Fantum und Rock’n’Roll und die ganze Palette des Durchdrehens. So wie das The Baseballs einen Tag darauf zeigen. Oder besser: zelebrieren. Die, die ihnen nachreisen, sitzen schon morgens vor dem Forum mit Schmalzhaartolle und in Jeans oder Petticoat.

Und sie feiern dann ein Konzert, bei dem sich diese Typen durch den klassischen Rockabilly wuseln. Man hört all die wichtigen Referenzen raus: Elvis natürlich. Johnny Cash. Die Stray Cats mit Brian Setzer. Es gibt „Blue Suede Shoes“ ebenso auf die Ohren wie eine Coverversion von Michael Jacksons „Bad“, bei der der Kontrabass wummert und die Telecaster-Gitarre ihren typischen „Twang“-Sound jault. Und am Ende könnte dieser Auftritt auch alleine stehen und einen Augenblick denkt man sich, dass die nachfolgenden Incognito als die eigentlichen Hauptdarsteller des Abends jetzt nicht mehr zwingend sein müssten.

Stammgäste im Terrassensaal: Die britische Soul-, Funk- und Acid-Jazz-Truppe Incognito.

Stammgäste im Terrassensaal: Die britische Soul-, Funk- und Acid-Jazz-Truppe Incognito.

Aber dieses Gefühl dauert nicht lange. Denn Incognito – Stammgäste der Jazztage und seit 40 Jahren mit dem unverwüstlichen Frontmann Jean-Paul „Bluey“ Maunick unterwegs – sind schlichtweg zu gut, um sie einfach sein zu lassen. Die Energie, die dieses britische Kollektiv in den Funk und Soul und Acid Jazz steckt und die schließlich in Rhythmus überführt wieder beim Publikum ankommt, ist enorm.

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Incognito machen zu jeder Sekunde einen Heidenspaß –auch weil sie selber zu jeder Sekunde einen Heidenspaß zu haben scheinen. Und wäre es nicht so, dass tags darauf noch Gentleman und Al di Meola aufträten, wäre diese Show bereits ein würdiger Abschluss der Jazztage. Mehr Rasanz geht nicht.

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