Überfall auf Leverkusener HotelFamilie der Ex-Affäre soll Angeklagten erpresst haben

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Landgericht Köln

Leverkusen – „Ich bin einfach so, eher emotionslos“, sagt Stefan M. (Name geändert) vor dem Landgericht Köln. Der 30-Jährige verfolgt das Verfahren gegen sich fast ungerührt, sein Blick geht oft ins Leere. Das Vorstrafenregister des Angeklagten reicht zurück bis ins Jahr 2011. Delikte von Betrug und Urkundenfälschung bis zur Körperverletzung. Diesmal geht es um schweren Raub.

Am 30. Januar 2020 wählt Stefan M. in der Nacht gegen 3 Uhr die Nummer des Best Western Leoso Hotel in Leverkusen. Die Mitarbeiterin Swetlana S. (Name geändert) nimmt den Hörer ab. „Es wäre mir lieber gewesen, jemand anderes wäre drangegangen“, sagt der Angeklagte beim Prozess. Er kennt Frau S., über zwei Jahre hinweg telefonierten sie immer wieder miteinander. Stefan M. war Angestellter in einem Leverkusener Hotel. Wenn bei ihm keine Zimmer mehr frei waren, rief er bei Swetlana S. an.

„In 26 Jahren habe ich das nur zwei Mal erlebt“

In der Nacht Ende Januar gibt Stefan M. sich am Telefon nicht zu erkennen, nennt sich „Herr Meisner“. Er fragt nach einem Einzelzimmer und verabredet mit Swetlana S., in 20 Minuten am Hotel zu sein. Die 50-Jährige lässt den vermeintlichen Gast herein. Als sie ihm auf dem Weg zur Rezeption den Rücken zudreht, zieht sich Stefan M. einen Schal ins Gesicht. Er lässt ein 20 Zentimeter langes Messer aus seinem Ärmel gleiten und sagt: „Das ist ein Überfall!“ Frau S. ist perplex und ungläubig, fragt: „Ist das ein Scherz?“ Mit 1040 Euro in Scheinen flieht der gebürtige Kölner aus dem Hotel.

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Als er seiner Freundin von der Tat erzählt, rät sie ihm, sich zu stellen. Stefan M. ruft seinen Verteidiger an und geht schon am nächsten Tag zur Polizei. „In 26 Jahren habe ich das nur zwei Mal erlebt, das sich jemand stellt, obwohl er wahrscheinlich davongekommen wäre“, so die Verteidigung vor Gericht. Er habe einen Schlussstrich ziehen wollen, sagt der Angeklagte.

Familie der Ex-Affäre drohte Stefan M.

Das Leben verläuft für ihn schon lange unstet. Schulabbruch nach der 11. Klasse, keine Ausbildung, eine frühe Vaterschaft. Das Sorgerecht für den heute zwölfjährigen Sohn hat die Mutter alleine. Stefan M. hat als Nachtportier gearbeitet und in der Gastronomie. Einer Freundin vermittelte er Freier, stellte dafür seine Wohnung zur Verfügung. Der Gewinn wurde geteilt. Später kam es mehrfach zum Streit, Stefan S. würgte die junge Frau. Sie rief die Polizei. „Wissen sie wie geil das ist, wenn man jemanden würgt und er dann ohnmächtig wird?“, soll er zu Polizisten gesagt haben.

Zwischenzeitlich lebte er auf Mallorca, seit Ende vergangenen Jahres ist Stefan S. zurück in Leverkusen. Die Familie einer Ex-Affäre habe ihn unter Druck gesetzt, wollte 5000 Euro, führt der Angeklagte für sich ins Feld. Es habe Drohungen gegen seine langjährige Freundin gegeben. „Wir bringen die um, wir wissen wo sie arbeitet“, hätten Mitglieder der Familie zu ihm gesagt. „Ich kann das einschätzen, ob jemand sowas ernst meint. Das wäre schlecht ausgegangen“, sagt Stefan M.. Der Überfall sei „spontan“ gewesen. Er wollte das Geld, um seine Freundin zu schützen.

Opfer arbeitet noch in Hotel - „Mir geht es gut“

Als Zeugin tritt die Hotelangestellte Swetlana S. auf. „Mir geht es gut“, sagt sie immer. Auch nach dem Überfall arbeitet sie weiter in dem Wiesdorf Hotel. An Stefan M. als früheren Kollegen erinnert sie sich nicht. Einen „Eiertanz“ nennt selbst der Verteidiger die Worte, die Stefan M. als Entschuldigung an das Opfer richtet.

„Sie haben Glück, einen so maßvoll arbeitenden Staatsanwalt zu haben“, sagt der vorsitzende Richter zu ihm bevor er das Urteil verkündet. Vier Jahre Haft, ohne Bewährung. Als der Vorsitzende den Tathergang nochmals herleitet, umspielt ein spöttisches Lächeln den Mund von Stefan M..

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