„Der 1. Mai gehört auf die Straße“IG Metall und Aktionsbündnis nähern sich an

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Die Gruppe Sauti Afrika spielte auf dem Lindenplatz – und brachte Generationen gemeinsam auf die Bühne.

Die Gruppe Sauti Afrika spielte auf dem Lindenplatz – und brachte Generationen gemeinsam auf die Bühne.

Gummersbach – Für die einen ist es der „Tag der Arbeit“ und des Arbeitnehmers , für die anderen ein Tag der internationalen Solidarität. Zwischen diesen beiden Positionen lagen am Mittwoch wenige hundert Meter: Während auf dem Lindenplatz in der Gummersbacher Stadtmitte ein Bündnis verschiedener Gruppen und Organisationen den 1. Mai würdigte, hatte die IG Metal auf den Hof des Gewerkschaftshauses am Singerbrink eingeladen.

„Wir verstecken uns doch nicht“, regierte dort Werner Kusel, Erster Bevollmächtigter der Gewerkschaft, auf Vorwürfe, seine Organisation wolle sich abspalten und sich nicht mit dem Aktionsbündnis zusammentun. „Aber wir lassen uns von unserem Zusammenhalt auch nicht abbringen“, ergänzte Kusel mit Blick auf den „gemütlichen Rahmen“. Der Tag heiße schließlich „Tag der Arbeit“ und sei kein „Tag der Riesenpolitik“.

Warnung vor „Polemik auf blauen Plakaten“

Etwa 200 Oberberger waren dieser Einladung gefolgt, darunter auch Gäste aus den Reihen des SPD-Kreisverbands und der Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft. Gleichwohl denke die IG Metall darüber nach, mit ihrer Mai-Kundgebung auf die Straße und in die Mitte der Kreisstadt zurückzukehren – und dann auch mit dem Bündnis zu kooperieren. Kusel: „Abgeneigt sind wir jedenfalls nicht.“ Solche Worte schienen auf dem Lindenplatz gern gehört. Da war die Rede von einer E-Mail aus dem Gewerkschaftshaus, in der eine gemeinsame Veranstaltung zum 1. Mai fast schon bestätigt werde. Das sieht Kusel indes anders (s. Kasten).

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Forderte Einsatz für Europa: Haydar Tokmak (M.), Gewerkschaftssekretär der IG Metall Gummersbach.

Forderte Einsatz für Europa: Haydar Tokmak (M.), Gewerkschaftssekretär der IG Metall Gummersbach.

Für die rund 11.500 Mitglieder starke IG Metall im Oberbergischen ergriff dann Gewerkschaftssekretär Haydar Tokmak (36) das Wort unter dem Titel „Europa – Jetzt aber richtig!“, dem bundesweiten Gewerkschaftsmotto. Er ließ erfolgreiche Tarifrunden in etlichen Branchen Revue passieren und betonte die große Bedeutung der anstehenden Europa-Wahl: „Die Idee eines geeinten Europas ist schon wie lange nicht mehr in Gefahr.“ Werner Kusel forderte dagegen, dass Europa eine „starke Schutzmacht für Arbeitnehmer werden müsse“, erinnerte daran, dass 60 Prozent aller in Oberberg hergestellten Industrieprodukte Exportwaren seien und warnte vor falschen Wahlversprechen: „Polemik auf blauen Plakaten am Straßenrand ist keine Alternative.“

Nachdenken über den 1. Mai 2020

„Wir werden über den 1. Mai 2020 sicher neu nachdenken – aber nicht vor Dezember“, kündigt Werner Kusel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Gummersbach, auf Nachfrage an. Kusel betont zudem, dass er bisher nichts Weiterführendes zu einer gemeinsamen Veranstaltung auf dem Lindenplatz gesagt oder geschrieben habe. „Denn es sind ja viele Fragen zu klären, vor allem in der Organisation.“

Ausrichter der Veranstaltung „Es lebe der 1. Mai“ war am vergangenen Mittwoch ein Bündnis von Parteien und Organisationen, zu dem dem sich etwa der Kreisverband Oberberg von Grünen/Bündnis 90, die Linke, die Gruppe „Aufstehen“, die Alevitische Gemeinde und das Alevitische Kulturzentrum, der Kurdische Kultur- und Sportverein sowie die Föderation Demokratischer Arbeitervereine zusammengetan hatten. (höh)

Vor einer „Renaissance des Faschismus“ warnte auf dem Lindenplatz derweil der Kabarettist Özgür Cebe. Der Wahl-Kölner mit türkischen, armenischen und kurdischen Wurzeln („Das sind gleich drei Feinde in einem Körper!“) bekannte, dass er sich für die heutige Situation in der Türkei schäme. Die war in den Vorträgen mehrfach Thema, sowohl auf Deutsch und Türkisch. Cheforganisator Aziz Kocyigit von der Föderation Demokratischer Arbeitervereine rief auf Türkisch ebenso zu internationaler Solidarität auf wie Jan Köstering (die Linke), der die Veranstaltung eröffnet hatte. Zudem betonte Kocyigit, dass die Veranstaltung auf dem Lindenplatz der IG Metall keine Konkurrenz machen soll: „Aber der 1. Mai gehört auf die Straße und nicht in den Hinterhof.“ Er freue sich, wenn man 2020 zusammenkäme. Auf dem Lindenplatz setzte sich auch ein Demonstrationszug mit – nach Schätzungen der Polizei – etwa 150 Teilnehmern in Bewegung. Später gab es Musik und Speisen aus aller Herren Länder.

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