Hinter den KulissenGladbacher Schauspieler Hans-Martin Stier über sein bewegtes Leben

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Aus seinem Leben plaudert und singt Hans-Martin Stier im Kirchgarten der Gladbacher Gnadenkirche.

Bergisch Gladbach – Er fängt an mit dem Schlussmachen. Genauer: Mit dem Ausstieg aus seiner Rockband „Törner Stier Crew“, nachdem er 1981 bei einem Konzert im Rheinpark gespürt hat, dass der Auftritt „mit nichts als dem Verlangen nach Anerkennung gefüllt“ war.

Was folgt, ist ein spannender, wechselvoller weiterer Lebensweg zwischen Schauspielbühnen, Musik und Rollen in Fernseh-, Kinofilm- und sogar Hollywoodstreifen, auf die Hans-Martin Stier die Zuschauenden am Samstagabend im Kirchgarten der evangelischen Gnadenkirche „hinter die Kulissen“ entführt. Garniert mit passenden Rocksongs.

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Begleitet wird Sänger und Schauspieler Hans-Martin Stier in seinem neuen Programm  „Hinter den Kulissen" unter anderem von Thom Brill und Thomas Lensing.

Denn die Musik ist auch nach dem Bandausstieg 1981 stets ein wichtiges Element im Leben von Stier geblieben. Schon auf der anschließenden Motorradtour durch Deutschland traf er seine vormaligen Bandkollegen durch Zufall wieder, sah ein Festival-Plakat, dem zufolge sie an einem Tag mit Frank Zappa und den Simple Minds auf der Bühne standen. Stier kannte noch einen der Security-Leute und kam in den Backstage-Bereich und sang am Ende sogar noch eine Zugabe mit seiner alten Band vor 80.000 Zuschauern.

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„Wir haben mehr Applaus als Zappa bekommen“, erinnert er sich und stimmt mit seinen Musikern den Beatles-Klassiker „With a little help of my friends“ in der Rockversion von Joe Cocker an. Die rund 120 Gäste im Kirchgarten gehen begeistert mit.

Mit Axel Prahl im Opel von 1904 durch den verschneiten Thüringer Wald

Ob er von den Tücken spricht, einen Opel aus dem Jahr 1904 für den Kinofilm „Stella und der Stern des Orients“ mit Axel Prahl auf dem Beifahrersitz durch den verschneiten Thüringer Wald zu steuern, oder von den Dreharbeiten für eine TV-Krimi-Folge von „Polizeiruf 110“ in einem heruntergekommenen Hochhaus in Offenbach, in dem immer wieder ein verstörter Bewohner ins Set platzt – die Besucher sind hautnah eingebunden in die Erinnerungen des 71-jährigen, der nach langer Zeit in Berlin heute mit Frau und Familie in Bergisch Gladbach lebt.

Zum Gastspiel in der Kultur- und Gottesdienstoase hinter der evangelischen Gnadenkirche sind zahlreiche Freunde und Verwandte gekommen. Darunter auch Enkel Carlo, der vergnügt vor der Bühne tollt, während Opa humorvoll von den Dreharbeiten in der Provence erzählt, bei denen ihn ein Anruf seiner Agentin zu einem Casting für die Hollywood-Produktion „Tristan & Isolde“ ereilte: „Du bekommst morgen mit einem Boten ein Drehbuch, nimm ein Video mit den angemarkerten Stellen auf, es muss aber bis übermorgen in Berlin sein.“

Was für eine Chance – und zugleich was für ein Mist. Denn Stier war fernab jeder Möglichkeit, ein Video aus der Provence „mal eben“ nach Berlin zu bringen, schließlich war Nationalfeiertag in Frankreich.

Glücksbegegnung bereitet den Weg in Hollywood-Produktion

Fast wäre er verzweifelt, hätte er nicht zufällig James getroffen, der nicht nur ein eigenes Digitalstudio besaß, sondern auch vor 20 Jahren schon so schnelles Internet, dass Stier seine Casting-Video rechtzeitig nach Berlin übertragen konnte. Noch vor dem Anruf seiner Agentin kam einer der Kostümabteilung des Hollywood-Teams: Stier hatte die Rolle in der Produktion mit Regisseur Kevin Reynolds.

„Ich war eine Woche lang wie besoffen vor Glück“, erinnert sich Stier und setzt mit Stefan Kaspring (Keyboards), Thom Brill (Gitarre) und Thomas Lensing (Percussion) zu „I wanna be a movie star“ an.

Vom Schwertkampf in Island bis zur Rolle in der „Rocky Horror Show“

Über den Köpfen der Band hängen Plakate von Filmen, darunter auch der Wim-Wenders-Streifen „Himmel über Berlin“. In dem mimte Stier einen sterbenden Motorradfahrer, die Zuschauer im Kirchgarten nimmt er ausführlich mit in die Gepflogenheiten am Filmset – und in das Drama davor, als er sich bei den damals noch von den Schauspielern selbst zu führenden Gagen-Verhandlungen fast verzockt hätte („Wegen ein paar Mark hätte ich fast einen Film mit Wenders sausen lassen“).

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Ob Schwertkamp-Szenen in Island, für die Stier Tipps von Stuntmen bekam, oder „Hexenjagd“ auf der deutschen Theaterbühne, ob Shakespeares „Was ihr wollt“, oder Dr. Scott in der „Rocky Horror Show“ – es gibt kaum etwas, was Stier noch nicht gemacht hätte und mit handgemachter Musik authentisch lebensnah präsentiert. Kräftiger Applaus für einen, der sein Fazit musikalisch zieht: „I feel good.“  

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