Vielerorts in Deutschland werden Moore wieder renaturiert – so auch der Gierather Wald bei einem Mitmach-Projekt des Bundes für Umwelt.
Für den KlimaschutzProjekt will Moor in Bergisch Gladbach wieder nass machen

Die Teilnehmer des Projekts arbeiten im Gierather Wald an einer Holzwand zur Absperrung eines Entwässerungsgrabens.
Copyright: Henning Kaiser/dpa
Was auf den ersten Blick wie ein alter Weg durch das Unterholz aussieht, ist ein alter Entwässerungsgraben. Beim Laufen sinkt der Gummistiefel ein paar Zentimeter in den schwarzen weichen Boden ein. Beim nächsten Schritt gibt der Boden den Stiefel dann nach etwas Widerstand wieder frei. Ein leichtes Schmatzen ist stellenweise beim Laufen zu hören.
Es geht um das Moor, das hier im Gierather Wald in Bergisch Gladbach vor langer Zeit mit einem Netz aus Gräben kreuz und quer durchzogen wurde, um das Wasser abzuleiten und Forstwirtschaft zu betreiben. In einem mehrjährigen Mitmach-Projekt des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) NRW geht es nun um die Renaturierung von Mooren. Freiwillige können anpacken.
Mit Spaten, Akkuschrauber und Hammer kommen die Freiwilligen
An dem Herbsttag kommen zehn Leute zusammen, um mit dem bereitgestellten Werkzeug – Spaten, Akkuschrauber, großer Hammer – Grabenverschlüsse zu bauen. Auf dem Waldweg entsteht der Rohbau aus acht Brettern und einigen Querlatten. „Wir fangen erst mal mit acht an und dann kommt noch was dazu. Das hat sich als die perfekte Technik erwiesen“, sagt Nina Kliemek vom BUND.
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Teilnehmerin Maren bepflanzt einen Damm.
Copyright: Henning Kaiser/dpa
Der Gierather Wald ist kein Einzelfall, vielerorts in Deutschland werden Moore wieder vernässt, wie Franziska Tanneberger von der Universität Greifswald und Leiterin des Greifswald-Moor-Centrum feststellt. „Ich finde dieses Projekt wunderbar, Menschen zu ermöglichen, sich zu engagieren. Es passiert viel, es müsste aber noch viel mehr passieren.“
Nur vier Prozent der deutschen Moorfläche sind wiedervernässt
Von der gesamten Moorfläche in Deutschland sind nach ihren Angaben bisher nur vier Prozent wiedervernässt. „Über 90 Prozent sind trocken“, betont Tanneberger. „Bei einer Gesamtfläche von fast zwei Millionen Hektar braucht es auch große Technik wie Bagger, um schneller voranzukommen“, erklärt sie. Die Gesamtfläche entspricht etwa der Größe von Rheinland-Pfalz oder Sachsens.
„Es geht am Ende darum, dass man die Entwässerung stoppt. In der Regel werden die Gräben, die das Wasser abführen, komplett zugeschüttet oder es werden Barrieren errichtet“, schildert die Expertin. Durch die Entwässerung würden einige Eigenschaften eines Moores allerdings irreversibel verändert.
Das Problem sind dicke Wurzeln und Steine tief im Untergrund
„Den Klimaschutzaspekt kriegen wir aber bei einer Vernässung fast sofort wieder – ein trockenes Moor emittiert CO2, ein nasses Moor nicht. Ganz im Gegenteil, es kann CO2 aufnehmen und als Torf, also dicht gepackten Kohlenstoff, neu im Boden einlagern“, erklärt sie. „Das sind Investitionen in die Zukunft.“ Die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt dauere länger.

Ein kleiner Damm aus dem Jahr 2024 blockiert im Gierather Wald bei Bergisch Gladbach einen Entwässerungsgraben.
Copyright: Henning Kaiser/dpa
Zurück in den Gierather Wald. Die Gruppe hat sich auf mehrere Baustellen aufgeteilt. Unter den Freiwilligen ist an diesem Ferientag Maren, die an einer Schule arbeitet. Sie ist das erste Mal dabei, hat auf Instagram von dem Projekt gelesen. Abwechselnd mit Marketingfachmann Fabian Maier treibt sie die Bretter auf einer gezogenen Linie mit dem großen Hammer in den Boden. Das Problem dabei sind dicke Wurzeln und Steine tief im Untergrund. Einige Bretter drohen trotz seitlicher Führung durch Feder und Nut aus der Reihe zu tanzen. Am Ende sind 17 bis zu einem Meter lange Bretter erforderlich, um das Sperrwerk auf ungefähr zwei Metern Breite zu errichten. Wenn es nur noch millimeterweise vorangeht, ist die Stauschicht in der Tiefe erreicht.
Nach etwa 2,5 Stunden ist einer von vielen Grabenverschlüssen fertig
Fabian ist zufrieden mit dem Ergebnis, „bis auf die Zahnlücke in der Mitte“. Kurzerhand wird als „Pflaster“ für den Grabenverschluss ein zusätzliches Brett vor die kleine Lücke gesetzt, damit hier nicht das Wasser durchrauschen kann. Das Erdmaterial zum Stabilisieren der Holzkonstruktion muss Fabian mühevoll mit dem Spaten aus der stark durchwurzelten Seite des Grabens ausheben.
In der Zwischenzeit haben andere Teilnehmer haufenweise Äste, Moos und Gräser gesammelt. Nachdem die Holzwand mit einer Säge oben begradigt und unter einem Erdhügel verschwunden ist, wird ein Netz aus Kokosfasern darüber gelegt. Dann kommen die Pflanzen und Äste oben auf. Nach etwa 2,5 Stunden inklusive Pause ist einer von vielen Grabenverschlüssen in dem Moor fertig.
Wetter und Grabenbreite spielen eine Rolle
Wenn Starkregen kommt, fließe das Wasser hier nicht mehr mit vollem Schwung raus in den nächsten Bach und den nächsten Fluss, verdeutlicht Kliemek den Effekt für den Hochwasserschutz. „An einem guten Tag schaffen wir sechs“, sagt BUND-Projektkoordinator Martin Grund. Das Wetter müsse mitspielen. Auch die Grabenbreite ist ein Faktor.
Im Naturschutzgebiet Gierather Wald ist besondere Umsicht gefragt. „Das ist ein minimalinvasiver Eingriff“, erklärt Grund. „Wir benutzen deshalb absichtlich keine schweren Maschinen – alles zu Fuß und per Handarbeit. Also mit weniger Eingriff geht es nicht“, unterstreicht der Projektkoordinator. Und nach wenigen Stunden sei der Einsatz vorbei.
Schwerpunktmäßig kommen Frauen unter 30 und Männer über 60 dazu
Auf der Bergischen Heideterrasse, einem Landschaftsband zwischen Ruhr im Norden und Sieg im Süden, entstanden seit 2023 mit Hilfe von Freiwilligen insgesamt mehrere Hundert Grabenverschlüsse, wie Grund überschlägt. „Die Bereitschaft ist groß.“ In den Sommerferien meldeten sich erfahrungsgemäß die wenigsten Freiwilligen, weil dann zahlreiche Familien in den Urlaub fahren.

Teilnehmer der Mitmach-Aktion bauen einen Damm in einem Entwässerungsgraben.
Copyright: Henning Kaiser/dpa
Nach den Erfahrungen von Herbert kommen schwerpunktmäßig Frauen unter 30 und Männer über 60 zu den Einsätzen. Für den 68-Jährigen ist es schon das 28. Mal. Er wolle einen kleinen Betrag für den Naturschutz und den Klimaschutz leisten. „Das Arbeiten in der Gruppe motiviert ja auch wieder, weiterzumachen.“
Weideflächen für Wasserbüffel könnten in Mooren angelegt werden
Für Fabian Maier ist der Arbeitseinsatz ein Heimspiel. Der gebürtige Kölner ist in frühen Jahren nach Bergisch Gladbach und hat als Kind hier oft gespielt. „Lerne ich immer mehr zu schätzen mit den Jahren, wie nah das Grüne einem eigentlich ist.“
„Oft ist die Herausforderung, dass viele Eigentümer beteiligt sind“, sagt Tanneberger zu den Hürden bei Moorprojekten. Dann könne es um die Frage gehen, „was für ein Geschäftsmodell ist etwa auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche bei einer Vernässung des Moores noch möglich“. Der Handel mit CO2-Zertifikaten wäre eine Möglichkeit, Pflanzen für Baustoffe eine weitere. Auch Photovoltaik oder Weideflächen für Wasserbüffel wären im Einzelfall denkbar. (dpa)

