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„Belastungen nehmen zu“Selbsthilfe-Kontaktstelle in Bergisch Gladbach hat viel zu tun

Lesezeit 3 Minuten
Offizielle Eröffnung der Selbsthilfe-Kontaktstelle im Rheinisch-Bergischen Kreis.

582 Anfragen und Kontakte zählten die Akteure im vergangenen Jahr, hier ein Foto zur Einweihung der Kontaktstelle.

Zum Angebot der Selbsthilfe-Kontaktstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands NRW gehören 100 Selbsthilfegruppen in Rhein-Berg.

In der Selbsthilfe-Kontaktstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands NRW zeigt sich oft schneller als sonst irgendwo, wie sich eine Gesellschaft verändert – mit welchen Problemen, Ängsten und Krankheiten dies für einzelne einhergehen kann. Zum Angebot gehören 100 Selbsthilfegruppen im Rheinisch-Bergischen Kreis.

„Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft dafür, mit welchen Nöten die Menschen befasst sind“, sagt Nicole Stein, Leiterin der Selbsthilfe-Kontaktstelle mit Sitz an der Odenthaler Straße 19 in Bergisch Gladbach. Erst vor ein paar Tagen habe sich ein verzweifelter Anrufer gemeldet. Er wisse nicht, wie er mit den steigenden Energiekosten umgehen solle, und befürchte immer weiter in finanzielle Not zu geraten.

Die finanziellen und psychischen Belastungen nehmen zu.
Nicole Stein, Leiterin der Selbsthilfe-Kontaktstelle mit Sitz an der Odenthaler Straße 19 in Bergisch Gladbach

„Die finanziellen und psychischen Belastungen nehmen zu“, stellt Nicole Stein fest. Immer mehr Menschen suchten in der aktuellen Situation nach drei Jahren Corona-Pandemie, der Flutkatastrophe und Unsicherheiten durch den Ukraine-Krieg Kontakt zu Selbsthilfegruppen. „Insbesondere im Spektrum sozialer Themen wie Angst, Kinderlosigkeit und Leben im Alter entstehen zahlreiche neue Gruppen“, berichtet Stein.

Alles zum Thema Corona

Jüngste Neugründung seit Weiberfastnacht: die New Beginners, eine Gruppe von Menschen um die 60 Jahre alt, die Auswege aus der Einsamkeit suchen, etwa durch den gemeinsamen Besuch von Veranstaltungen. Die Gründung einer Gruppe für jüngere Leute sei bereits in Planung, sagt Stein.

Auch Corona setzte auf vielgestaltige Weise neue Themen. Im Januar 2022 hat sich eine Gruppe „Post-Covid, Long-Covid“ formiert. Zwölf Frauen und Männer, die sich zu dieser Krankheit, die den Körper und die Seele lähmt, bei ihren Treffen selbst Informationen suchen. Sich durch das Miteinander und den Erfahrungsaustausch gegenseitig stützen.

Rhein-Berg: 1582 Anfragen zu 73 Themen

„Eine Frau ist sogar nach einer Reha kaum eine Treppe hochgekommen. Der Arzt hat ihr das nicht geglaubt“, erzählt Nicole Stein. In der Gruppe der Leidensgenossen haben die Betroffenen das Gefühl, verstanden zu werden, nicht mehr alleine zu sein. Sie können über ihre Probleme sprechen und von den Erfahrungen anderer profitieren.

Seit Anfang 2022 können auch soziale Selbsthilfegruppen im Rahmen eines neuen Förderbudgets des Rheinisch-Bergischen-Kreises finanzielle Zuwendungen erhalten, etwa zur Finanzierung für Referenten oder Präsentationen in der Öffentlichkeit. Krankheitsbezogene Gruppen wie zu Krebs oder Suchterkrankungen werden dagegen von den Krankenkassen gefördert. Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen ist kostenfrei.

Vergangenes Jahr zählten die Helfer der Kontaktstelle 1582 Anfragen und Kontakte im gesamten Portfolio von 73 Themen für Betroffene und Angehörige, in dem Erkrankungen beziehungsweise Abhängigkeiten einen zentralen Platz einnehmen. Sie wurden mit 41 Prozent am stärksten nachgefragt. 32 Prozent der Anfragen erfolgten für die Bereiche psychische Erkrankungen und Lebenskrisen sowie 27 Prozent auf soziale Themen.

Bergisch Gladbach: Umzug in die Odenthaler Straße im vergangenen Jahr

„Wir sind hier die Kontaktstelle für Menschen, die ein Anliegen haben“, sagt Stein. Beratung gebe man nicht nur inhaltlich, sondern auch was die Gründung einer Gruppe angehe. Mit dem Umzug 2022 in die Odenthaler Straße, zentral gleich neben der Parkpalette an der Buchmühle gelegen,   konnte das bisherige Büro zu einer Selbsthilfe-Kontaktstelle erweitert werden. Neben einem Beratungsraum gibt es hier jetzt auch einen Gruppenraum, der Selbsthilfegruppen aus dem gesamten Kreisgebiet zur Verfügung gestellt werden kann.

Vera Kaselofsky verstärkt als dritte Fachkraft das Team, um Selbsthilfe-Angebote noch besser zu unterstützen etwa bei der Raumsuche, der Organisation der ersten Treffen, bei der Antragstellung für Förderungen und der zielgenauen Vermittlung in Gruppen, aber auch zu anderen Beratungsstellen oder Ärzten.

„Manche Gruppen bevorzugen es aber auch, sich online zu treffen“, berichtet Vera Kaselofsky. So wie die ADHS- Gruppe, die sich während des Corona-Lockdowns zusammengeschlossen hat.

Die freiwilligen Zusammenschlüsse, die selbstorganisiert agierten, dies betont Nicole Stein, seien aber ausschließlich „eine Ergänzung professioneller medizinischer Hilfe und kein Ersatz für eine Therapie.“ Eine Therapie sei aber keine Bedingung für die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe.

Nähere Informationen unter (02202)9 36 89 21 oder per E-Mail, selbsthilfe-rbk@paritaet-nrw.org

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