Purple SchulzGlessen gibt ihm Kraft

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Wirt Ingo Pulichino (r.) gehört zu seinen besten Freunden.

Wirt Ingo Pulichino (r.) gehört zu seinen besten Freunden.

Bergheim-Glessen – Wenn Rüdiger Schulz, besser bekannt als Purple Schulz, seine Heimat vorstellen soll, dann beginnt das ganz zwangsläufig bei ihm zu Hause, einem Häuschen mit kleinem Garten in Glessen. „Hier schöpfe ich Kraft, hier habe ich meine Ruhe“, sagt Schulz, der nach wie vor von der Musik lebt. Und: Seine Frau Eri kocht nahezu täglich für die Familie, ein Luxus, den Purple Schulz genießt. „Das ist besser als in jedem Sterne-Restaurant“, versichert der Sänger, als Eri Spaghetti mit Scampi und Rucola serviert. Prompt verdreht er verzückt die Augen, unüberhörbar entfährt ihm ein Seufzer der Begeisterung. „Das ist jetzt kein Flunkern, das macht er jeden Mittag so“, sagt Eri.

Eine gute Notlösung

Glessen ist für den geborenen Kölner Purple, der sehr an der Domstadt hängt, eigentlich eine Notlösung, aber eine gute. „Als wir uns vor 22 Jahren die Baustelle angeguckt haben, hat mich der Architekt ein paar Meter die Anhöhe hinaufgeführt und mir den Blick auf den Dom gezeigt“, erzählt der 58-Jährige. „Das wird der Blick aus dem Schlafzimmer, sagte er. Da war mir klar, dass wir hier richtig liegen.“ Und Purple ergänzt: „Von Glessen aus hat man Köln zwar nicht im Griff, aber immer gut im Blick. Das reicht. Ich gucke inzwischen lieber von außen drauf.“

An Glessen schätzt der Musiker, dass er ländlich lebt, aber trotzdem schnell in Köln ist. Die Ruhe auf dem Land braucht er, um auszuspannen, denn als Musiker ist er viel unterwegs in ganz Deutschland, vor allem am Wochenende. Drei Kinder hat er mit seiner Frau hier großgezogen, Sohn Dominik (21) wohnt immer noch mit im Haus. Mit den Glessenern seien sie schnell warm geworden. „Wir sind gleich aufs Feuerwehrfest gegangen. Die Leute haben schnell gemerkt, dass wir ganz normal sind.“ Geholfen habe auch, dass er seine Musik mit eingebracht habe. So habe er für den Kindergarten einen SchneewittchenRap komponiert. „Darauf bin ich noch lange von den Kindern in Glessen angesprochen worden.“

Alles zum Thema RWE

Fast vor der Haustür gelegen sind die ausgedehnten Felder, durch die Purple gern mit Hund Thaddäus spaziert. Den Wasserturm auf der Anhöhe hat er schon nach wenigen Schritten erreicht. „Das ist unser Wahrzeichen hier in Glessen“, sagt der Musiker. Als er gehört habe, dass RWE einen größeren Ersatz für den Trinkwasserspeicher plane, sei er gleich in Sorge gewesen, dass die phänomenale Aussicht von hier oben in Gefahr gewesen sei. „Aber der neue Wasserspeicher liegt zum großen Teil unter der Erde. Alles gut.“

Von den Feldern auf der Anhöhe ist es nicht weit bis zum Breuershof, einem alten Bauernhof an der Hohe Straße, der aus dem 13. Jahrhundert stammt. Hofbesitzerin Ursel Meller weiß nur Gutes über Purple zu berichten und freut sich über jeden Besuch des Sängers. „Das sind nette Leute“, sagt Ursel Meller. Früher, als sie noch selber Schweine gemästet und geschlachtet hätten, seien die Schulzes öfter zum Fleischkauf auf den Hof gekommen. Und noch ein Ereignis verbindet sie mit dem Ehepaar. „Einer unserer Ochsen ist mal ausgebüxt. Im Garten von Purple Schulz konnte er wieder eingefangen werden.“

In den früheren Schweineställen hat Pia Schönbohm ihr Atelier. Die für ihre Betonskulpturen bekannte Künstlerin ist mit Purple befreundet, im Garten von Ehepaar Schulz steht eine ihrer Figuren, die farbenfrohe „Sonnengöttin“. „Die macht sofort gute Laune“, sagt Purple über die Skulptur.

„Es wird viel zu wenig Purple Schulz im Radio gespielt“, sagt Pia Schönbohm. Mit ihm teile sie das Künstlerschicksal. „Rente mit 67? Wohl kaum“, sagt Purple. Und Pia ergänzt: „Ich werde wohl auch noch mit 90 Zementsäcke für meine Skulpturen schleppen.“

Weg hinab ins Glessener Tal

Vom Breuershof aus führt der Weg hinab ins Tal des Glessener Baches. Der Wasserlauf wurde erst vor kurzem renaturiert, glasklares Wasser schlängelt sich durch die Natur und umspült große Trittsteine. „Eigentlich brauche ich ja den Rhein“, sagt Purple. „Aber hier in Glessen habe ich wenigstens den Bach. Wenn ich beim Texten nicht mehr weiter weiß und hier spazieren gehe, bekomme ich sofort viele Ideen.“

Den Bach und andere Ecken in Glessen hat Purple Schulz in einem Musikvideo zu seiner letzten Platte verewigt. In dem Gute-Laune-Lied „Ich hab Feuer gemacht“ rauscht das Wasser des Glessener Bachs, ein Feldweg und eine Wiese neben dem Wasserturm dienten als weitere Drehorte.

Zurück im Ort führt Purple Schulz entlang der Hohe Straße an der engsten Gasse Glessens vorbei: Der Musiker kann problemlos von einer Hauswand zur anderen fassen. „Auch solche Eckchen gibt es hier.“

Von der schmalen Gasse sind es nur ein paar Schritte bis zum Lokal von Ingo Pulichino. Der Gastronom, der auf der Hohe Straße das „La Musica“ betreibt, ist ein guter Freund von Purple Schulz. „Früher haben wir uns in der Gaststätte »Mille Voglie« bei Gianni hier in Glessen die Nächte um die Ohren geschlagen“, berichtet Ingo Pulichino, der eigentlich gar nicht Ingo heißt. „Mein Name ist Ignazio, aber so nennt mich inzwischen nicht mal mehr meine Mutter. Aus Ignazio ist hier irgendwann mal Ingo geworden.“

Liebe zur Musik

Purple und Ingo teilen die Liebe zur Musik. Im „La Musica“ hängen alte LPs, etwa von Michael Jackson, Genesis oder den Eurythmics, in einem anderen Raum zieren Musikinstrumente die Wände. Wegen Ingos Job als Wirt sehen sich die Freunde nicht mehr so oft wie früher. „Aber wir müssen uns nicht jeden Tag treffen, um Freunde zu bleiben“, sagt der Gastwirt. Oftmals ist es die Musik, die die beiden wieder zusammenführt. „Wenn Musiker zu Aufnahmen bei mir zu Hause sind, können sie hier bei Ingo im »La Musica« schlafen“, sagt Purple Schulz.

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