Geschwader 31 „Boelcke“Nörvenichs Zukunft ist gesichert

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Andreas Hoppe, hier im Eurofigther, hat seine Piloten-Ausbildung im texanischen Sheppard absolviert.

Andreas Hoppe, hier im Eurofigther, hat seine Piloten-Ausbildung im texanischen Sheppard absolviert.

Kerpen/Nörvenich – Manch einer könnte denken, die Beschäftigten und die Soldaten des Geschwaders 31 „Boelcke“ in Nörvenich kämen aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Die Anlässe dazu kommen Schlag auf Schlag: Der 55. Geburtstag des ältesten Jet-Einsatzverbandes in der Luftwaffe, die Lieferung des 100. Eurofighters, die 4444. Flugstunde.

Die beste Nachricht aber ist: Nörvenich wird nicht geschlossen. Nach monatelanger Ungewissheit und Millionen-Investitionen können die Angehörigen des Geschwaders endlich aufatmen.

70 Millionen Euro Investitionsvolumen

Nörvenichs Zukunft ist gesichert – und der Fliegerhorst steigt in seiner Bedeutung. Und das nicht nur, weil in den nächsten Jahren weitere 70 Millionen Euro in die Infrastruktur fließen sollen. Auf die Beschäftigten kommt mehr Arbeit zu. Das Jagdbombergeschwader (JaboG) 31 „Boelcke“ spielt bereits jetzt eine wichtige Rolle in der Nato.

In Kürze aber werden Piloten und Mannschaft mit der Taktischen Luftwaffengruppe „Richthofen“ die Alarmrotte aus zwei jederzeit startbereiten Eurofightern bereitstellen, die der „Sicherheit des Deutschen Luftraums als Dauereinsatzaufgabe im Frieden“ dient. „Eine anspruchsvolle Aufgabe“, sagt Oberst Andreas Hoppe, seit mehr als drei Jahren an der Spitze des Verbands. Der 48-Jährige hat eine Bilderbuchkarriere bei der Luftwaffe absolviert. Vor drei Jahren konnte er sie vorerst mit der Übernahme des Kommandos in Nörvenich krönen. „Eine Traumverwendung in einem Traumverband“, schwärmt er.

„Hohe Professionalität“

Nörvenich kennt der Mann aus ganz verschiedenen Perspektiven. 1999 wird Hoppe Kapitän der 2. Fliegenden Staffel in Nörvenich. Die Vorurteile, die wohl gegen „die Rheinländer“ und den „Circus Boelcke“ in der strengen Luftwaffe kursieren, findet er schon damals ganz und gar nicht bestätigt. Wohl aber die rheinische Mentalität, die er schätzt. Ansonsten findet er täglich Menschen, die mit „hoher Professionalität“ zu Werke gehen.

Der zweite Grund für seine Liebe zu Nörvenich ist die damit verbundene Nähe zur Familie. Bald 15 Jahre leben seine Frau und die beiden Töchter (19 und 21 Jahre alt) in Lechenich. Mal mit, mal ohne Vater und Ehemann. Denn der muss immer wieder weg, oft quer durch die Republik: 2002 nach Birkenfeld, 2005 als Dozent an die Führungsakademie der Bundeswehr nach Hamburg und 2008 als Adjutant des stellvertretenden Generalinspekteurs nach Berlin. Ortswechsel waren zwar immer wieder Thema in der Familie. Aber Lechenich ist das Zuhause geblieben, wenn auch für Hoppe oft nur am Wochenende.

Und dann ist da noch sein Vater, der ihn mit Nörvenich verbindet. Oberst Joachim Hoppe, Kommodore im Jahre 1988. In dem Jahr, als die Amerikaner in Ramstein und die Luftwaffe in Nörvenich zeitgleich ihre Flugshows präsentierten und jeweils mehr als eine Viertelmillion Menschen an den Rollbahnen zuschauen. In Ramstein kommt es zum schwersten Unglück bei einer Flugvorführung in Deutschland, mit 70 Toten. In Nörvenich läuft zwar alles glatt, aber abends gibt es hier noch eine muntere Feier – mit Hoppes Einverständnis und dem der anwesenden Generäle.

Der Oberst, gerade ein paar Wochen im Amt, muss seinen Hut nehmen. Der Sohn, 24 Jahre alt und Student der Elektrotechnik an der Bundeswehr-Uni in Neubiberg, ist damals selbst auf dem Fliegerhorst in Nörvenich. Die Tage danach seien „die Hölle“ gewesen. Er habe die Entscheidung seines Vaters dennoch sehr wohl verstanden. „Es ging um die Leute, die sich wochen- und monatelang für diesen Tag ins Zeug gelegt hatten. Es sollte ein Dank an die Truppe sein.“ Er versteht die Entscheidung immer noch. „Aber als Kommodore würde ich in so einem Fall heute absagen.“

Bis 2015 wird Hoppe voraussichtlich Chef in Nörvenich sein. Damit hat sich ein Wunsch erfüllt. „Ich habe vor, länger hier zu bleiben als mein Vater“, erklärte er den Angehörigen des Geschwaders bei seiner ersten Ansprache – übrigens im Beisein seines Vater. Damit habe er „das Eis gebrochen“. Und: Er sei stolz, dieses Geschwader als der 20. Kommodore zu führen. Sein Vater war der zehnte.

Zum 1. Oktober wird aus dem Jagdbombergeschwader das Taktische Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“. Gleichzeitig wird Hoppe die Luftwaffengruppe „Richthofen“ in Wittmund unterstellt. Keine Vater-Sohn-Geschichte, aber eine von Lehrer und Schüler. Baron Manfred von Richthofen war nämlich ein Schüler des Erste-Weltkrieg-Fliegers Oswald Boelcke. „Das passt doch“, freut sich Hoppe. Passend findet er auch, dass in Nörvenich kein Fliegerball veranstaltet wird, sondern ein Fliegerherbstfest. Es ist übrigens das 40. und soll am 11. Oktober steigen.

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