„Noch können wir die Pandemie beherrschen“Landrat Frank Rock versteht Corona-Frust

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Landrat Frank Rock warnt vor der Gefahr durch die Virusmutationen und appelliert an die Bürger, über Ostern nicht zu verreisen.

Rhein-Erft-Kreis – Landrat Frank Rock äußert sich im Gespräch mit Bernd Rupprecht und Dennis Vlaminck zu den steigenden Fallzahlen und den möglichen Konsequenzen für den Rhein-Erft-Kreis. Herr Rock, wie groß sind Ihre Sorgen, dass die Pandemie außer Kontrolle geraten könnte? Rock: Ich glaube nicht, dass die Lage außer Kontrolle gerät. Ja, wir haben steigende Inzidenzen, dennoch ist die Lage in unseren Krankenhäusern noch zu bewältigen und die Nachverfolgung ist noch möglich.

Die Prognosen sagen, wenn es schlecht läuft, könnte die Inzidenz nach Ostern bei 300 liegen.

Wir machen natürlich auch Berechnungen und unser Gesundheitsamt teilt uns mit, wie Verläufe sein könnten. Alles hängt von der Ausbreitung der Mutationen ab. Unsere Entwicklung ist meistens langsam steigend oder fallend. Große exponentielle Steigerungen haben wir derzeit nicht.

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Wenn die Inzidenz eine Woche lang klar über 100 liegt, sollen in Absprache mit dem Gesundheitsministerium Maßnahmen folgen. Welche könnten das im Kreis sein?

Darüber habe ich vergangene Woche auch mit der Bürgermeisterkonferenz gesprochen. Für uns und mich ist klar, dass wir das Thema „weitere Schulschließungen und Kitaschließungen“ zunächst gerne ausklammern würden, da ohnehin erst mal die Osterferien beginnen. Wir möchten auch versuchen, den Einzelhandel nicht noch weiter einzuschränken. Wichtig ist, dass wir in der gesamten Region gleiche, vertretbare und nachvollziehbare Maßnahmen ergreifen. Bestenfalls erhalten wir landesweit einheitliche Regelungen.

Die Osterferien rücken näher. Wie sollen die Bürger sich verhalten?

Ich kann die Ungeduld der Bürgerinnen und Bürger nach einem Erholungsangebot nachvollziehen. Noch können wir die Pandemie beherrschen. Gerade internationaler Reiseverkehr würde aber neue Probleme bringen. Ich fordere deswegen eindringlich dazu auf, in den Osterferien noch zu Hause zu bleiben.

Die Menschen sind frustriert, weil es immer wieder neue Maßnahmen und Vorgaben und damit die Hoffnung auf Lockerungen gibt, die dann aber doch nicht umgesetzt werden.

Ich kann den Frust verstehen. Das Konzept der Lockerungen war viel zu komplex. Wir müssen da einfacher kommunizieren. Wenn man Hoffnungen schürt, die aufgrund von steigenden Fallzahlen enttäuscht werden müssen, baut man noch mehr Frust auf. Der Umgang mit der Pandemie muss noch transparenter und dadurch nachvollziehbarer sein, um wieder Vertrauen zu gewinnen. Es gibt ja auch Anlass zur berechtigten Kritik, etwa beim Impftempo oder der kurzzeitigen Aussetzung der Impfung mit einem Impfstoff.

Der Landrat

Gerolstein ist der Geburtsort des heute 50 Jahre alten Frank Rock. Er lebte zunächst in Köln, bis seine Familie nach Hürth zog, wo er zur Schule ging. Nach Abitur und Wehrdienst absolvierte Rock eine kaufmännische Ausbildung bei der Caritas, dann studierte er Katholische Religion, Mathematik, Deutsch und Sport an der Uni Köln. Von 2006 bis 2017 leitete Rock eine Grundschule in Hürth-Efferen.

1996 wurde er Mitglied der CDU, für die er von 1999 bis 2019 im Hürther Stadtrat saß, unter anderem als stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Seine Schwerpunkte waren jugend-, familien- und sozialpolitische Themen. 2009 und 2014 wurde Rock in den Kreistag gewählt, auch hier galt Rocks Augenmerk den Themen Schule, Sport, Kultur und Sozialpolitik. Im Jahr 2017 folgte die Wahl in den Landtag in Düsseldorf, wo er drei Jahre lang Schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion war. Im selben Jahr übernahm er den CDU-Vorsitz im Kreis. Im vorigen Jahr trat Rock die Nachfolge von Michael Kreuzberg (CDU) als Landrat an. (dv)

Schulen und Kitas zu, Schulen und Kitas auf, und jetzt ist schon wieder die Schließung im Gespräch. Das Durcheinander kann doch niemand mehr verstehen.

Die Pandemie holt uns immer wieder ein, weil die Mutationen deutlich höhere Ansteckungswerte haben. Anfangs war es möglich, dass ein Infizierter in einer Familie auch ein Einzelfall geblieben ist, trotz des nahen Kontakts. Bei der britischen Mutation ist es so, dass meistens gleich alle in einer Familie angesteckt werden. Krisenbewältigung in öffentlichen Bildungseinrichtungen ist eben auch besonders schwer, da die Abwägung zwischen notwendiger Bildung, Betreuung und Gesundheitsschutz schwierig ist.

Kann man das Vertrauen in den Impfstoff von Astrazeneca wieder aufbauen?

Ich kenne viele, die sagen, impft mir irgendwas, Hauptsache, wir bekommen wieder Normalität. Genauso gibt es diejenigen, die sagen, wie könnt ihr einen Impfstoff verimpfen, bei dem nicht alle Nebenwirkungen ganz klar sind. Ich meine, wir können nur mit Impfungen aus der Krise kommen. Daher sage ich allen Leuten: Lassen Sie sich impfen. Das Risiko von Nebenwirkungen besteht wie bei jedem anderen Medikament, aber der Nutzen einer Impfung ist viel größer als das Risiko. Nur so können wir schwere Krankheitsverläufe vermeiden und den Weg aus der Pandemie beschreiten.

Sollen sich die Hausärzte an den Impfungen beteiligen?

Die Hausärzte sollten möglichst schnell mitimpfen. Das ist auch vorgesehen. Wenn wir in die breite Masse kommen wollen, müssen wir mit den Hausärzten impfen. Die Bundesregierung hat die Impfzentren ans Laufen gebracht, weil von Anfang an klar war, dass wir zu wenig Impfstoff haben. Und selbst jetzt, wenn die Hausarztpraxen Anfang April mitimpfen, wird nicht ausreichend Impfstoff da sein. Das Nadelöhr ist nicht der Hausarzt, nicht das Impfzentrum, sondern die nicht vorhandene Menge an Impfstoff.

In der Krise haben die Menschen das Vertrauen in die Politik auch wegen der Maskenaffäre in der CDU/CSU verloren. Das ließ sich an den Wahlergebnissen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ablesen.

Die Politik steht immer sehr im Fokus, was auch berechtigt ist. Egoistisches Handeln schürt die Politikverdrossenheit und stärkt das Bild, dass die Politiker sich selbst bereichern würden. Das sind aber nur einige wenige. Ich bedauere das Verhalten sehr und finde es schlimm. Alle, die in politischen Ämtern sind, haben in unserer Gesellschaft eine herausragende Stellung und sie dürfen sich unter keinen Umständen durch das Amt selbst bereichern.

Hat die CDU/CSU da ein spezielleres Problem, weil das Thema gerade da aufgetaucht ist?

Ich glaube nicht.

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Sie waren Landtagsabgeordneter, bevor Sie Landrat wurden. Bayerns Ministerpräsident Söder will nun Nebentätigkeiten vor allem für Abgeordnete mit Führungsaufgaben untersagen. Eine gute Idee auch für NRW?

Das Thema Nebenverdienste sollte generell transparent gehandhabt werden. Ich finde es zum Beispiel nicht anrüchig, ein Abgeordnetenmandat wahrzunehmen und sein Geschäft oder seine Kanzlei weiterlaufen zu lassen. Wichtig ist aber, dass es transparent und offen ist. Damit es keine Interessenskonflikte gibt, sollte einsehbar sein, welche Nebenverdienste ein Abgeordneter hat und wie viel er dort verdient.

Ist die Abgeordnetentätigkeit im Landtag ein Vollzeitjob?

Ich habe das Mandat als Vollzeitjob empfunden und auch so gelebt, weil ich nicht nur der Arbeit in Düsseldorf mit den Ausschuss- und den Plenumssitzungen, sondern auch der Arbeit hier vor Ort, in meinem Wahlkreis, im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern eine sehr hohe Priorität eingeräumt habe. Dann ist das mehr als ein Vollzeitjob.

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