„Jules Käsekiste“ in Much-ReinshagenVom Hofladen nach ganz Deutschland
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Rainer Schmitz. Geschäftsführer von „Jules Käsekiste“, mit „Signor Rossi“, einem Rohmilchkäse aus der eigenen Produktion.
Copyright: Bilder: Jens Höhner Lizenz
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Much – Noch einmal schöpft Mitarbeiterin Mihaela am späten Nachmittag weiße Brocken aus der großen Wanne. In warmer Milch treibt der Käsebruch, doch an einen würzigen und vor allem bissfesten Belag für ein leckeres Feierabendbrot erinnert diese recht flüssige Masse noch lange nicht. „Wir fügen jetzt Lab und andere Kulturen hinzu, damit daraus echter Käse wird“, erklärt Rainer Schmitz (49), Mitgründer und Inhaber von „Jules Käsekiste“ in Reinshagen. In fünfter Generation ist er Landwirt und Milchbauer, seit bald 20 Jahren stellt Schmitz Käse her. Die Rezepte dafür sind alt und stammen aus der Familie, heute produzieren ausgebildete Käser diese Ware.
16 Sorten, allesamt aus der Rohmilch von Kühen und Ziegen gewonnen, führt „Jules Käsekiste“ im Sortiment. Verkauft werden diese bundesweit in den Kühltheken großer Lebensmittelmärkte und einiger Gourmetgeschäfte von Berlin bis München. 1200 Liter Milch fließen zunächst in einen der großen Kessel und schließlich in die Lab-Wanne, an der eben Mihaela dem letzten Käse des Tages die Form gibt: Ist die Flüssigkeit abgetropft, wird der Laib gepresst – nicht mal eine Stunde dauert das. Und danach darf der Käse zwei Tage lang im Salzbad schwimmen – bei völliger Ruhe, versteht sich.
15 Beschäftigte hat der Mucher Familienbetrieb, die morgens um fünf mit der Produktion beginnen und im Jahr rund eine Million Liter Milch verarbeiten, und das in drei Schichten am Tag. Für ein Kilogramm Käse werden zehn Liter benötigt. „Wir wollten etwas herstellen, das sich im Hofladen vermarkten lässt“, blickt der Geschäftsführer zurück. Doch der Handel machte Probleme: Der idyllische Ort Reinshagen liegt nicht gerade zentral. Die meiste Milch kommt vom eigenen Hof: Schmitz hat 90 Kühe, ein Milchbauer aus der Nachbarschaft deckt mit seinen Tieren den restlichen Bedarf an der verderblichen Rohware.
Der wachsende Kundenwunsch, Lebensmittel aus der Region und mit prüfbarer Herkunft auf dem Tisch zu haben, brachte dann den Durchbruch und die Ware aus der sogenannten Gelben Linie (so heißen Käseprodukte im Gegensatz zur Weißen Linie mit Quark, Joghurt und Co.) zunächst in die Geschäfte in der Nachbarschaft und später auch in die Regale der großen Häuser. „Bio ist schon bald Vergangenheit“, glaubt der Chef. „Denn auch dieser Markt wird immer unübersichtlicher und damit immer weniger nachvollziehbar.“ Allein mit der Bezeichnung „aus regionaler Herstellung“ lasse sich künftig Geld verdienen.
Der Bergische Bauernkäse (naturbelassen) und der Käse mit grünem Pfeffer schmecken den Deutschen besonders, aber auch der Käse mit dem Samen von Bockshornklee verkaufe sich bestens, schildert Rainer Schmitz, dem der Appetit auf Käse längst noch nicht vergangen ist. Pur genießt er etwa den Bauernkäse am liebsten. „Und wenn auf einer Scheibe Brot, dann unbedingt mit etwas Feigensenf.“ Es könnten übrigens Jahre vergehen, bis ein Käse den endgültigen Geschmack gefunden hat. „Wir verändern immer nur ganz wenig und probieren ständig“, verrät der Experte, der auch gern in die Produkte der Konkurrenz beißt, um zu schmecken, was dort angesagt ist.
Einzigartiges Produkt
Seit dem Jahr 2004 beansprucht Rainer Schmitz für sich, in Deutschland den einzigen in einer Höhle gereiften Käse herzustellen. „Höhlenkäse kennt man aus Skandinavien, seltener noch aus Frankreich und der Schweiz“, sagt er. Seit Oktober vergangenen Jahres lagert Schmitz seine Laibe im Gestein der Kluterthöhle in der Nähe von Ennepetal, gelegen zwischen Wuppertal und Hagen. Die ersten drei Wochen lagert der Höhlenkäse in den Kühlräumen auf dem heimischen Hof, danach fährt er für mehr als zwei Monate ein und ruht bei einer Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent und einer Temperatur von neun Grad Celsius. „Der Reifeprozess dauert also drei Monate“, beschreibt der Unternehmer den Aufwand. Und die wichtigste Zutat? „Fingerspitzengefühl!“
Der Bericht über "Jules Käsekiste" ist Teil unserer Serie "Altes Handwerk". In der letzten Folge stellten wir den Schuhmeister Heinz Becker aus Siegburg vor. Den Bericht Der Meister erfüllt Lebensträume" können Sie hier nachlesen.
In der dritten Folge berichteten wir über den Uhrmacher Torsten Reichmann aus Windeck. Den Bericht "Der Verwalter der Zeit" können Sie hier nachlesen.