Dieter Schlehahn ist heute 84 Jahre alt. Als junger Offizier saß er zehn Jahre lang am Steuerknüppel des Starfighters.
StarfighterpilotHennefer fliegt in Sankt Augustin noch einmal mit erstem Ausbildungs-Flugzeug

Der Starfighterpilot Dieter Schlehahn ist nach fast 65 Jahren wieder mit der Piper L-18 geflogen, dem ersten Flugzeug, mit dem er 1960 gestartet ist.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
„Die sieht gut aus, ist es dieselbe, mit der ich gelernt habe?“, fragt Dieter Schlehahn, als er vor dem Hangar der Bundeswehr-Sportflieger-Gemeinschaft Hangelar ankommt. Der Piper L-18C ist ihr Alter von 70 Jahren tatsächlich nicht anzusehen. Sie ist liebevoll in ihrem Originalzustand restauriert worden, in leuchtendem Gelb-Orange wartet sie auf einer Wiese am Flugplatz Sankt Augustin-Hangelar auf ihren Fluggast.
Die AC 537 ist exakt das Modell, mit dem Schlehahn vor 65 Jahren flog
Sie und Schlehahn haben eine gemeinsame Geschichte. Der 84-Jährige hat seine Ausbildung zum Flugzeugführer, wie es offiziell heißt, auf genau diesen Maschinen begonnen. Tatsächlich findet sich in seinem Flugbuch, in dem alle Starts und Landungen handschriftlich dokumentiert sind, auch ein Flug mit der AC 537. Das ist exakt das Modell, vor dem Schlehahn nun nach rund 65 Jahren stand. Und das er an diesem Tag noch einmal fliegen wird.
Das erste Mal saß er am 21. Juni 1960 als Fahnenjunker hinter dem Steuerknüppel, im Fluganwärterregiment in Uetersen. Als Major lenkte er 21 Jahre später, am 24. September 1981, eine Phantom von Jever nach Ingolstadt - sein letzter Flug. Dazwischen war er zehn Jahre lang Starfighter-Pilot, im Jagdflieger-Geschwader Richthofen 31 in Wittmund. Allein auf der Lockheed F-104 G hat er gut 1150 Flugstunden gesammelt.
Alles zum Thema Nörvenich
- Tornados in enger Formation Kampfjets über der Region Köln und Bonn gesichtet
- Fliegerhorst Nörvenich Eurofighter starten und landen in der Nacht
- Neuer Roman Kommissar Glasmacher ermittelt wieder in der Zülpicher Börde
- Luftwaffe testet Ein „Köbes“ von Nörvenich im Eurofighter nach Spanien
- Übungsflüge Luftwaffe kündigt Nacht- und Tiefflüge der Kampfjets über Nörvenich an
- Eine „Tragödie“ Bund der Steuerzahler prangert Steuergeld-Verschwendung in Köln und Region an
- Tief- und Nachtflüge Kerpener klagt über „Lärmterror“ durch Eurofighter

Nach 45 Minuten landeten Fluglehrer Jürgen Tantau und der Starfighter-Veteran, im Hintergrund die Siegburger Abtei.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Am 21. Juni 1974 hatte er seinen ersten Flug mit der Phantom. Ganz nebenbei erzählt er von den ungeheuren Kräften, die auf den Piloten einwirken. „Die Phantom ist ein Kurvenkampfjäger. Ab 4 G ging es leichter.“ Das ist was für Hochleistungssportler, entspricht das doch der vierfachen Erdanziehungskraft. „Nach 20 Sekunden hatte sie 400 Knoten erreicht, und es ging einfach senkrecht nach oben“, schildert Schlehahn. Das sind mehr als 700 Kilometer pro Stunde.
Nach 20 Sekunden hatte sie 400 Knoten erreicht, und es ging einfach senkrecht nach oben
Am 24. September 1981 verließ er das Cockpit und kam nach Köln-Porz-Wahn auf eine Stabsstelle. Er arbeitete unter anderem mit an der Entwicklung des Eurofighters. Damals, 1982, zog der gebürtige Schwabe auch nach Hennef, heute lebt er in Geistingen. Sein Nachbar ist Rolf Schneider und dessen Freund, nicht verwandt, ist Professor Heinz-Dieter Schneider. Sie unterhielten sich über Schlehahn und Heinz-Dieter wusste, dass eine L-18C in Hangelar steht. So organisierten sie den Flug für den Starfighter-Veteranen.
Damit ist er an diesem Nachmittag wohl der schnellste Mann in der Runde. Geschwindigkeit rechnet er nicht in Kilometern pro Stunde und Knoten, sondern in Mach. Eigentlich ist das keine Geschwindigkeitseinheit. Mach ist das Verhältnis der Geschwindigkeit eines Körpers zur Schallgeschwindigkeit. Und die hängt von Temperatur, Luftdruck und Höhe ab. Grob entspricht ein Mach bei Meereshöhe etwa 1245, in 10.000 Meter Höhe dagegen rund 1080 Kilometern pro Stunde.

In Schlehahns handgeschriebenem Flugbuch ist der Flug mit der Hangelarer Piper L 18C verzeichnet. Es war die AC 537.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Mach zwei ist Schlehahn ist oft geflogen. Doch auf der Piper L-18C hat er mit 135 Stundenkilometern angefangen. Schnell ging es zur weiteren Ausbildung in die Vereinigten Staaten, nach Laredo. Hier begann das Training auf Jets, schon im Oktober 1962 machte er seinen ersten Alleinflug. „Das war schon was Besonderes, plötzlich allein in diesem Flugzeug zu sitzen.“
Am 22. Februar 1965 kam er auf den Starfighter, zunächst auf die F-104 F, ein Zweisitzer. Nur viereinhalb Wochen später folgte der erste Soloflug auf der F-104 G. „Wenn die angelassen wurde, begann das Flugzeug an zu arbeiten, bewegte sich leicht nach rechts“, erinnert er sich. Doch anders als viele seiner Zeitgenossen hat er ein positives Bild: „Das ist eine sichere Maschine“, erklärt er überzeugt.

Professor Heinz-Dieter Schneider hatte mit seinem Freund Rolf Schneider den „Veteranenflug“ organisiert, hier putzt er die Maschine nach der Landung.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
269 Starfighter sind bislang in Deutschland abgestürzt, 116 Piloten starben. Das schlimmste Unglück war sicherlich der Absturz von gleich vier Jets, die 1962 bei Nörvenich nach einem Kunstflugmanöver im Braunkohletagebau auf dem Boden aufschlugen. Seitdem hat die Luftwaffe keine Kunstflugformationen mehr. Schlehahn hat selbst mehrere Abstürze erlebt, in Jever hat er zugeschaut, wie eine Maschine beim Start verunglückte.
„Wir waren füreinander da“, sagt seine Frau Renate, die mit nach Hangelar gekommen ist, zu der Gemeinschaft der Starfighter-Frauen. „Wir hatten nicht ständig Angst. Die Männer waren bei der Arbeit, meist wussten sie nicht, wann sie in die Luft stiegen. Nur zweimal war mir mulmig, als ich die Flugzeiten kannte.“ Einer der Gründe für die vielen Verluste des „Witwenmachers“ war nach ihrer Ansicht, dass die F-104 zu selten geflogen wurde. Das habe sich erst mit General Johannes Steinhoff als Inspekteur der Luftwaffe geändert.
Der Motor muss durch Drehen des Propellers angeworfen werden
Ihr Mann hat sich derweil in die Piper L-18C hineingefaltet. Das Cockpit ist eng. „Als junge Burschen sind wir da einfach hineingesprungen“, sagt er. Jürgen Tantau, Fluglehrer in Hangelar, ist der Pilot für den Veteranen. Nach dem Check wirft er den Motor an, in dem er den Propeller von Hand dreht. Ein breites Lächeln liegt auf Schlehahns Gesicht, als sie in Richtung Startbahn rollen.
Gut 45 Minuten dauert der Flug, es geht in Richtung Nörvenich, zu dem dortigen ehemaligen Starfighter-Standort. Überfliegen dürfen sie ihn nicht, trotz des Veteranen-Status. Dafür hätten sie sich drei Studen früher anmelden müssen. „Die Hälfte der Zeit ist Dieter geflogen“, verrät Tantau. Schlehahn wiegelt ab, aber es ist ihm anzumerken, dass er viel Spaß gehabt hat.
„Mein Steuerknüppel im Jet war ganz anders, der hatte mehr Knöpfe“, witzelt er. Auch den für Raketenabschüsse. Aber außer bei Trainings hat er die nicht benutzt. „Schön war es, ein bisschen windig und böig“, stellt er fest. „Die Thermik war gut.“ Dieses direkte Einwirken auf die Maschine habe er nicht mehr gekannt, bei den Jets sei das automatisch ausgeglichen worden. Eines hat er bewiesen: Das Fliegen hat er nicht verlernt.