Der Kirchenmusiker Jochen Rieder begleitet Star-Tenor Jonas Kaufmann auf Tourneen rund um die Welt, bald dirigiert er am Schloss Thurn und Taxis.
Jonas KaufmannLohmarer Kirchenmusiker geht mit Star-Tenor weltweit auf Tournee

Mit Star-Tenor Jonas Kaufmann (r.) geht der Lohmarer Kirchenmusiker schon seit Jahren weltweit auf Tournee.
Copyright: Rieder
Ob er im Schulgottesdienst in Scheiderhöhe die Orgel spielt, den Kirchenchor St. Johannes dirigiert oder Spitzen-Orchester in New York, London und Mailand: Jochen Rieder widmet sich allen Aufgaben mit vollem Herzen. „Es ist alles Musik“, sagt der 54-Jährige mit dem ungewöhnlichen Lebensweg.
Bald holt er wieder seinen Frack hervor, der Lohmarer Kirchenmusiker wird den Star-Tenor Jonas Kaufmann im Schlosshof Thurn und Taxis in Regensburg begleiten. Die Opern-Gala, so ist zu vermuten, wird ausverkauft sein. Wie ist es, vor tausenden Zuschauern aufzutreten?
„Überwältigend“, sagt Rieder. Er gab schon in der Mailänder Scala den Takt an, sein Lieblings-Opernhaus; auch in der Arena di Verona, im Konzertgebouw in Amsterdam, in der Carnegie Hall, im Opernhaus Sydney, in Florenz, der Berliner Philharmonie und und und; kürzlich spielte er auf einer Asien-Tournee durch China, Süd-Korea und Taiwan an der größten Orgel des Kontinents, erbaut vom Bonner Unternehmen Klais, „wie die in Lohmar“.
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Der Angestellte des Erzbistums Köln war früher Einflüsterer
Schon Rieders Karrierestart schien vielversprechend. Der gebürtige Pfälzer und Opernfan war bereits in Jugendjahren Organist und Chorleiter, studierte Musik. Die Kapellmeisterlaufbahn führte ihn von Karlsruhe über Bremen nach Zürich.
Dort war er der „Maestro suggeritare“, saß als „Einflüsterer“ in der Souffleur-Muschel, half berühmten Sängerinnen und Sängern über so manche musikalische Klippe und kam so auch erstmals in Kontakt mit Kaufmann.
Als Proben-Dirigent arbeitete er unter anderem mit Christian Thielemann in Bayreuth zusammen. Für den erkrankten Christoph von Donáhny sprang er bei einem Auftritt ein. „Danach hat mein Handy dauergebrummt, lauter Glückwünsche“, erzählt er und strahlt. Ein festes Engagement in München allerdings lehnte er ab: „Ich wollte in der Schweiz bleiben.“

Taktgeber: Ob mit Spitzenorchestern, wie hier in Fernost, oder beim Lohmarer Kirchenchor, für Jochen Rieder „ist alles Musik“.
Copyright: Rieder
Bedauert er es, diesen Weg nicht weitergegangen zu sein? Jochen Rieder, seit 2014 freischaffender Dirigent, wiegt den Kopf. „Das hat, aus welchen Gründen auch immer, nicht geklappt.“ Vielleicht sei es auch gut so: Wenn er fest an einem Haus arbeitete, habe er nicht mehr die Freiheit, weltweit auf Tournee zu gehen.
Star-Tenor Kaufmann sei trotz des Ruhms normal geblieben, bodenständig, liebenswürdig. „Für mich ist er kein Promi, eher wie ein großer Bruder, ich habe viel von ihm gelernt.“ Letztens erst saßen sie zwischen zwei Auftritten in Mannheim und Freiburg bei Rieders Mutter beim Mittagessen, „das ist halt der Jonas“. Beide seien sie Genießer, „wir essen gerne, kochen gerne, trinken gerne“.
Ich weiß genau, wie er singt und wo er atmet. Wir brauchen nicht einmal eine Generalprobe
Durch ihre eingespielte Zusammenarbeit sparten sie viel Zeit. „Ich weiß genau, wie er singt, wo er atmet. Wir brauchen noch nicht einmal eine Generalprobe.“ Manchmal aber geschehen Überraschungen. Wie in der Essener Philharmonie, als die Dramaturgie den Bühnenauftritt Kaufmanns an einer Stelle des Stücks vorsah. Doch die Tür blieb zu.
Rieder ließ das Orchester eine Schleife spielen, dann eine zweite, eine dritte, drehte sich dann zum Publikum um und erklärte: „Das wäre jetzt die Stelle gewesen.“ Lachen. Er suchte den Tenor hinter der Bühne. Der war beim Inspizienten hängen geblieben, bei einem spannenden Fußballspiel der Bayern!
Pannen gebe es also auch bei den Profis, falsche Töne auch bei Koryphäen. Einen Laienchor zu dirigieren, erfordere ebenfalls Fingerspitzengefühl. Kritik sei hier und dort schwierig. Zur Stelle als Kirchenmusiker kam nach seinem Umzug 2016 ins Rheinland. In der Coronazeit traf er sich mit einem früheren Kommilitonen, der in Köln tätig war und eine Vertretung brauchte.
„Mir war ja durch die Pandemie alles weggebrochen.“ Als Vollzeit-Angestellter des Erzbistums war er zunächst in Troisdorf tätig, half 2020 erstmals in Lohmar aus und wechselte 2024 ganz. Sein Engagement blieb nicht ohne Resonanz: Der Kirchenchor St. Johannes, den er mit Akribie und Humor führt, erhielt Heiligabend, in der Osternacht, bei der Firmung reichlich Lob und Applaus. Und hat schon einige neue Mitglieder gewonnen.
Für den Katholiken nicht nur ein Job, sondern eine Passion: Jochen Rieder will in der Gemeinde den Stellenwert der Kirchenmusik heben und neue Impulse setzen. Am 25. Mai beginnt um 17 Uhr im Gotteshaus an der Kirchstraße ein Orgelkonzert, es spielt Simon Schuttemeier, musikalischer Assistent des Kölner Domkapellmeisters, unter anderem Werke von Bach und Mendelssohn Bartholdy; in der Messe am Pfingstsonntag wird eine Solo-Sopranistin mit dem Chor singen.