Dehoga-Rhein-Erft-Vorsitzender im Interview„Ein Drittel der Gastronomie ist bedroht“

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Georg Frey (45) ist Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA). Er betreibt die Balthasar-Neumann-Speiserei in Brühl und ein Gästehaus. Zudem führt er den elterlichen Hotelbetrieb in Weilerswist. Wolfram Kämpf sprach mit ihm über die Auswirkungen der Corona-Krise. Herr Frey, schon vor einigen Wochen, als es zusehends Einschränkungen für die Hotellerie und Gastronomie gab, haben Sie erklärt, viele Kollegen stünden mit dem Rücken zur Wand. Eine Lockerung ist noch nicht in Sicht. Hat sich die Situation weiter verschärft?

Ja, auf jeden Fall. Wir sind die ersten gewesen, die die Betriebe schließen mussten und wie es aussieht, sind wir auch die letzten, die wieder öffnen dürfen. Wir haben einen kleinen Rettungsschirm vom Land bekommen, der uns kurzfristig weitergeholfen hat, aber weil wir immer noch nicht wissen, wann wir wieder öffnen dürfen, hat sich die Situation nochmals verschärft. Rund ein Drittel der Betriebe sind akut bedroht. Viele haben kostengünstige Darlehen in Anspruch genommen, sonst würden sie nicht mehr bestehen.

Wissen Sie von Betrieben aus dem Rhein-Erft-Kreis, die bereits schließen mussten?

Mir persönlich ist noch kein Fall bekannt, aber wenn es noch lange so weitergeht, wird es auf jeden Fall passieren. Schlimm ist auch, dass wir unseren Verbandsmitgliedern keine Hoffnung machen können. Denn auch wir wissen nicht, wie es weitergeht. Daher fordern wir eine klare, realistische Aussage zu einem Wiederanfang und einen Rettungsschirm mit sofortigen Hilfen. Wir haben keine Zeit mehr. Bei vielen Betrieben ist es jetzt schon zehn nach zwölf.

Die Bundesregierung hat nun beschlossen, den Mehrwertsteuersatz auch für Speisen in Restaurants bis Mitte des kommenden Jahres auf sieben Prozent zu senken. Begrüßen Sie diesen Entschluss?

Die Entscheidungen in Berlin bleiben weit hinter unseren Forderungen und den Notwendigkeiten zurück. Es wird verkannt, dass es voraussichtlich noch Jahre dauern wird, bis die Umsatzverluste aufgeholt werden können und wir das Niveau vor der Krise erreichen. Große Verlierer sind die Kneipen, Clubs und Diskotheken. Wer Erträge durch Eintrittsgelder und den Verkauf von Getränken verdient, schaut in eine tiefschwarze Röhre.

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Einige Restaurant und Cafés sind ins Außer-Haus-Geschäft eingestiegen. Ist das mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein?

Mit diesem Angebot können im Regelfall maximal zehn Prozent der gewohnten Umsätze erreicht werden. Das deckt meist nicht einmal die Fixkosten.

Könnte es im Sommer einen Tourismusboom im Rhein-Erft-Kreis geben, wenn Reisen ins Ausland verboten bleiben?

Sollte sich diese Chance auftun, werden wir sie auf jeden Fall nutzen. Aber es wäre auch wichtig, dass das Phantasialand wieder öffnen darf. Nur von Wanderern und Radfahrern können wir nicht leben. Ohnehin machen Touristen nur 40 Prozent der Gäste bei uns im Kreis aus. 60 Prozent unserer Umsätze erzielen wir mit Geschäftsreisenden. Doch auch das Geschäft mit Messebesuchern liegt brach.

Was müssen Politik und Behörden leisten, um Ihrer Branche zu helfen und den großen Niedergang zu verhindern?

Wir brauchen ein Rettungspaket für die Gastronomie. Steuererleichterungen sind nur ein erster Schritt. Vor allem benötigen wir eine Perspektive, die Mut und Hoffnung macht, und einen Fahrplan, auf den man sich einstellen kann. Denn um wieder zu starten, braucht es eine gewisse Vorlaufzeit. Wir müssen ja sicherlich auch neue Vorgaben erfüllen und unsere Mitarbeiter darauf vorbereiten.

Wie wird die Krise Ihre Branche mittelfristig verändern?

Das ist schwer zu sagen. Wir müssen positiv bleiben und Wege finden, den Betrieb wieder anlaufen zu lassen. Klar ist, dass wir Hotelbetten und Restauranttische nach der Krise nicht doppelt und dreifach besetzen können und es eine andere Gastronomie und Hotellerie sein wird.

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