KommentarCorona, Geflüchtete, Energie – die Politik muss alles auf einmal erledigen

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Bundeskanzler Olaf Scholz im Gespräch mit Außenministerin Annalena Baerbock und Finanzminister Christian Lindner (Archivbild)

Corona, Geflüchtete, Energiekrise – jedes dieser Themen hat die Wucht, die Politik eines ganzen Jahrzehnts zu bestimmen. Die Bundesregierung muss nun alle Probleme gleichzeitig bewältigen, während die Ausweitung des Kriegs in Europa wie ein Damoklesschwert über uns hängt.

Angefangen bei Corona: Statt den Freiheitsbegriff dadurch zu banalisieren, dass er auf ein Leben ohne schützende Maske im Gesicht herabgestuft wird, wäre es hilfreich, wenn Bund und Länder – nach Krankenhausbelegung und Infektionsrate – einfach ein paar Leitplanken setzen könnten. Und das bitte ohne lautes parteipolitisches Getöse. Es ist zwingend, das Virus nicht noch einmal außer Kontrolle geraten zu lassen. Es gibt noch so viele andere Sorgen.

Bund und Länder sollten unbedingt auf ihre Erfahrungen schauen

Beim Thema Flucht sollten Bund und Länder unbedingt auf ihre Erfahrungen der vergangenen Jahre schauen. Der anfänglichen großen Hilfsbereitschaft wird Ernüchterung folgen, und dann müssen wahrscheinlich immer noch mehr Menschen aufgenommen werden. Bund und Länder sollten sich dringend zusammenfinden, um die Verteilung der Geflüchteten, ihre Integration und die Finanzierung der Hilfen vor Ort zu klären.

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Auch die Kultusministerinnen und -minister müssen dafür vorsorgen, dass die mit den Corona-Folgen kämpfenden Schulen Kinder aus der Ukraine aufnehmen können. Es wäre fatal, diese vielen Aufgaben erst wieder anzugehen, wenn die Stimmung zu kippen droht.

Energiekrise wird das dickste Brett

Die Energiekrise wird wahrscheinlich das dickste Brett, das die Bundesregierung in den nächsten Monaten bohren muss. Auch wenn durch die Pipeline Nord Stream 1 weiter Gas fließen sollte, werden die Preise in die Höhe schnellen, was die laufende Inflation weiter antreibt. Ein Liter Sprit für 2 Euro sowie saftige Nachzahlungen der Heizkosten für den Winter belasten die Bürgerinnen und Bürger in einer Lage, in der die Nerven bereits blank liegen. Und dass unsere Wohlstandsgesellschaft bereit sein könnte, aus Solidarität mit der Ukraine im kommenden Winter zu frieren, ist mehr als fraglich.

Die Gefahr ist groß, dass erneut die Rechtspopulisten es verstehen werden, daraus Profit zu schlagen. Denn die Bundesregierung wird die Energiewende nicht binnen Monaten stemmen können. Unabhängigkeit von russischem Gas lässt sich frühestens in zwei Jahren realisieren.

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So dringlich die Bewältigung dieser Probleme ist, bleibt als größte Aufgabe, das Übergreifen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf EU-Länder oder Nato-Staaten zu verhindern. Die Folgen wären für den Kontinent verheerend. Das heißt, die Strategie muss bleiben: so viel Unterstützung und Solidarität für die Ukraine wie möglich und so viel Defensive gegenüber Russland wie nötig, um eine Eskalation des neuen globalen Ost-West-Konflikts zu vermeiden.

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