KommentarDigitalisierung im Gesundheitswesen ist Trauerspiel und zäh wie Bau des BER

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Die Digitalisierung im Gesundheitswesen geht nur langsam voran. (Symbolbild)

Der Expertenrat der Bundesregierung hat der Digitalisierung im Gesundheitswesen eine schallende Ohrfeige erteilt. Zu Recht. Der Datenfluss ist so zäh und so unvollständig, dass er eine effiziente Bekämpfung der Pandemie behindert. Das ist umso schlimmer, als dass gerade jetzt mit der sich rasant ausbreitenden Omikron-Variante tagesaktuelle Daten zum Beispiel zur Belegung der Normalstationen in Kliniken zur Lageeinschätzung dringend gebraucht würden.

Es ist ein Trauerspiel: Die Digitalisierung des Gesundheitswesens verläuft ähnlich träge und pannenreich wie der Bau des Berliner Flughafen BER. Der Unterschied: Der Flughafen wurde 14 Jahre nach dem ersten Spatenstich dann doch noch eröffnet. Im Gesundheitswesen funktioniert die elektronische Patientenakte auch 19 Jahre nach dem Startschuss immer noch nicht. Nun muss man zwischen den Versäumnissen zweier Jahrzehnte und den aktuellen Fehlern unterscheiden. Gäbe es schon die elektronische Patientenakte, mit der Versicherte die Hoheit über sämtliche ihrer Gesundheitsdaten hätten und die sie komplett oder in Teilen für die Behandlung in Praxen und Kliniken freischalten könnten, dann wäre auch die Datenlage für den Kampf gegen Corona besser.

Das Ding ist von seiner vollständigen Funktionsfähigkeit aber noch weit entfernt – zu befürchten steht, dass es eines Tages ohnehin von besseren Systemen überholt ist.

Improvisations-Versuche wurden abgewimmelt 

Aber: Einzelne Akteure im Gesundheitswesen machen sich sehr wohl Gedanken, wie man zumindest mit Improvisation an die notwendigen Daten kommt. Wenn dann aber beispielsweise die Deutsche Krankenhausgesellschaft von der Regierung und vom RKI mit ihrem Vorstoß abgewimmelt wird, die Bettenbelegung mit Covid-19-Patienten auf den Normalstationen tagesaktuell zu ermitteln, dann ist das ein Desaster.

Ergänzt sei an dieser Stelle – es war November, als die DKG ihren Vorschlag vorlegte. Der Eindruck in der Öffentlichkeit, dass der beherzte Kampf in den Zeiten des Regierungswechsels sträflich vernachlässigt wurde, bestätigt sich also einmal mehr.

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Der Expertenrat der Bundesregierung legt mit seiner Stellungnahme den Finger einmal tief in die Wunde. Der Zeitpunkt ist günstig. Die Ampelregierung kann noch auf die Defizite ihrer Vorgänger verweisen. Die Problemlösung beginnt damit, reinen Tisch zu machen. In zwei Jahren wird sich die Ampel dann am Fortschritt auch in der Digitalisierung des Gesundheitswesens messen lassen müssen.

Der Expertenrat ist übrigens eine nützliche Institution. Das Gremium hat für drei Ministerpräsidentenkonferenzen nun vier Papiere vorgelegt. Aus den Papieren gehen zwar keine konkreten Handlungsempfehlungen hervor. Die Lageanalyse ist aber stets präzise, auch für Laien verständlich und für die Verantwortlichen Politiker eigentlich unmissverständlich bezogen auf die notwendigen Maßnahmen.

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