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Kevin Volland über DFB-Elf„Die Hoffnung habe ich natürlich nicht aufgegeben“

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Bayer Leverkusen - SC Paderborn 07, 1. Spieltag in der BayArena. Leverkusens Kevin Volland freut sich über das Tor zum 1:0 durch Bailey. 

  1. Im Interview spricht der Torjäger über seinen Ex-Klub Hoffenheim und die Werkself.
  2. Das Thema Nationalmannschaft hat der Stürmer noch nicht endgültig abgehakt.
  3. Der 27-Jährige fühlt sich in Leverkusen wohl – und würde gern lange bleiben.

LeverkusenHerr Volland, Sie spielen am Samstag im Bayer-Trikot schon zum siebten Mal gegen ihren Ex-Klub Hoffenheim. Wie viel verbindet Sie noch mit der TSG?

Ich hatte vier überragende Jahre in Hoffenheim. Ich habe meine ersten Bundesliga-Erfahrungen dort gesammelt und immer die Rückendeckung der Trainer und Verantwortlichen gespürt. In Hoffenheim ist es sehr angenehm zu arbeiten, hochprofessionell auch. Deshalb habe ich sehr schöne Erinnerungen an den Verein. Aber ich bin jetzt im vierten Jahr in Leverkusen. Da hat sich viel getan. Strukturen verändern sich. Spieler kommen und gehen. Vor der Saison sind Kerem Demirbay und Nadiem Amiri aus Hoffenheim zu uns gekommen. Mit Nadiem  hatte ich drei Jahre in Hoffenheim zusammengespielt. Es ist immer schön, über die alten Zeiten zu reden. Vor allem für Kerem und Nadiem ist das Spiel wohl etwas Besonderes. Für mich ist es mittlerweile Normalität geworden.

Leverkusen und Hoffenheim sind Klubs mit einem großen Geldgeber. Hier das Bayer-Werk, dort Dietmar Hopp. Wie fällt ihr Vergleich aus?

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Ich finde, Leverkusen ist der deutliche größere Verein, spielt viel länger in der Bundesliga. Und wenn man die Auswärtsspiele sieht, die Fans, die mitkommen, das ist schon anders, wie auch das Anspruchsdenken im Klub. In Leverkusen hast du immer die Zielsetzung Champions League. In Hoffenheim bist du froh, wenn du ins internationale Geschäft kommst.

Als Sie 2016 für rund 20 Millionen Euro Ablöse nach Leverkusen kamen, haben sich viele gefragt, ob der Preis nicht zu hoch sei. Der Klub aber sah in Ihnen einen Spieler, der für viele Jahre das Gesicht der Mannschaft prägen kann.

Ich fühle mich sehr wohl, habe meine Rolle in der Mannschaft. Und wir haben einen guten Trainer, bei dem ich mich  weiterentwickeln kann. Verantwortung übernehmen ist immer so leicht gesagt, aber du musst es auf dem Platz dann auch machen. In diese Rolle wachse ich hinein.

Haben Sie sich von innen und außen immer ausreichend wertgeschätzt gefühlt?

Die Wertschätzung von außen kommt mit guten Leistungen. Das ist noch viel extremer geworden im Fußball. Du musst Tore machen und Spiele gewinnen, dann ist alles gut. Es kann sich aber innerhalb einer Woche alles schon wieder ändern. Doch ich habe aber über Jahre hinweg konstant meine Leistung gebracht. Meine Statistik spricht dafür. Die interne Wertschätzung für mich war immer da, war immer zu spüren. Schließlich habe ich über die Jahre hinweg fast jedes Spiel gemacht. Ich glaube schon, dass der Verein weiß, was er an mir hat.

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Täuscht der Eindruck, oder kommt Ihnen das offensive Ballbesitzsystem von Trainer Peter Bosz besonders entgegen?

Es war auch schon unter Heiko Herrlich ziemlich gut. Er hat mich auch in der Zentrale vorne drin gesehen. Klar kann ich in der Personalnot genau wie am Ende der vergangenen Saison im offensiven Mittelfeld spielen, aber der Trainer sieht mich vorne drin. Durch seine Spielweise sind wir sehr offensiv. Ich bin in meinen Augen auch ein guter Spieler gegen den Ball. So haben wir als Team gute Ballgewinne näher zum gegnerischen Tor. Und das kommt mir entgegen.

Wie sehen Sie Ihren Trainer Peter Bosz?

Ich finde ihn extrem professionell und sehr sachlich, wie er die Dinge angeht. Er erkennt auch zur richtigen Zeit Vorgänge in der Mannschaft, spricht immer auch unangenehme Dinge an, aber nie persönlich. Er hat eine klare Vorstellung davon, wie er spielen will und zieht es durch. Und er ist menschlich ein angenehmer Trainer. 

Ihre Leistungen haben Sie einst zum Nationalspieler gemacht. Aber seit drei Jahren gab es keine weitere Berufung von Joachim Löw. Auch bei den kommenden beiden Spielen gegen Niederlande und Nordirland sind Sie nicht dabei. Haben Sie die Hoffnung auf weitere Länderspiele aufgegeben?

Die Hoffnung habe ich natürlich nicht aufgegeben, sonst wäre ich ja kein professioneller Sportler. Man hat seine Ziele und will immer den maximalen Erfolg. Trotzdem habe ich seit 2016 kein Länderspiel gemacht, und ich hatte letztes Jahr und vorletztes Jahr objektiv und anerkannt gute Phasen. Aber wenn kein Anruf kommt, akzeptiert man das und macht einfach weiter. Ich habe mir  nichts vorzuwerfen.

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Kevin Volland mag das System von Trainer Peter Bosz (links)

Das klingt nicht verbittert.

Nein, um Gottes Willen. Ich bin entspannt bei diesem Thema. Klar kocht es immer wieder mal hoch, medial meine ich.  Ich sitze aber nicht nervös vor dem Handy und bin dann enttäuscht, wenn kein Anruf kommt. Der Fokus ist so auf den Verein gerichtet. Und da versuche, ich das Maximale herauszuholen.

Sie spielen unter Peter Bosz einen Fußball, der sich von dem Pressing-orientierten Fußball vieler anderer Bundesliga-Trainer unterscheidet, die auf Ballbesitz nicht so viel Wert legen. Wie fühlt sich das für einen Spieler an?

In Hoffenheim haben wir damals so gespielt, dass wir auf Ballgewinne möglichst nah am gegnerischen Tor aus waren, aber wenn wir den Ball hatten, sollten wir ihn ganz, ganz schnell wieder nach vorn spielen. Das ist eine Spielweise. Dann gibt es die Strategie, in der du eher abwartend und kompakt stehst und Mittelfeldpressing spielst und von da aus konterst. Und wir spielen jetzt eine wahnsinnig gute Mischung aus Ballgewinnen im letzten Drittel, kombiniert mit Ballbesitzfußball, der Kontrolle will, wenn der schnelle Angriff nicht geht. Dann lassen wir den Ball laufen. Aber wenn es möglich ist, spielen wir unsere Konter aus. Das macht uns, finde ich, extrem gefährlich, weil unberechenbar. Wir können zum einen jeden Gegner laufen lassen. Wir können aber zum anderen jedem Gegner mit den tiefen Läufen und unserer individuellen Qualität vorne wehtun. Das ist unsere Spielweise. Die macht richtig Spaß, aber sie erfordert natürlich auch eine sehr, sehr hohe Konzentration, auch wenn man gerade nicht am Ball ist.

Welche persönlichen Ziele treiben Sie an?

Meine Ziele? Natürlich träumt man von einem Titel. Immer. Jeder Spieler, egal wo der spielt, will einen Titel holen mit seiner Mannschaft. Ich sehe die Chancen im DFB-Pokal relativ groß. In der Meisterschaft ist es schon extrem schwer. Es wäre jetzt der falsche Weg, zu sagen: Wir wollen mit Leverkusen Deutscher Meister werden. Im Kopf will man das natürlich.  Dass wir gegen jeden Gegner gewinnen können, das ist keine Frage. Das haben wir letztes Jahr auch gezeigt. Aber es gibt in jeder Saison Phasen, die saumäßig schwierig werden, in denen sehr viel Gegenwind kommt, und da zeigt es sich, ob man da durchkommt. Dann ist alles möglich. Aber kurz- und mittelfristige Ziele sind: Dass wir nächstes Jahr wieder Champions League spielen. Dass wir im DFB-Pokal weit kommen und dann vielleicht im Finale stehen. Das steht auch auf meinem Zettel. Und in der  Champions League die Gruppenphase überstehen – da haben  wir ein paar richtig geile Highlight-Spiele.

Können Sie sich vorstellen, noch lange in Leverkusen zu bleiben?

Klar kann ich es mir vorstellen. Man muss halt schauen, wie sich die Saison entwickelt, ob man noch mit mir plant. Mein Vertrag läuft noch zwei Jahre, ich denke, bislang können beide Seiten sehr zufrieden sein.  Ich fühle mich hier pudelwohl.