5:2 gegen StuttgartBayer Leverkusen siegt spektakulär, hat aber Glück mit dem VAR

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Demirbay Tor Stuttgart

Kerem Demirbay traf zum 1:0.

Leverkusen – Bayer 04 Leverkusen hat nach den Enttäuschungen der letzten Wochen wie von Trainer Peter Bosz gefordert die Antwort auf dem Platz gegeben. 

Das Wichtigste zuerst

In einem Offensivspektakel bezwang die Werkself den Aufsteiger VfB Stuttgart mit 5:2 Toren. Das Spiel war jedoch vor allem in der zweiten Halbzeit umkämpfter und enger, als das Ergebnis es ausdrückt. Bayer 04 kann wenige Tage nach der Pokalblamage in Essen ein Abrutschen in der Bundesliga verhindern.

Die Tore

Das 1:0 von Kerem Demirbay in der 18. Minute wird vorbereitet von Moussa Diaby, der Kempf an der Strafraumgrenze düpiert und Torhüter Kobel mit einem Schuss zu einer Glanzreaktion zwingt. Der Ball prallt allerdings vor die Füße von Demirbay, der koordinativ anspruchsvoll zur Führung vollendet. Der Schütze lässt in der 31. Minute sein zweites Tor folgen, nachdem er von Leon Bailey mit einem wunderschönen Pass am Strafraum freigespielt wurde. Demirbay tunnelt Kobel elegant und macht seinen ersten Liga-Doppelpack für Bayer 04 perfekt.

In der 50. Minute erzielt der Österreicher Sasa Kalajdzic den Anschluss, weil er einen doppelten Zweikampf mit zwei Leverkusenern gewinnt. Zunächst hält sich der Zwei-Meter-Mann den Verteidiger Edmond Tapsoba vom Leib, umspielt ihn und überlupft dann den Torhüter Lukas Hradecky gekonnt.

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Der Anerkennung des 3:1 geht in der 56. Minute eine längere VAR-Entscheidung voraus. Dann erst wurde die Co-Produktion von Leon Bailey und Moussa Diaby offiziell als Tor anerkannt. Passiert war das: Bailey schickt Diaby in den Raum, der Franzose zieht außen an den Stuttgartern vorbei, legt wieder in die Mitte, wo schon wieder Bailey auftaucht und einschießt.

Das 4:1 in der 68. Minute wird eingeleitet und vollendet vom 17-jährigen Florian Wirtz. Der Ex-Kölner spielt Patrik Schick am Strafraum an, der leitet weiter auf Diaby, dessen Zuspiel in den freien Raum verwertet Wirtz zu seinem ersten Kopfballtreffer in der Liga. Das 2:4 in der 77. Minute wird von Erik Tommy auf der linken Seite eingeleitet, dessen Zuspiel verwertet Sasa Kalajdzic unhaltbar zum 2:4. Tapsoba kommt wieder zu spät. In der 84. Minute macht Demarai Gray in seinem ersten Spiel von Bayer 04 mit einem strammen Schuss von der Strafraumkante perfekt.

Das war gut

Die Haltung, die Energie und die Entschlossenheit, mit der Bayer 04 auf die Enttäuschungen und Kritik der letzten Wochen und Tage reagierte. Ohne einen Funken Zweifel am eigenen fußballerischen Vermögen kombinierte sich die Mannschaft von Trainer Peter Bosz durch die durchaus großen Räume in der Stuttgarter Abwehr und erspielte sich Chancen und Vorstufen von Chancen praktisch im Minutentakt. Überraschend war die körperliche Frische der Mannschaft, die vier Tage zuvor beim Schlamm-Drama von Essen noch 120 Minuten unter schwierigsten Umständen gearbeitet hatte. Ebenso erstaunlich die Lust und Spielfreude der Leverkusener Angreifer, die vor Kombinationslust nur so sprühten.

Das war schlecht

In einem Spiel mit fünf Toren von Bayer 04 ist diese Kritik auf den ersten Blick überraschend: Die Chancenverwertung. Schon vor der Halbzeit hätte das Team viel mehr als nur zwei Tore erzielen müssen. Reihenweise wurden am und im Strafraum beste Chancen durch verpasste Abschlüsse und letzte Pässe vergeben oder verdaddelt. Vor allem deshalb hatte der VfB in der zweiten Halbzeit lange die Gelegenheit, dieses Spiel noch auf seine Seite zu ziehen. Erst mit dem 4:1 war diese Partie weitgehend entschieden.

Mann des Spiels

Kerem Demirbay und Moussa Diaby sollten sich diesen inoffiziellen Titel teilen. Der Ex-Hoffenheimer stellte mit seiner Coolness im Abschluss die Weichen, der Franzose hat alleine drei Treffer vorbereitet. Diese individuellen Leistungen waren nötig, um den Tor-Fluch der letzten Wochen zu brechen.

Moment des Spiels

Ereignete sich im Kölner VAR-Keller rund um das 3:1 in der 57. Minute. Knapp eine Minute, ehe Bailey das Tor erzielte, hatte Kalajdzic dem Leverkusener Timothy Fosu-Mensah den Ball im Strafraum aus zwei Metern Entfernung an die Hand geschossen. Der Engländer hatte den Arm im Reflex fern aller Absicht auf Kopfhöhe gerissen, aber in der modernen Handspielbewertung spielt das keine Rolle.

Als Schiedsrichter Sven Jablonsky dem 3:1 die sofortige Anerkennung verweigerte und der VAR die Szeneminutenlang untersuchte, waren alle im Stadion der Meinung, diese Szene würde im Nachhinein untersucht und könnte die Aufhebung des Treffers zur Folge haben. Ein Irrtum. Der VAR untersuchte nur eine mögliche Abseitsstellung des Vorlagengebers Diaby, die nicht vorlag. Warum der Regelverstoß im entfernten Strafraum keine Rolle mehr spielte, konnte nicht ermittelt werden. Ein weiteres Indiz dafür, dass der VAR in deutschen Stadien keiner einheitlichen Linie folgt. „Das war ein glasklarer Handelfmeter, eine klare Fehlentscheidung. Das war eine nahezu spielentscheidende Situation. Deshalb ist das maximal bitter“, schimpfte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat.

Das sagen die Trainer

Peter Bosz (Trainer Bayer Leverkusen): „Ich bin zufrieden. Wir mussten gewinnen, das haben wir gemacht. Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit gut gespielt. Wir waren sehr aggressiv und haben endlich wieder Tore gemacht. Am Ende haben wir fünf Tore gemacht. Wenn man 5:2 gewinnt, muss man absolut zufrieden sein.“

Pellegrino Matarazzo (Trainer VfB Stuttgart): „Verdienter Sieg für Leverkusen, vor allem aufgrund der ersten Halbzeit. Da war ich sehr unzufrieden mit unserer Leistung. Wir waren zu weit weg vom Gegenspieler. Die Kette sah ein Stückweit dilettantisch aus. In der zweiten Halbzeit haben wir ein anderes Gesicht gezeigt. Trotz des 1:3 haben wir nicht aufgegeben und weiter bis zum Schluss gekämpft. Es hat leider nicht gereicht. Das müssen wir abhaken und weitermachen.“

Das sagen wir

Verdienter Sieg der Leverkusener, die allerdings Glück hatten, dass sich der VAR nicht für die Elfmeterszene vor dem 3:1 interessierte. Auffällig neben der unwahrscheinlichen körperlichen Frische nach dem Pokaldebakel war das Aufblitzen des neuen Talents von Jeremie Frimpong und Demarai Garay, die in ihrem ersten Spiel für Bayer 04 der letzten Viertelstunde für viel Gefahr vor dem VfB-Tor sorgten.

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