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Interview

Fortuna Kölns Trainer Matthias Mink
„Kleinigkeiten werden über den Aufstieg entscheiden“

5 min
RECORD DATE NOT STATED Regionalliga West Fortuna Köln - Rot-Weiß Oberhausen, 12.10.2024 Matthias Mink Fortuna Köln, Cheftrainer. Regionalliga West, Fortuna Köln - Rot-Weiß Oberhausen, 11. Spieltag, am 12.10.2024, Südstadion, Köln *** Regionalliga West Fortuna Köln Rot Weiß Oberhausen, 12 10 2024 Matthias Mink Fortuna Köln, Head Coach Regionalliga West, Fortuna Köln Rot Weiß Oberhausen, 11 Matchday, on 12 10 2024, Südstadion, Cologne Copyright: xBEAUTIFULxSPORTS/Meuselx

Fortuna Kölns Trainer Matthias Mink

Im Interview spricht der Coach über die Tabellenführung, den Unterschied zur letzten Saison und den Rassismusvorwurf gegenüber Verteidiger David Al-Azzawe.

Herr Mink, der SC Fortuna Köln überwintert an der Tabellenspitze der Regionalliga West. Wie zufrieden sind Sie?

Ich bin insgesamt sehr zufrieden. Der Start war sicher nicht optimal, was die Punkteausbeute betrifft. In den ersten Wochen ist es immer schwierig, Tendenzen zu erkennen. Aber wir haben eine starke Entwicklung genommen. Wir haben nur in Gladbach verloren – und selbst dort waren wir spielerisch klar überlegen. Die Mannschaft ist in einem Prozess, sie funktioniert, und wir verfügen über eine sehr gute Kaderbreite. Wenn man auf die Jahrestabelle schaut, haben wir hier etwas aufgebaut, das eine hervorragende Grundlage bietet. Wer kontinuierlich arbeitet, will sich stetig verbessern. Das ist ein Kernmerkmal dieser Mannschaft – und das kann uns noch erfolgreicher machen.

Aus den ersten drei Spieltagen hat die Fortuna nur vier Punkte geholt. War jene Phase als Trainer schwer zu managen?

Ob es wirklich eine schwierige Phase war, weiß ich nicht. Es war sicher kontrovers, weil früh vom Aufstieg gesprochen wurde – und das erhöht automatisch die Erwartungshaltung. Unser Ansatz war immer, gut zu starten und dann zu sehen, wohin es führt. Zu Beginn wusste niemand genau, wo wir stehen. Das hat uns in manchen Momenten schon zum Nachdenken gebracht.

Kaderbreite als wichtiger Faktor

Seitdem hat die Fortuna kein Spiel mehr verloren. Was hat sich im Vergleich zur vergangenen Saison verändert?

Entscheidend ist die Kaderbreite. Mehr Konkurrenz bedeutet, dass jeder performen muss. Das macht im Vergleich den kleinen Unterschied aus. Wir hatten damals ebenfalls starke Einzelspieler, aber in dieser Saison trägt das Mannschaftsgefüge noch stärker. Die Unterschiedsspieler kommen mehr zur Geltung, weil wir als Team mehr Klarheit und gemeinsames Verständnis entwickelt haben.

Und wie kann eine Mannschaft mit derart vielen neuen Gesichtern so schnell eine Einheit werden?

Die Spieler regeln vieles untereinander. Als Trainer braucht man ein gutes Gespür dafür, wie man neue Akteure integriert und die einzelnen Bausteine zusammenfügt. Manchmal muss man Impulse setzen – auch in Bezug auf die Art, wie wir Fußball spielen wollen. Intrinsische Motivation ist enorm wichtig – dass die Spieler wirklich Lust darauf haben. Die Mannschaft marschiert. Sie hat eine gewisse Widerstandsfähigkeit entwickelt. Wir sind in vielen Spielen zurückgekommen. Wichtig ist, dass wir grundsätzlich in der Lage sind, jeden Gegner zu schlagen – auch wenn Phasen gegen uns laufen. Selbst, wenn das Momentum beim Gegner lag, konnten wir es zurückholen. Identifikation ist entscheidend. Es geht darum, das, was man tut, wirklich zu leben. Das gilt für die Mannschaft insgesamt – unabhängig vom Erfolg.

Wie empfinden Sie die Entwicklung der einzelnen Spieler?

Wir sehen viele beeindruckende Entwicklungen. Das Interview von Lennart Winkler in dieser Zeitung war sehr selbstbewusst („Dass ich so schnell Stammtorwart werde, hat mich nicht überrascht“, d. Red.) – er hat einen starken Schritt gemacht. Robin Afamefuna wächst in seiner Rolle als Kapitän enorm. Enzo Wirtz ist bemerkenswert: Er lebt Fortuna Köln. Das spürt man bei vielen Spielern.

Auch Verteidiger David Al-Azzawe avanciere auf Anhieb zum Stammspieler. Nach dem Düsseldorf-Spiel stand ein Rassismusvorwurf ihm gegenüber im Raum, jüngst gab es einen Freispruch. Wie ist er mit der Situation umgegangen?

Was auf ihn eingeprasselt ist, war enorm. Der Vorwurf hat ihn und die Mannschaft sehr beschäftigt. Er hat sich das in den Spielen aber nie anmerken lassen und sehr bewusst damit umgegangen, obwohl es ihn menschlich stark belastet hat. Er ist ein positiver Mensch – und war überrascht, wie viele Kommentare gegen ihn gerichtet waren. David ist bis zur Verhandlung und auch danach absolut fokussiert geblieben.

Präsident Hanns-Jörg Westendorf hat Winter-Zugänge nicht ausgeschlossen.

Natürlich will man sich stets verbessern. Aber man sollte jetzt nicht zu viel verändern, um die Kontinuität nicht zu gefährden. Gleichzeitig hat man die Möglichkeit, punktuell Bausteine zu ergänzen, um einen weiteren Schub zu erzeugen. Das Winterfenster ist allerdings kompliziert. Mit Blick auf den Sommer müssen wir entscheiden, wo Verstärkungen sinnvoll sind. Wir wollen keine Unruhe reinbringen, aber offensiv kann man beispielsweise immer einen Impuls setzen.

In den vergangenen Jahren war die Rückrunde nicht der beste Freund der Fortuna. Worauf wird es ankommen, dass es diese Saison anders ist?

Man weiß nie, was im Winter passiert. Letztes Jahr hatten wir viele Verletzungen in der Rückrunde, verloren das Halbfinale im Mittelrheinpokal gegen Alemannia Aachen knapp und konnten in der Liga nicht mehr zu MSV Duisburg aufschließen. Dazu kamen zahlreiche auslaufende Verträge – das erzeugt Dynamiken, die manche Spieler zurückhaltender werden lassen. Auch die Trainingsbedingungen waren nur bedingt gut. Dieses Jahr sind wir besser aufgestellt. Die Kaderbreite hilft, Ausfälle zu kompensieren. An den Trainingsbedingungen selbst ändert sich allerdings nichts. Der Vorarbeiter, Ilyas Tasdelen, sagte, der Platz werde im Winter noch gelocht und gesandet.

Erhoffen Sie sich da mehr Unterstützung?

Natürlich. Wir werden trotz vieler Hinweise nicht gehört. Es kümmert sich schlicht niemand. Wir müssen damit leben und das Beste daraus machen. Aber es ist schade, dass sich nichts ändert. Wir fahren für fast 40.000 Euro in ein Trainingslager in der Türkei, um unsere Vorbereitung auf ein normales Niveau zu bringen. Das ist für einen ambitionierten Regionalligisten in der Sportstadt Köln eigentlich absurd. Oft heißt es, Sport sei wichtig für Integration, Jugendarbeit und Vielfalt. Aber honoriert wird das nicht. Man sieht, dass wir es leisten – aber man unterstützt uns nicht, indem man etwa in Infrastruktur investiert. Das ist enttäuschend.

Was erhoffen Sie sich vom Trainingslager in Side?

Dort werden die Bedingungen deutlich besser sein. Es tut der Mannschaft gut. Wir bestreiten zwei Testspiele gegen Lok Leipzig und den Chemnitzer FC auf guten Plätzen. Das erste Ligaspiel in Bochum wird sehr wahrscheinlich stattfinden, ebenso das Heimspiel gegen Gladbach II. Umso wichtiger ist, dass wir verlässliche Bedingungen haben, um unsere Testspiele durchzuführen. Vor dem Trainingslager spielen wir zudem gegen Paderborn II – wir haben also drei garantierte Spiele.

Die Fortuna ist Tabellenführer – also Aufstiegsfavorit?

Die Tabellenführung ist eine Momentaufnahme. Ein Punkt zu Schalke II, drei zu Oberhausen – in zwei Spielen kann sich alles drehen. Wichtig ist, dass wir in der Vorbereitung bewusst und konstruktiv an unseren Themen arbeiten und genau an das anknüpfen, was uns 2025 stark gemacht hat. Entwicklung darf nicht stehenbleiben. Das ist die Grundlage für erfolgreichen Fußball. Wofür es am Ende reicht, wird man sehen. Die Liga ist brutal ausgeglichen. Kleinigkeiten entscheiden, wer am Ende den Weg in die Dritte Liga schafft. Wir wissen um unsere Möglichkeiten – und wir haben uns eine hervorragende Ausgangslage erarbeitet.