Wasser hält das Gemäuer zusammen

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Vor 400 Jahren wurde das Herrenhaus des Gutes Etgendorf burgartig ausgebaut. Schon von weitem ist das Wahrzeichen, der vierkantige Turm, gut zu sehen.

Vor 400 Jahren wurde das Herrenhaus des Gutes Etgendorf burgartig ausgebaut. Schon von weitem ist das Wahrzeichen, der vierkantige Turm, gut zu sehen.

Bedburg-Kirchtroisdorf - Die Ansiedlung Etgendorf ist vermutlich noch viel älter. „Quellen belegen, dass es hier bereits um 1475 einen Hof gab“, sagt die heutige Besitzerin des Guts, die ungenannt bleiben möchte. Aber erst die Familie Simonius, die den Hof Ende des 16. Jahrhunderts zunächst als Erbpacht, später als Eigentum bekam, baute das Anwesen burgartig aus. „1605 entstand das Haupthaus“, weiß die Besitzerin, die mit ihrer Familie in dem historischen Gebäude lebt.

Wappen auf Wetterfahne

Das Auffälligste an dem zweigeschossigen Backsteinbau ist der Vierkantturm, der aus der Ecke des L-förmigen Hauses hervortritt. Eine ungewöhnlich hohe barocke Haube, deren Holzverstrebungen im Inneren an einen Schiffsrumpf erinnern, bildet den krönenden Abschluss. Auf der Wetterfahne an der Spitze des Helms ist noch heute das Wappen derer von Ritz zu sehen. Auch im Inneren das Hauses ist das Wappen der Familie in Stein gemeißelt. Denn als Petrus Simonius 1604 vom Kaiser persönlich in den Adelsstand erhoben wurde, nannte der Jülicher Hofrat sich fortan von Ritz.

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Vor ein paar Jahren hat der Geschichtsstudent Olaf Richter aus Mönchengladbach die Historie der Adelsfamilie von Ritz recherchiert und herausgefunden, dass Petrus Simonius vermutlich nicht ganz legal an seinen Titel gekommen ist. Erst nachdem 1597 die Herzogin Jakobe von Jülich heimtückisch im Schlaf erwürgt worden war, wuchs der Einfluss der Räte am Hof, und Simonius, von Haus aus Rechtsanwalt, wurde geadelt. Ob er an dem für ihn vorteilhaften Meuchelmord beteiligt war, lässt sich wohl nicht mehr nachweisen. Dass er in der Todesnacht im Schloss der Herzogin war, ist hingegen erwiesen.

Konstruktion auf Pfählen

Wie dem auch sei, das Gut Etgendorf wurde ausgebaut und als Rittersitz zu einem der angesehensten Häuser der Umgebung. Bis 1862 bewirtschaftete die Familie von Ritz das Gut, zu dem auch heute noch 100 Hektar Land gehören. Nach und nach wurde das Anwesen ausgebaut. Zum Herrenhaus gesellten sich Wirtschaftsgebäude wie eine Scheune, Ställe für die Tiere und Wohnungen für die Angestellten. Ein Wassergraben, der früher mit dem Pützbach verbunden war und heute mit Hilfe von RWE-Pumpen mit Grundwasser gespeist wird, umgibt das gesamte viereckige Anwesen. „Ohne den Druck des Wassers und die konstante Feuchtigkeit wäre die gesamte Konstruktion, die auf Pfählen steht, gefährdet“, erklärt die Besitzerin, deren Großvater das Gut von Rheinbraun als Entschädigung für das Schloss Morken-Harff bekam, das dem Braunkohleabbau zum Opfer fiel.

Neben den Wirtschaftsgebäuden entstand eine ungewöhnlich große Miste im Innenhof, in der früher der Pferdemist gesammelt wurde, der das Jungvieh wärmte. Heute dient das historische, etwa 200 Quadratmeter große Gebäude als Unterstellplatz für Fahrzeuge. Viel später, vermutlich um 1900, wurde das Schweizerhaus neben der Allee gebaut, die zum Gut führt. Wo früher der Melker, Schweizer genannt, wohnte, lebt und arbeitet heute der Künstler Stefan Laskowski.

Vor zwölf Jahren haben die heutigen Bewohner des Guts Etgendorf begonnen, die zahlreichen Umbauten am Herrenhaus weitgehend rückgängig zu machen und das 400 Jahre alte Gebäude in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Auch die Ländereien werden noch bewirtschaftet. Nur der unterirdische Wehrgang, der einst als Fluchtmöglichkeit für die Ritter gebaut wurde und vermutlich bis Kirchtroisdorf führte, wird nicht mehr gebraucht und ist verfallen.

Vielleicht ein Fest

Ob die Besitzer das Gut anlässlich des runden Geburtstags für Besucher öffnen, steht noch nicht fest. „Als wir im Sommer 2003 endlich so gut wie fertig waren mit der Restaurierung, haben wir mal ein kleines Fest für die Öffentlichkeit veranstaltet“, erzählt die Besitzerin. Etwas Ähnliches könne die Familie sich auch für das Jubiläumsjahr vorstellen: „Schließlich gibt es nicht viele Gebäude, in denen eine so lange Geschichte schlummert“, sagt die Besitzerin.

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