Mehrweg-Nachfrage wächstKölner Start-up Vytal profitiert vom Einwegplastik-Verbot

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Die Vytal-Gründer Sven Witthöft, Fabian Barthel und Tim Breker.

Köln – Den hippen Cocktail in der Lieblingsbar durch eine Nudel trinken? Was im ersten Moment seltsam klingt, ist gar nicht so fern. Denn seitdem in der EU ein Verbot zur Produktion von Einwegplastik herrscht, dürfen auch Strohhalme nicht mehr aus Plastik hergestellt werden. Stattdessen müssen Betreiber von Bars, Cafés und Restaurants auf Alternativen setzen:

Strohhalme aus Papier, Glas, Metall oder eben Makkaroni. Von dem Verbot sind auch To-go-Becher und Fast-Food-Verpackungen aus Styropor, Einwegbesteck sowie Rühr- und Wattestäbchen betroffen. Auch biologisch abbaubares Plastik wird nach und nach verschwinden; Restbestände dürfen Gastronomen noch aufbrauchen.

Pfandsystem für To-go-Speisen aus Köln

Alternativen gibt es seit einiger Zeit auf dem Markt. Seit Juni 2019 beispielsweise bietet das Kölner Unternehmen „Vytal“ Mehrwegbehälter als ökologische Alternative für To-go-Speisen an. Wobei Mitbegründer Tim Breker Mehrweg ein unpassendes Wort findet: „Mehrweg klingt nach mehr Arbeit.“ Dabei würde das System besonders wenig Arbeit machen. Denn es handle sich nicht um ein Pfandsystem. Stattdessen orientierten sich die drei Gründer Sven Witthöft, Fabian Barthel und Tim Breker an dem klassischen Bibliothekssystem: Jeder Nutzer hat 14 Tage Zeit, die Behälter bei teilnehmenden Betrieben zurückzugeben.

Alles zum Thema Ford

Menüschalen von Vytal

Neben wiederverwendbaren To-go-Bechern und einfachen Schüsseln hat Vytal auch unterteilte Menüschalen und Mehrweg-Sushi-Verpackungen im Sortiment. Und auch eine Mehrweg-Pizzaverpackung, bei der nur eine dünne Papiereinlage benötigt wird, bietet das Unternehmen an. Seit neuestem können die Behälter nicht nur in den teilnehmenden Gastronomiebetrieben abgegeben werden, sondern auch bei Gorillas-Fahrern, die den bestellten Einkauf vorbeibringen, sagt Geschäftsführer Tim Breker.  

Bei Bedarf kann die Ausleihfrist für einen Euro pro Behälter verlängert werden. Werden die Schüsseln oder Becher weder verlängert noch innerhalb der zwei Wochen zurückgebracht, werden von dem in der App hinterlegtem Konto automatisch zehn Euro pro Behälter abgebucht. Der Nutzer kann die Teile behalten oder bekommt bei Rückgabe eine Gutschrift.

Zusammenarbeit mit Supermärkten und Kantinen

Mittlerweile arbeiten die Kölner Gründer neben Lebensmittel-Einzelhändlern wie Rewe und Basic Bio auch mit Gastronomiebetrieben wie Bento Box, Hans im Glück und Aloha Poke zusammen. Auch in den Unternehmenskantinen von Siemens, Ford, Evonik und SAP seien die Schalen zu finden, so Breker. Allgemein sei die Nachfrage von Unternehmen seit Corona besonders stark gewachsen. Durch das Einmalplastikverbot beschäftigten sich nun auch große Ketten mit Mehrweg, sagt der Gründer. „Unser Wunsch ist es, mit den großen Discountern ein Mehrwegsystem zu entwickeln.“

Mehrwegbehälter von Vytal für To-go-Speisen wie Salat.

Mehrwegbehälter von Vytal für To-go-Speisen wie Salat.

Breker befürwortet das neue Verbot, sagt aber auch, dass es nur ein kleiner Schritt sei. Denn: Aluminiumverpackungen sind weiterhin erlaubt. Vielmehr hofft Breker auf die jüngst beschlossene Mehrwegpflicht ab Januar 2023, bei der alle gastronomischen Betriebe mit über 80 Quadratmetern und mehr als fünf Mitarbeitern sowie alle Filialen von Ketten, eine Mehrwegalternative für Essen und Getränke zum Mitnehmen anbieten müssen. Laut dem Bundesgesetz darf dabei die Mehrwegvariante nicht teurer sein als das Einweg-Produkt.

Recup setzt auf ein Pfandsystem

Über die Mehrwegpflicht freut sich auch das Münchner Unternehmen „Recup“, welches ähnlich wie Vytal Mehrwegbecher und seit neuestem unter dem Namen „Rebowl“ auch Mehrwegschüsseln anbietet. Anders als beim Kölner Start-up handelt es sich bei Recup um ein Pfandsystem: Der Kunde zahlt zu seinem bestellten Essen oder Getränk einen kleinen Betrag, der ihm bei Rückgabe der Schüsseln und Becher gutgeschrieben wird.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Wir wissen, dass die Gastronomie gerade an allen Stellen zu kämpfen hat. Unsere Aufgabe ist es nun zu zeigen, dass eine Mehrwegalternative nicht nur jede Menge Müll vermeidet, sondern die Gastronomen und Gastronominnen mit unserem Pfandsystem auch aktiv Kosten einsparen können“, sagt Fabian Eckert, Gründer und Geschäftsführer von Recup. Für die Gastronomen kostet das Recup-System zwischen 25 und 45 Euro und sei damit besser zu kalkulieren als die Wegwerfprodukte, so das Unternehmen, das die Becher unter anderem bei Shell, Aral und Alnatura anbietet.

Trotz großer Unsicherheiten bei den Gastronomen wuchs Vytal seit Mai 2020 wöchentlich um rund zehn Prozent, wodurch etwa 1,1 Millionen Einwegverpackungen gespart werden konnte, sagt Tim Breker. „Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“

KStA abonnieren