NFT-SammelkarteRiskantes Investment in Bayer-Spieler Florian Wirtz

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Florian Wirtz im Derby gegen den 1. FC Köln, in dem er sich später verletzte.

Florian Wirtz im Derby gegen den 1. FC Köln, in dem er sich später verletzte.

Köln – Es ist eine Geschichte, die beinahe symptomatisch für die Gefahr digitaler Investments ist: Stolze 214.215,12 Euro investierte ein Fan in eine digitale Sammelkarte des Bayer-Leverkusen-Fußballers Florian Wirtz im Online-Spiel Sorare. Sein Ziel war es, mit der Karte, die nach der Leistung des echten Wirtz auf dem Fußballrasen bewertet wird, in dem Spiel noch erfolgreicher zu werden, ihren Wert zu steigern und sie gewinnbringend wieder zu veräußern.

Doch es kam anders: In einem Spiel des Bundesligisten gegen den 1. FC Köln verletzte sich Wirtz und musste vom Spielfeld getragen werden. „Kreuzbandriss – Florian Wirtz fällt lange aus“, teilte Bayer Leverkusen mit. Etwa sieben bis acht Monate Spielpause prognostizierte man. Während Wirtz sich von der Verletzung erholt, macht sich der Fan vermutlich Sorgen um sein Investment, denn der Wert seiner Sammelkarte dürfte erheblich abgesackt sein.

Limitierte Spielkarten

2018 gründeten die beiden Franzosen Nicolas Julia und Adrien Montfort das Online-Spiel Sorare. Ähnlich wie bei klassischen, gedruckten Spielkarten geht es darum, bei dem digitalen Fußball-Manager ein möglichst starkes, virtuelles Fußballteam aus fünf Spielern zusammenzustellen. Wie stark die Spieler sind, wird regelmäßig vom britischen Sportanalysten Opta Sports anhand von Toren, Vorlagen, Passquoten und so weiter bewertet. Am Ende jeden Spieltags wird eine Rangliste der erfolgreichsten Team-Manager aufgestellt – sie erhalten nicht nur neue Spielkarten, sondern auch ein Preisgeld.

Wie auch bei analogen Sammelkarten gibt es nicht jede Karte gleich oft. Es gibt unlimitierte, kostenlose Karten, aber auch besonders seltene von Überfliegern wie Wirtz. Über den Wert der Karte bestimmen mehrere Faktoren: Seltenheit, Leistung des Spielers im echten Spiel und wie oft die jeweilige Karte bereits im digitalen Spiel zum Einsatz kam – denn mit jedem neuen Einsatz kommen weitere Punkte hinzu.

Mehr als 600.000 Euro für Haaland

Daher erfreut sich der Markt, auf dem spielerfahrene Karten gehandelt werden, großer Beliebtheit auf der Sorare-Plattform. Wer eine Karte besitzt, die viele Punkte einbringt, der kann sie dort für viel Geld veräußern. Aber auch der Anbieter selbst startet Auktionen für neue, besonders seltene Karten.

Sowohl aufgerufene als auch gezahlte Preise werden dabei immer größer. Erst im Januar zahlte ein Online-Manager 609.513 Euro für eine bloß einmal im Spiel existierende Karte von Borussia Dortmunds Erling Haaland. Wobei er genaugenommen nicht in Euro, sondern der Kryptowährung Ether – also mit digitalem Geld, das besonders sicher sein soll. 

NFT auf der Blockchain

Fälschungssicher sollen die Spielkarten sein, weil es sich um sogenannte Non-fungible Tokens (NFT) handelt. Die „nicht ersetzbaren Wertmarken“ sind digital existierende Objekte, die einzigartig sein sollen. Das geschieht, indem zum Beispiel für ein Bild ein Zertifikat erstellt wird, aus dem hervorgeht, wer der rechtmäßige Besitzer dieses Bilds ist. Vervielfältigt werden kann das Bild trotzdem – einen Geldwert hat es aber nur mit dem Zertifikat.

Gespeichert ist der NFT, ebenso wie die Kryptowährung Ether, auf der Blockchain. Im Gegensatz zu normalen Servern, die einzigartig einen Datensatz speichern, gibt es in der Blockchain unzählige Server, die alle denselben Datensatz speichern und sich gegenseitig auf Korrektheit überprüfen. Wird beispielsweise ein NFT an einen neuen Besitzer übertragen, so prüfen die Server erst, ob alle Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Zahlungsfähigkeit, gegeben sind. Eine Manipulation soll kaum möglich sein, weil jeder Server Unstimmigkeiten im Abgleich erkennen würde.

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Um NFTs ist ein regelrechter Hype entstanden. Doch bereits seit Oktober nehmen sowohl die Zahl der Transaktionen als auch die insgesamt gezahlten Summen für NFTs wieder ab, wie aus den Zahlen des Branchenportals NonFungible hervorgeht. Am 9. August 2021 wurden mehr als 220.000 NFTs verkauft, am 29. August betrug die Handelssumme rund 411 Millionen US-Dollar. Am 3. April 2022 hingegen waren es knapp mehr als 5000 NFTs für knapp 18,5 Millionen Dollar.

Bei Sorare läuft es hingegen sehr gut: mit einer Bewertung von knapp 3,7 Milliarden Euro ist es das erfolgreichste französische Start-up. Erst im vergangenen September hat Sorare in einer Finanzierungsrunde 581 Millionen Euro eingesammelt, angeführt vom japanischen Investmentriesen Softbank. Auch bekannte Fußballer befinden sich unter den Investoren, wie Gerard Piqué (Spanien), Antoine Griezmann (Frankreich) – hinzu kommen Ex-Profi André Schürrle und DFB-Direktor Oliver Bierhoff sowie Tennisspielerin Serena Williams.

Was nun besagter Fan mit seiner Wirtz-Sammelkarte anstellt, ist nicht bekannt. Womöglich hat er sie an einen anderen Spieler verkauft, der an Wirtz' Rückkehr glaubt – oder er selbst blickt zuversichtlich in die Zukunft des Leverkuseners und erwartet damit eine erneute Wertsteigerung der Karte. „Er wird noch besser zurückkommen, als er vorher schon war“, sagte zumindest der scheidende Leverkusener Sport-Geschäftsführer Rudi Völler. „Ich habe ihn gestern noch getroffen, er macht ja schon seine Reha. Er will schnell wieder fit werden, aber das dauert noch eine Weile.“

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