Düstere Konjunkturprognose des RWINRW-Wirtschaft rutscht 2023 in die Rezession

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Ein Stahlarbeiter arbeitet am Hochofen Thyssenkrupp. Hier wird Roheisen produziert

Ein Stahlkocher arbeitet am Hochofen bei Thyssenkrupp in Duisburg. Die energieintensiven Industrien in NRW erholen sich nur langsam vom Energiepreisschock. Foto:dpa

Hohe Energiepreise, fehlende Fachkräfte und die Inflation machen den Unternehmen zu schaffen. Die Wirtschaftsleistung in NRW wird 2023 um 0,3 Prozent sinken.

Hohe Energiekosten und die dadurch befeuerte starke Inflation setzen der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen stärker zu als im Bund und haben sie zum Jahreswechsel 2022/23 in die Rezession rutschen lassen.

Im gesamten Jahr 2023 wird die Wirtschaftsleistung sich nach einer aktuellen Prognose des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung nur langsam erholen und wegen des schwachen Auftakts um 0,3 Prozent schrumpfen, im Bund hingegen nur um 0,1 Prozent. Im März waren die Wissenschaftler noch von einer Stagnation ausgegangen.

Arbeitsmarkt in NRW soll um 67.000 Stellen wachsen

Damit trifft die Energiekrise Deutschland und vor allem das Industrieland NRW im internationalen Vergleich besonders hart. Der Rückgang der Energiepreise komme erst allmählich bei den Verbrauchern und in der Wirtschaft an. Der Arbeitsmarkt wird sich nach der Prognose aber deutlich positiv entwickeln und wie im vergangenen Jahre um 67.000 Stellen wachsen. Der Jobzuwachs und das Wirtschaftswachstum könnten nach Ansicht der Experten noch höher ausfallen, wenn die Betriebe genügend Fachkräfte fänden.

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„Die Wirtschaft kämpft sich aus der Rezession“, sagte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur. „Umso erfreulicher ist es, dass die Beschäftigung trotz Fachkräftemangel und schwacher Konjunktur weiter wächst. Die preislichen Entlastungsmaßnahmen greifen immer mehr, für Investitionen brauchen Unternehmen aber auch Planungssicherheit für die nächsten Jahre.“

Wirtschaftsministerin Neubaur fordert günstigen Industriestrompreis

Die Grünen-Politikerin forderte für die Übergangszeit, bis eine „sichere und günstige Versorgung mit Erneuerbaren Energien“ garantiert sei, „einen Industriestrompreis, der gerade der energieintensiven Industrie im internationalen Wettbewerb hilft. Wir brauchen vor allem aber Menschen in den Betrieben, die Projekte in die Tat umsetzen. Deshalb haben wir die Fachkräfteoffensive NRW gestartet.“ Der Bund müsse schnell ein „praxistaugliches“ Einwanderungsgesetz für Fachkräfte vorlegen.

Aus Sicht des RWI-Konjunkturexperten Torsten Schmidt wird die konjunkturelle Erholung der NRW-Wirtschaft „in diesem Jahr schwach bleiben, wie die Belastungen durch die hohe Inflation nur langsam abklingen“. Bemerkenswert robust zeige sich die Bauproduktion. In den energieintensiven Industrien sei mit „einer leichten Erholung zu rechnen“.

Für Ralf Stoffels, Präsident der IHK NRW, ist ein Aufschwung noch nicht in Sicht. „Die Versorgung und die Preisentwicklung bei Energie, der Fach- und Arbeitskräftemangel und die anhaltend hohe Inflation bereiten den Unternehmen Sorge. Die hohe Unsicherheit führt dazu, dass viele derzeit abwarten und Investitionen zurückstellen.“

SPD-Fraktion will einen 30 Milliarden Euro schweren Transformationsfonds

Die SPD-Oppositionsfraktion im Düsseldorfer Landtag kritisierte die Passivität der Wirtschaftsministerin. Sie sei „seit einem Jahr mehr Beobachterin denn Akteurin im wirtschaftlichen Geschehen in Nordrhein-Westfalen. Diese Passivität ist gefährlich. Wer sich gegen aktive Industriepolitik entscheidet, nimmt Deindustrialisierung, Job- und Wohlstandsverluste in Kauf“, sagte ihr wirtschaftspolitischer Sprecher André Stinka und schlug einen Transformationsfonds in Höhe von 30 Milliarden Euro vor, um es Unternehmen zu ermöglichen, auf klimaneutrale und kreislauforientierte Produktionsprozesse umzustellen.

„Was beim gemeinsamen Einsatz von Industrie und Staat möglich ist, zeigt das Beispiel Thyssenkrupp. Gefördert von Bund und Land will das Unternehmen die Produktion von grünem Stahl in Duisburg aufbauen. Dieses Projekt muss zum erfolgreichen Vorbild für weitere Standorte in NRW werden“, so Stinka.

Neubaurs Vorschlag, einen Industriestrompreis einzuführen, erteilte die FDP-Fraktion eine Absage. Eine „dauerhafte Quersubventionierung durch alle anderen Stromkunden“ sei falsch. „Wir brauchen Entlastungen für die Wirtschaft in ihrer gesamten Breite“, sagte Dietmar Brockes, Sprecher für Wirtschaft bei den Liberalen. „Der Eindruck verfestigt sich, dass die Landesregierung es nur mit ihrer Klimaagenda ernst meint, nicht aber mit einer nachhaltigen Wirtschafts- und Wachstumspolitik.“

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