Entertainment-Managerin Ingrid Langheld und Endemol-Deutschland-Chef Fabian Tobias sorgt es, wenn Firmen wie Ford ihre Unterstützung für Diversität kürzen.
Unternehmen beim CSD in Köln„Ich bin überrascht davon, in welchem Tempo der Rückzug stattfindet“

Fabian Tobias, Geschäftsführer von Endemol-Shine Germany, und Ingrid Langheld, Geschäftsführerin von Banijay Media Germany und Brainpool Live Entertainment
Copyright: Martina Goyert
Im April sendeten die Macher des CSD in Köln einen Hilferuf: Mehrere Firmen mit US-Muttergesellschaften hätten sich aus dem Sponsoring von Paraden in Deutschland zurückgezogen – und jetzt treffe es auch Köln. Namen wurden nicht genannt, doch der „Kölner Stadt-Anzeiger“ brachte in Erfahrung: Ford, Kölns größter industrieller Arbeitgeber mit 11.500 Beschäftigten und im Jahr zuvor noch Werbepartner mit prominenter Logo-Platzierung, würde die Unterstützung in diesem Jahr streichen.
Von Ford-Mitarbeitenden, die anonym bleiben wollten, erfuhr diese Zeitung: Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten habe es eine entsprechende Weisung aus der Zentrale in den USA gegeben. Die Mehrheit der Belegschaft stehe ausdrücklich nicht hinter den Vorgaben der Ford-Zentrale. „Wir haben hier im Kölner Werk eine offene Tradition, anders wären wir hier nie erfolgreich gewesen. Das, was nun passiert, widerspricht unseren Werten.“
Rückzug auch bei anderen CSD-Veranstaltungen
Das Phänomen sei auch bei anderen CSD-Veranstaltungen zu beobachten, bestätigt Doreen Hoffmann, Vorstandsmitglied des Dachverbands CSD Deutschland: „Immer mehr Partnerinnen und Partner, darunter auch internationale Unternehmen, ziehen sich zurück oder reduzieren ihr Engagement – nicht selten mit Verweis auf politische Entwicklungen oder unternehmensstrategische Veränderungen.“
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2024 war Ford noch großer Werbepartner auf der CSD-Bühne. Dieses Engagement gilt nicht mehr.
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Ingrid Langheld sagt, es sei gerade „der schlechteste Zeitpunkt, das Engagement zurückzufahren“. Langheld ist Geschäftsführerin zweier Kölner Unternehmen aus der Entertainment-Branche – der Vermarktungsagentur Banijay Media Germany und dem Event-Veranstalter Brainpool Live Entertainment mit zusammen 120 Angestellten. „Unternehmen haben auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft“, sagt Langheld dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Rückzug vom CSD durch Firmen sei „besorgniserregend“. In den letzten Jahren seien viele Firmen auf den Zug aufgesprungen, und plötzlich führten einige ihr Engagement wieder zurück. „Ich bin überrascht davon, in welchem Tempo das stattfindet.“
Dem Interview ist auch Fabian Tobias zugeschaltet. Der Geschäftsführer von Endemol-Shine Germany, einer Tochter der Banijay-Gruppe mit 350 Mitarbeitenden, spricht darüber, was es für queere, schwule, lesbische und trans Menschen bedeutet, wenn Unternehmen sich zurückziehen. Fabian Tobias ist sich sicher: „Das verursacht natürlich auch Angst und Verunsicherung. Ein Unternehmen positioniert sich schließlich gegen den CSD, wenn es so entscheidet.“ Er könne sich vorstellen, dass viele queere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in einem solchen Unternehmen nicht mehr beheimatet fühlen. „Wer einmal in die Richtung gegangen ist, Diversität zu unterstützen, und jetzt die Rolle rückwärts macht, macht sich sehr unglaubwürdig. Die Werte eines Unternehmens sollten sich nicht nach einer politischen Windrichtung drehen, sondern tief im Selbstverständnis verankert sein.“
In einer Zeit, in der die Straftaten gegen queere Menschen auf einem Höchststand sind, sei es besonders wichtig, Flagge zu zeigen, sagt Fabian Tobias. Als Deutschland-Chef von Endemol-Shine produziert er erfolgreiche TV-Formate wie „The Masked Singer“, „Die Höhle der Löwen“, „Wer wird Millionär“ und „Kitchen Impossible“.
„Ich bin der Überzeugung, dass ein Grund für unseren Erfolg ist, dass bei uns sehr unterschiedliche Menschen miteinander arbeiten“, sagt Tobias und zitiert eine Studie der Unternehmensberatung PwC. Mit diversen Teams bestehe eine 40 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. „Ich empfinde es aber auch einfach als riesige Bereicherung, dass Menschen sich frei entfalten können, lieber zur Arbeit kommen und eine höhere Identifikation mit dem Unternehmen haben.“
„Ein sicherer Hafen für alle“
„Wir wollen ein sicherer Hafen für alle sein“, sagt Ingrid Langheld über die Rolle ihres Unternehmens. Es wäre ja auch schön, diese Themen überhaupt nicht mehr herausheben zu müssen, konstatiert sie. Sie glaube jedoch, dass es wichtig ist, die Haltung nach außen sichtbar zu machen – auch beim CSD in Köln, wo Banijay zum ersten Mal mit einem eigenen Wagen vertreten sein wird. „Mir ist wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, damit das Thema Diversität nicht klammheimlich verschwindet.“
Fest steht: Der Kölner CSD wird nicht so schnell verschwinden. Davon waren die Macher auch schon überzeugt, als Ford sein Sponsoring zurückzog. „Der Cologne Pride findet statt, auch im gleichen Rahmen und genauso bunt wie immer“, sagte Hugo Winkels, Pressesprecher und Vorstand, bereits vor wenigen Monaten.
Inzwischen ist der CSD in Köln sogar gestärkt. Eben weil die Macher Alarm geschlagen hatten, meldeten sich mehrere Firmen neu als Unterstützer. Und auch Ford ist nicht ganz aus dem CSD verschwunden. Während die direkte finanzielle Unterstützung gestrichen wurde, stellt der Autobauer weiter jene Autos zur Verfügung, die zum Beispiel Künstlerinnen und Künstler durch die Stadt fahren.
Eine solche Sichtbarkeit queerer Menschen sei so unglaublich wichtig, weil eine Minderheit sonst schnell unsichtbar werde, sagt Ingrid Langheld. Sie freue sich über jedes Unternehmen, dass es ernst meint mit Vielfalt und Diversität und sich laut dafür engagiere.
Auch ihr Kollege Fabian Tobias freut sich darauf, „ein sehr lautes, sehr positives Zeichen“ zu setzen. Und doch ist er nicht durchweg optimistisch. Als junger Mensch, da habe er immer ein grundpositives Gefühl gehabt. 2001 habe er sich geoutet, auch zu dieser Zeit sei nicht alles gut gewesen, aber immer habe er gedacht, morgen werde es besser. „Dieses Gefühl habe ich nicht mehr, schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Aber so deutlich wie in diesem Jahr war es noch nie. Das spornt mich an.“