Erstmals in der Geschichte des Kölner Werks gibt es eine Urabstimmung über Streiks. Die Beschäftigten fordern Absicherungen für Fall einer Insolvenz.
Urabstimmung gestartetIn Kürze drohen bei Ford in Köln harte Streiks

Yücel (l.) ist seit 1998 bei Ford und Özgür seit 2001. Beide gaben nach der Betriebsversammlung ihre Stimme ab.
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Der Konflikt beim Kölner Autobauer Ford spitzt sich weiter zu. In der Nacht zu Montag hat die Urabstimmung der Belegschaft begonnen. Bis Mittwoch können die Beschäftigten abstimmen. Am Donnerstag wird ausgezählt. Liegt die Beteiligung bei 75 Prozent Ja- Stimmen sind bei den Kölner Ford-Werken befristete und unbefristete Streiks möglich.
„Wir erwarten ein sehr gutes Ergebnis“, sagt Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka. Die Motivation bei den Beschäftigten sei sehr hoch und der Zusammenhalt groß. „Alle wissen, wie ernst die Lage ist“, so Gruschka.
Druck auf Management wächst
Mit der Androhung von Streiks wollen die Arbeitnehmervertreter den Druck auf das Management deutlich erhöhen. Die Stimmung auf der Betriebsversammlung am Montag sei kampfbereit gewesen, berichten Teilnehmer. Bislang hatte es in den vergangenen Wochen lediglich mehrere Warnstreikwellen gegeben.
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Hintergrund der Auseinandersetzung ist zum einen, dass das Management bis Ende 2027 von derzeit noch etwa 11.500 Stellen 2900 streichen will. Betriebsbedingte Kündigungen sind aber bislang bis 2032 vertraglich ausgeschlossen.
Zudem hat die US-Mutter die sogenannte Patronatserklärung aufgehoben. Das war bislang eine Art Schutzschirm oder Garantie der Ford Motor Company für ihre deutsche Tochter. Im Rahmen dessen hatte die US-Mutter bislang auch alle Verluste übernommen. Die Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsrat sehen die Gefahr einer möglichen Insolvenz und fordern deshalb für die gesamte Belegschaft einen Sozialtarifvertrag mit hohen Abfindungen, zum Schutz der Beschäftigten im Falle einer Insolvenz bis Ende 2033.
Das lehnt die Geschäftsführung unter der Verhandlungsleitung von Marcus Wassenberg bislang aber ab. Mehrere Gesprächsrunden seit vor Ostern blieben bislang in den zentralen Punkten ohne Ergebnis. Nur an sehr untergeordneten Stellen habe es Annäherungen gegeben, heißt es.
Erste Urabstimmung in der Geschichte
Ford Deutschland ist unter Druck: Das Unternehmen hat seine gesamte Kölner Produktion zwar auf Elektro umgestellt und dafür fast zwei Milliarden Euro investiert. Der Verkauf der beiden E-Auto-Modelle Explorer und Capri verläuft seit Monaten aber schleppend.
Wann es in welchem Umfang zu Arbeitsniederlegungen kommen wird, darüber entscheidet bei erfolgreicher Urabstimmung die Streikleitung, sagt David Lüdtke, Sprecher der IG Metall bei Ford in Köln. Der Konflikt mit der Geschäftsführung habe aber dazu geführt, dass die IG Metall deutlichen Zuwachs bei ihren Mitgliedern habe. Seit vergangenem Herbst sei die Zahl um zehn Prozent gewachsen. Dabei ist der Organisationsgrad - also der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder im Verhältnis zur gesamten Belegschaft - in der gesamten Autoindustrie und so auch bei Ford ohnehin besonders hoch. „Wir sind bei einer sehr hohen zweistelligen Prozentzahl angekommen und damit nicht mehr weit weg von den 100 Prozent“, sagt Lüdtke.
Für die Kölner Ford-Werke ist es die allererste Urabstimmung in der mehr als 100-jährigen Geschichte des Unternehmens in Deutschland. Bislang konnten sich Management und Arbeitnehmervertreter immer ohne Streiks auf eine Lösung verständigen.