Vorbereitung auf Kölner E-FordKluge Roboter statt Emu-Federn

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Ford-Werkshalle

Köln – Bislang herrschte während der Werksferien auf dem Gelände von Ford in Niehl Stille. In den Wochen der produktionsfreien Zeit blieben nur wenige Mitarbeiter, um die Anlagen zu warten und instand zu setzen. In diesem Jahr ist das allerdings anders, es herrscht Betrieb in Niehl. Denn derzeit steht in den Kölner Ford-Werken alles im Zeichen der Vorbereitung für den Bau des ersten rein elektrischen Modells des US-Autobauers in Europa.

Ab dem kommenden Jahr soll der E-Ford in Köln vom Band laufen. Ein zweites Modell soll 2024 ebenfalls von Köln aus an den Start gehen. Wie das erste Modell wird auch das zweite ein Crossover. Insgesamt zwei Milliarden Dollar investiert der US-Mutterkonzern dafür in den Standort am Rhein.

Zwei Produktionen parallel

Da der Bau des Fiesta parallel zum neuen E-Modell eine Zeit lang weiterlaufen soll und auf dem Areal nicht viel Platz für Neubauten ist, wird grundlegend umgebaut und ertüchtigt. Denn die Anforderungen für den Bau eines E-Autos unterscheiden sich in vielen Punkten grundlegend von denen eines Verbrenners. So sind Elektroautos etwa 15 bis 20 Prozent schwerer, weil die Karosserie die Batterie tragen muss. Zudem ist das E-Auto als Crossover insgesamt größer als der Fiesta.

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Ford-Werkshalle

Und so gestaltet sich etwa die sogenannte „Hochzeit“ anders als bislang. Darunter versteht man das Herzstück der Endmontage – die „Vermählung“ von Antriebsstrang und Karosse, also vereinfacht gesagt: Ober- und das Unterteil mit Vorder- und Hinterachse, Motor und Batterie.

Mehr Mitarbeiter für komplexen Prozess

„Waren es beim Fiesta bislang sechs Schrauben, die von vier Robotern festgezogen wurden, so sind es beim E-Modell insgesamt 53“, sagt Andreea Summa (29), die für die Koordination in der Endmontage zuständig ist. Die Vorbereitung der Unterböden und der gesamte Prozess sei deutlich komplexer, erklärt die studierte Elektrotechnikerin. Statt bislang zehn werden künftig 21 Mitarbeiter in diesem Produktionsschritt eingesetzt.

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Ausblick auf Köln

Eine der beiden bisherigen Fiesta-Fertigungslinien wurde im Zuge des Umbaus bereits in nur zwei Tagen abgebaut. Eine komplett neue Linie entsteht gerade. Für sie wird eine 100 Meter lange, neun Meter tiefe und drei Meter breite Grube ausgehoben, denn das ganze Programm braucht Platz, der nach unten geschaffen wird. Das künftige Band befördert die Karossen auf Stelzen. Das sei ergonomisch besser, sagt Summa. Zudem fahren die Ford-Mitarbeiter auf dem Band entsprechend ihrer Produktionsstation mit und müssen nicht mehr selbst mitgehen, was Kräfte spart. Anfang nächsten Jahres soll die neue Fertigungslinie fertig sein.

Baustellen in der Lackiererei

Eine weitere Großbaustelle auf dem Gelände ist die Lackiererei. „Wir haben hier derzeit 45 einzelne Baustellen“, sagt Britta Dürscheid (31), Fertigungsingenieurin im Lack und Projektleiterin für verschiedene Baustellen. Dabei setzt Ford auf Robotik. Bislang war die Anlage stationär. Künftig kommen hier vierzehn softwaregesteuerte, intelligente Roboter der Firma Dürr aus Baden-Württemberg zum Einsatz. Vier Roboter reinigen die Karossen vor dem Lackieren mit Kunststoffbürsten und befreien sie von Staubpartikeln. Bislang machten dies Rollen mit Emu-Federn. Die neuen Roboter seien so exakt einstellbar, dass sie beim Reinigen nicht auf feine Abdichtungs-Nähte treffen, erklärt Dürscheid. Zehn weitere tragen die Farbe auf. „Sie lackieren genauer als die stationäre Anlage“, erklärt Dürscheid. „Es gibt also weniger Lacknebel, sprich wir reduzieren den Materialaufwand.“

Neue Anlagen sparen Energie

Dank der neuen Technologie kann Ford drei Trocknungsöfen stilllegen. Das spart Gas und reduziert so den CO₂-Ausstoß um fast 2000 Tonnen pro Jahr. Auch werden rund 900 Megawattstunden Strom weniger verbraucht. Hinzu kommen noch 1.700 Megawattstunden, die die Kölner Lackiererei durch eine neue Abluftanlage erreicht. Bis 2035 will das US-Unternehmen in Europa klimaneutral sein.

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Ford-Werkshalle

Auch der Bau von zwei neuen Produktionshallen geht seit Beginn im vergangenen Sommer voran. Im ersten Gebäude mit 25 Metern Höhe werden künftig die Rohkarossen des E-Modells vorbehandelt, bevor sie in die Lackiererei kommen.

In direkter Nähe entsteht auf 25.000 Quadratmeter die zweite neue Halle, in der Ford im Rohbau die Karosserieunterböden des vollelektrischen Crossovers fertigen wird. Die Hochbauarbeiten seien bei beiden Gebäuden fast abgeschlossen, heißt es von Ford. Nun sollen der Innenausbau sowie die Installation der Produktionsanlagen folgen. Gebaut werden die beiden Kölner E-Modelle auf der MEB-Plattform des Wolfsburger Volkswagen-Konzerns. Allerdings wird diese nicht ein-zu-eins übernommen, sondern wurde im Entwicklungszentrum in Köln-Merkenich den ford-eigenen Standards angepasst. 

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In den nächsten sechs Jahren bis 2029 will der US-Autobauer insgesamt 1,2 Millionen E-Autos in Köln bauen. Bis 2030 will Ford in Europa nur noch vollelektrische Pkw-Modelle verkaufen.

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